Schlagabtausch AOK vs. VAD

Apotheker erfüllen Importquote um das Doppelte

Berlin - 07.06.2016, 11:45 Uhr

Gegen die Quote: Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, setzt sich für eine Abschaffung der Importquote in Apotheken ein. (Foto: AOK BW)

Gegen die Quote: Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, setzt sich für eine Abschaffung der Importquote in Apotheken ein. (Foto: AOK BW)


Die AOK Baden-Württemberg bleibt dabei: Die Importquote gehört abgeschafft. In einer Reaktion auf ein Statement des Verbandes der Arzneimittel-Importeure Deutschlands attackiert AOK-Chef Christopher Hermann die Importeure direkt.

In der vergangenen Woche hatten der Deutsche Apothekerverband und die AOK Baden-Württemberg in einer gemeinsamen Pressemitteilung die Streichung der Importförderquote gefordert. Sie sei „nicht mehr zeitgemäß“, bedeute einen enormen bürokratischen Aufwand und gefährde die Arzneimittelsicherheit für die Patienten. Außerdem könne sie in anderen Ländern Lieferengpässe für die heimische Bevölkerung verursachen, wenn von dort Arzneimittel nach Deutschland abfließen.

Der VAD meldete sich kurz darauf zu Wort und ärgerte sich über den Angriff dieser „überraschenden Liaison“. Der Verband wies DAV-Chef Fritz Becker darauf hin, dass es Hermann gewesen sei, der die Einführung der Rabattverträge mit zu verantworten habe. Die Rabattverträge hätten die Entscheidungsfreiheit der Apotheker begrenzt und für mehr bürokratischen Aufwand gesorgt. Das sei bei der im Rahmenvertrag zwischen Kassen und Apothekern festgelegten Importquote anders. Die Quote werde nämlich seit Jahren übererfüllt und habe sich bewährt, so der VAD.

AOK-Chef Hermann legt nach

In dem Schlagabtausch leistet Hermann nun den nächsten Beitrag. Der AOK-Chef meint: „Es darf keinen Protektionismus für einzelne Akteure geben, der auf Kosten des gesunden Wettbewerbs geht.“ Wenn es stimme, dass die Importquote seit Jahren übererfüllt ist, seien solche „planwirtschaftlichen Instrumente“ erst recht überflüssig. Aus den Zahlen der AOK Baden-Württemberg habe er die Erkenntnis gewonnen, dass die Apotheker die Quote sogar um das Doppelte erfüllten.

Dass sich die AOK so vehement für die Abschaffung der Importregelung stark macht, erscheint ungewöhnlich. Denn schließlich sparen die Kassen durch die günstigeren Exporte bares Geld. Hermann selbst weist nun aber darauf hin, dass die Quote die Kassen sogar Geld koste. „Es wäre interessant, von Seiten des VAD zu erfahren, wie hoch die mit manchen Reimporten verbundenen Mehrkosten eigentlich sind – schließlich gibt es immer wieder welche, die sogar teurer sind als das Original“, erklärt der AOK-Chef.

Schon mehrfach hatten die AOK Baden-Württemberg und später auch der AOK Bundesverband moniert, dass durch die Importquote eine einzelne Branche gezielt finanziell gefördert werde. Mit Blick auf die Arbeit des VAD legt Hermann nun nach: „Wenn sich ein Verband so intensiv mit ihm fremden Themen wie Apothekenabschlag oder Rabattverträgen beschäftigt, zeigt das, dass ihm für sein eigenes Geschäftsmodell die überzeugenden Argumente endgültig ausgegangen sind.“

Gesetzgeber verfolgt das Geschehen

Auch die Politik hat die Importförderung im Visier. Sie könnte mit dem für dieses Jahr noch geplanten Arzneimittel-Gesetz im Nachgang des Pharmadialogs für Nachjustierungen sorgen. Die Regierungsfraktionen von Union und SPD hatten kürzlich angekündigt, die 15/15-Importförderklausel ändern zu wollen: Die 15 Euro Abstand sollen fallen, lediglich der 15-prozentige Abstand bestehen bleiben. Die ABDA hat hingegen bereits in ihrer Stelllungnahme zum 4. AMG-Änderungsgesetz die komplette Streichung der Importförderung des § 129 Absatz 1 Nr. 1 SGB V gefordert – der Norm, die Grundlage für die im Rahmenvertrag geregelte Quote ist.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Importquote und Lieferschwierigkeiten in Österreich

von Wolfgang Fischill am 08.06.2016 um 15:37 Uhr

Wenn es Ihnen in Deutschland gelingt, die Importquote abzuschaffen, hat das noch einen weiteren günstigen Effekt.
Durch die verschiedenen Preis, verstärkt durch die Importförderungen gibt es in Österreich und wahrscheinlich auch in vielen anderen EU-Ländern regelmäßig Lieferschwierigkeiten, wenn Produkte im Kreis verkauft werden.
Das kann wohl nicht im Sinne des gemeinsamen Handelsraums sein, auch wenn die verschiedenen Preise selten nachvollziehbar erscheinen.

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Importquote

von Alexander Zeitler am 07.06.2016 um 19:29 Uhr

Darf das denn wahr sein? Diese Äusserungen von Dr. Hermann? Wir waren ihm nicht immer grün. aber dafüer müsste man ihm fast die Füsse küssen ;-)
Er scheint der letzte Vernünftige auf Kassenseite zu sein. Dass da ein paar Betroffene jetzt aufheulen ist klar. Aber das Heulen kann ignoriert werden, da die Vorteile auf Apothekenseite überwiegen. Endlich wäre dieser ganze Quatsch weg, Verfügbarkeiten abzurufen und zu dokumentieren.

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AW: Weg ist er noch lange nicht - dieser Quatsch

von Alexander Dehm am 08.06.2016 um 10:53 Uhr

Leider reden wir hier ja nur über die Quote. Damit werden die Importe ja noch nicht gänzlich verschwinden. Nach und nach werden die Importeure sicher die Segel streichen aber das Problem Import bleibt sicher noch lange: Wenn der Arzt einen Import aufschreibt (meistens wissen die das ja nicht mal) dürfen wir wieder den Quatsch durchziehen: Lieferbarkeit, Dokumentation, ggfs. Rezeptänderungen oder gar Retaxationen.....
Aber wenigstens EIN Schritt in die richtige Richtung....

AW: Herman und Co

von Heiko Barz am 08.06.2016 um 13:58 Uhr

Die Lobpreisung von "Dr. Hermann" greift zu hoch. Wenn ein Funktionär in seiner Position den Apothekern an die Seite springt und sich gleichzeitig auch noch mit unseren Funktionären bildlich einheitlich präsentiert, dann kann man sicher sein, dass das ausschließlich finanzielle Hintergründe hat. Andersherum würde er sofort und auch ohne jede Rücksicht weitere Belastungen uns Apothekern aufdrücken.
Diese Leute sehen nur ihren momentanen medialen Effekt.
Das Wort Gutmensch kommt in derer ( seiner ) Nomenklatur mit Sicherheit nicht vor.

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