Erbschaftsteuerreform

Bundesverfassungsgericht macht Druck

Berlin - 15.07.2016, 09:10 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht sieht es nicht gern, dass der Gesetzgeber die Frist zur Änderung der Erbschaftsteuer verstreichen ließ. (Foto: dpa)

Das Bundesverfassungsgericht sieht es nicht gern, dass der Gesetzgeber die Frist zur Änderung der Erbschaftsteuer verstreichen ließ. (Foto: dpa)


Wer eine Apotheke erbt, muss sich mit dem Erbschaftsteuer‑ und Schenkungsteuergesetz auseinandersetzen. Doch das Bundesverfassungsgericht befand im Dezember 2014: Teile dieses Gesetzes sind verfassungswidrig. Bis Ende Juni 2016 sollte der Gesetzgeber nachbessern. Nun ist er im Verzug – und Karlsruhe greift zu ungewöhnlichen Mitteln.

Im Dezember 2014 hat das Bundesverfassungsgericht Teile des Erbschaftsteuer‑ und Schenkungsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz sieht Privilegien für Erben von Betrieben vor. Sie können weitgehend von der Erbschaftssteuer verschont werden. Das gilt auch für Apotheken.

Soweit es um kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, hat das Bundesverfassungsgericht auch kein Problem damit. Es geht schließlich um die Sicherung des Betriebs und der Arbeitsplätze Die Privilegierung betrieblichen Vermögens sei jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls für unverhältnismäßig erklärte das Gericht die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 Prozent. Dem Gesetzgeber gab das Bundesverfassungsgericht auf, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen.

Bundesrat ruft Vermittlungsausschuss an

Lange tat sich die Große Koalition schwer, sich auf Änderungen zu einigen. Vor allem aus der CSU kam Widerstand. Kürzlich verkündete sie jedoch einen Erfolg – eine Einigung war gefunden. Nun sollte alles ganz schnell gehen, das Gesetz rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf wurde nochmals geändert – doch dann blieb er vergangene Woche im Bundesrat hängen. Es handelt sich nämlich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz. Und in der letzten Sitzung vor der Sommerpause rief der Bundesrat nun den Vermittlungsausschuss an. Die rot-grün regierten Bundesländer machten der Großen Koalition in Berlin damit einen Strich durch die Rechnung. Jetzt muss erst einmal mit den Ländern ein Kompromiss gefunden werden.

Kirchhof schreibt an Regierung, Bundesrat und Bundestag

Derweil macht Karlsruhe allerdings Druck. Nach Ablauf der gesetzten Frist zur Neuregelung soll das eigentlich abgeschlossene Normenkontrollverfahren erneut auf die Tagesordnung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts. Zwar gelten die für verfassungswidrig erklärten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes erst einmal fort. Doch der Vorsitzende des Ersten Senats, Professor Dr. Ferdinand Kirchhof, hat jetzt die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat angeschrieben. In seinem Brief teilt er mit, dass sich sein Senat nach der Sommerpause Ende September „mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren um das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz befassen wird“. Das heißt: Er würde eine verfassungsgemäßer Regelung selbst in die Hände nehmen. Man darf also gespannt sein, ob Bund und Länder vorher zu einer Einigung kommen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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