Rx-Boni

Bayern warnt vor der absoluten Rabattschlacht

Straubing - 04.06.2016, 17:20 Uhr

Angst vor dem EuGH: BAV-Chef Hans-Peter Hubmann sieht eine gefährliche Rabattschlacht auf die Apotheken zukommen, sollte der EuGH Rx-Boni für ausländische Versender erlauben. (Foto: ABDA)

Angst vor dem EuGH: BAV-Chef Hans-Peter Hubmann sieht eine gefährliche Rabattschlacht auf die Apotheken zukommen, sollte der EuGH Rx-Boni für ausländische Versender erlauben. (Foto: ABDA)


Sollte der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem Plädoyer des Generalanwalts folgen, könnt es in Deutschland einen noch nie da gewesenen Preis- und Rabattkampf auf dem Apothekenmarkt geben. Davor warnte Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes, auf dem Bayerischen Apothekertag in Straubing.

Der Generalanwalt hatte dem EuGH am Donnerstag empfohlen, ausländischen Versandapotheken Rx-Boni zu erlauben. Aus Sicht des Polen Maciej Szpunar ist es nicht mit dem Europarecht vereinbar, dass sich DocMorris und Co. an das deutsche Preisrecht halten müssen. Das Plädoyer des Generalanwaltes ist das allseits bestimmende Thema beim diesjährigen Apothekertag in Bayern. Selbst in Vorträgen zu anderen Themen wie dem Medikationsmanagement oder dem Innovationsfonds wird in den Sitzreihen nur über DocMorris, Rx-Boni und die Folgen eines möglichen EuGH-Urteils getuschelt.

Aus Sicht von Hans-Peter Hubmann sind die Sorgen der Apotheker berechtigt. Der Verhandlungsführer der bayerischen Pharmazeuten wollte die Lage in seiner Rede zur Gesundheitspolitik nicht verschönern: „Wenn der EuGH falsch entscheidet, droht uns eine Höchstpreisverordnung.“ Dann gebe es keine einheitlichen Preise und auch kein einheitliches Apothekenhonorar mehr. „Die Kassen könnten dann schlichtweg mit dem günstigen Anbieter im Apothekenmarkt Verträge abschließen“, sagte Hubmann.

Höchstpreisverordnung ist ein bekanntes Gespenst für die Apotheker

Schon vor etwa zehn Jahren hatte das Gespenst der Höchstpreisverordnung bei den Apothekern für viel Ärger gesorgt. Damals hatte der Gesetzgeber vor, die Arzneimittelpreisverordnung abzuschaffen und sie mit Höchstpreisvereinbarungen zu ersetzen. Es war geplant, dass Apotheker mit der Industrie Preise aushandeln und die eingesparten Rabatte an die Kassen weitergeben sollten. Besonders tückisch war auch ein weiterer Plan, nach dem die Apotheker den Kassen auf diese Weise mindestens 500 Millionen Euro pro Jahr einsparen sollten. Wär das nicht gelungen, hätten die Kassen den Kassenabschlag erhöhen dürfen.

Alles graue Theorie, denn diese Pläne sind nie Realität geworden. Hubmann dazu: „Auch aufgrund einer starken Landesregierung hier in Bayern konnten wir die Höchstpreisverordnung damals verhindern.“ Ein ähnliches Szenario drohe den Apothekern jetzt aber erneut. „Wenn der EuGH ausländischen Versandapotheken erlaubt, Rabatte zu gewähren, würden natürlich auch einige inländische Apotheken Boni anbieten“, erklärte Hubmann. Nicht jede Apotheke werde diesen Preis- und Rabattwettkampf überstehen. Auf die Frage, welche Hoffnungen er bezüglich des EuGH-Urteils noch habe, sagte Hubmann: „Leider folgt der EuGH in 70 Prozent der Fälle der Empfehlung des Generalanwaltes. Wenn der EuGh dieses Urteil spricht, wird es schwierig, überhaupt noch Rechtsmittel dagegen zu finden.“

Niemals von gefährdeter Arzneimittelversorgung sprechen

Mit Blick auf aktuelle Apothekenzahlen versicherte der BAV-Chef, dass die Arzneimittelversorgung derzeit nicht gefährdet sei. Auch in Bayern gebe es weniger Standorte als noch vor ein paar Jahren. Aber: „Es hat nur eine einzige Schließung in der Fläche gegeben. Alle anderen geschlossenen Apotheken waren in Konkurrenzlage“, sagte Hubmann. In Bayern schwanke die Apothekendichte in den einzelnen Landkreisen stark. So gebe es Orte mit 19 Apotheken pro 100.000 Einwohner, aber auch Landkreise mit 46 Anbietern pro 100.000 Einwohner. Der Bundesdurchschnitt liege bei 25.

Wichtig war dem BAV-Chef, seine Kollegen auf eventuelle Gespräche mit der Politik zu diesem Thema vorzubereiten: „Bitte sagen Sie niemals zu einem Politiker, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährdet sei. Denn dann wird der Politiker sich nicht für ein besseres Apothekenhonorar einsetzen, sondern nach alternativen Ideen wie Apothekenbussen oder Abgabeautomaten suchen.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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