BAH zu OTC in der Apotheke

Der Schweinsteiger der Arzneimitteltherapie

Holzkirchen / Stuttgart - 13.07.2016, 17:50 Uhr

Der Sechser hat eine Schlüsselposition im Spiel, vergleichbar mit der Apotheke bei der Selbstmedikation. (Foto: sampics / dpa).

Der Sechser hat eine Schlüsselposition im Spiel, vergleichbar mit der Apotheke bei der Selbstmedikation. (Foto: sampics / dpa).


Die Bedeutung der Selbstmedikation und damit auch die Bedeutung der Apotheke als Lotse im Gesundheitswesen werden in den nächsten Jahren weiter zunehmen. OTC-Switches spielen dabei eine wichtige Rolle für den Erhalt der Apothekenpflicht. So lautete das Fazit  der zweiten BAH-Regionalkonferenz, die am gestrigen Dienstag in Holzkirchen stattfand.

Bei der Selbstmedikation befindet sich die Apotheke im Zentrum der Therapie. Ihre Rolle sei vergleichbar mit dem „modernen Sechser“ im Fußball, die Position, die beispielsweise Bastian Schweinsteiger spielt. Sie fängt ab, verteilt und gibt dem Spiel Struktur. So beschrieb Lutz Boden, Abteilungsleiter des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) für den Bereich OTC, die Funktion, die Apotheken in diesem Bereich einnehmen, in seinem Impulsreferat zum Einstieg in die zweite Regionalkonferenz, die der BAH am 12. Juli in Kooperation mit Hexal veranstaltete.

Die Apotheke habe eine Lotsen- oder Gatekeeperfunktion im Gesundheitswesen. Diese Rolle könnte sie in Zukunft noch verstärkt einnehmen, denn die Bedeutung der Selbstmedikation werde zunehmen und dazu beitragen, dass das Gesundheitssystem finanzierbar bleibe. Bereits heute leistet die Selbstmedikation einen großen volkswirtschaftlichen Beitrag. Ein investierter Euro in die Selbstmedikation spare dem System fast 18 Euro, sagte Boden. Mehr als jede zweite in den Apotheken abgegebene Packung sei schon jetzt ein rezeptfreies Arzneimittel. Und der Umsatz mit rezeptfreien Arzneimitteln aus Apotheken ist im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 6,7 Prozent auf etwa 6 Milliarden Euro gestiegen.

Patienten sind zunehmend gut informiert

Die weiteren Teilnehmer der anschließenden Diskussionsrunde mit Stefan Walk, Geschäftsbereichsleiter OTC bei Hexal, und Hans-Joachim Niermann, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes, hoben die Bedeutung der fachlichen Beratung in der Apotheke ebenfalls hervor. Auch vor dem Hintergrund, dass sich mittlerweile die Hälfte aller Patienten, bei 30 bis 39-jährigen sogar über 70 Prozent, im Internet informiert. So stünden den Akteuren im Gesundheitswesen zunehmend umfangreich informierte Patienten gegenüber, die aber ihrerseits Orientierung und eine Gewährleistungsinstanz suchen. Den wachsenden Einfluss moderner Informations- und Kommunikationstechnologie identifizierten alle Teilnehmer der Runde als besondere Herausforderung. 

Foto: BAH
Von links nach rechts: Lutz Boden (BAH), Jörg Wieczorek (Vorstandsvorsitzender des BAH), Dr. Hermann Kortland (Stv. Hauptgeschäftsführer des BAH), Hans-Joachim Niermann, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes e.V, Wolfgang Späth (Vorstand Hexal AG) und Stefan Walk (Geschäftsbereichsleiter OTC bei Hexal) 

OTC-Switches sichern die Apothekenpflicht

Eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der Selbstmedikation wurde den Switches, also der Entlassung von Rx-Arzneimitteln aus der Verschreibungspflicht, beigemessen. Davon erhofft man sich neue Impulse für die Selbstmedikation. Sie stellten das „frische Blut“ im Bereich der Selbstmedikation dar, sagte der Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH Dr. Elmar Kroth. Zudem erhöhten sie die Wertigkeit des apothekerlichen Tuns, da neue Präparate mehr Beratung erforderten. So leisteten sie einen bedeutenden Beitrag für den Erhalt der Apothekenpflicht – eines der Anliegen des BAH, wie der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Dr. Hermann Kortland, der die Diskussion moderierte, mehrfach betonte. 

Insgesamt waren sich alle Teilnehmer der Runde einig, dass neben den Apothekern auch die anderen Akteure im Gesundheitswesen von der wachsenden Selbstmedikation profitierten. Das Einsparpotenzial beschränkt sich aber nicht auf die Ausgaben der Kassen. So sparten Ärzte Zeit, die sie für Patienten aufbringen, die keiner ärztlichen Behandlung bedürfen, und Patienten die Zeit für einen Arztbesuch, der dann ohnehin in der Apotheke mündet. Das Grüne Rezept wurde als ein sehr effektives Instrument zur Stärkung der Beziehung zwischen Arzt, Patient und Apotheke bewertet. Darüber hinaus werde die Eigenverantwortung der Patienten durch die Selbstmedikation gestärkt.

Der Einladung nach Holzkirchen zur zweiten Regionalkonferenz waren Vertreter aus der Pharma- und Apothekenbranche sowie verschiedene andere Institutionen des Gesundheitswesens gefolgt. Die nächste Regionalkonferenz wird im Herbst in Baden-Württemberg stattfinden. Thema werden dann die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen sein.


jb / DAZ.online
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