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- Per App auf Patientenfang
Mehrere Unternehmensberatungen kritisieren, die pharmazeutische Industrie hätte Trends zur Digitalisierung einfach verschlafen. Als erster Konzern präsentiert GSK jetzt eine App auf Basis des ResearchKits von Apple. Ziel ist, Studienteilnehmer einfacher zu rekrutieren.
Wenig überraschende Zahlen vom Branchenverband Bitkom: Unternehmen bewerten die Digitalisierung als große Zukunftsstrategie. Befragt wurden 556 Firmen aus unterschiedlichen Branchen. Im Pharmabereich stufen 40 Prozent aller Manager ihre eigene Position bei der Digitalisierung als führend ein, 55 Prozent sehen sich als Nachzügler, und fünf Prozent müssen sich eingestehen, den Anschluss verpasst zu haben. Nach Zehn-Jahres-Trends gefragt, sprachen neun Prozent von einer „weltweit führenden“ Position und 43 Prozent von einem Platz in der Spitzengruppe. Dem gegenüber sehen sich 39 Prozent eher im Mittelfeld und zehn Prozent sogar als „unterdurchschnittlich“. „Die Unternehmen müssen bei der Digitalisierung ihres Geschäfts Tempo aufnehmen“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder anlässlich der „hub conference“ in Berlin.
Eine mögliche Erklärung dieses Phänomens liefert die Unternehmensberatung „Bain and Company“. Strategen zufolge fehle es an klaren Digitalstrategien. Das zeige sich beispielsweise an zahlreichen Online-Projekten ohne nennenswerte Vernetzung. Accenture Consulting fand heraus, dass der Markt in Bewegung ist und sich pharmazeutische Konzerne immer stärker auf Patienten fokussieren. Für Adherence-Programme entwickeln sie beispielsweise Apps, um an die Einnahme von Medikamenten zu erinnern oder um komplexe technologische Systeme zu erklären. Auch die Forschung profitiert von neuen Technologien, wie ein Blick auf Apples Research Kit zeigt.
Real World Data per Smartphone
Etliche Hochschulen setzen schon heute Apps auf Basis dieser technischen Plattform für Studien ein. Ihnen ist es in erstaunlich kurzer Zeit gelungen, Teilnehmer zu finden – auch bei seltenen Erkrankungen. Jetzt plant GlaxoSmithKline als erster Hersteller, Möglichkeiten auszuloten. Für ihre Studie „Patient Rheumatoid Arthritis Data from the Real World“ (PARADE) sollen 300 Patienten mit rheumatoider Arthritis rekrutiert werden. Die eigens entwickelte GSK-App erfasst verschiedene Bewegungsdaten. Moderne Smartphones haben entsprechende Sensoren serienmäßig eingebaut. Gleichzeitig geben Teilnehmer körperliche Beschwerden und ihre Stimmung ein.
„Unser Ziel ist es, mit Patienten auf eine neue Art und Weise in Kontakt zu treten, um das tägliche Leben zu erforschen“, sagt Rob DiCicco, Vice President, Clinical Innovation bei GlaxoSmithKline. Er will die Datenerhebung so „einfach und zugänglich wie möglich“ gestalten und vermeiden, dass Patienten in Arztpraxen erscheinen müssen. Wir haben bei GSK Deutschland nachgefragt. „Es sieht im Moment nach einer auf die USA begrenzte Aktivität aus, die sicher Potenzial hat, im Erfolgsfall ausgeweitet zu werden“, erklärt eine Sprecherin gegenüber DAZ.online. „Aber im Moment scheint es regional begrenzt und in Deutschland wird es zurzeit noch nicht eingesetzt.“ GSK hat damit einen Testballon gestartet, um kostengünstigere Verfahren für klinische Studien zu erproben. Momentan geht es nicht um die Entwicklung eines bestimmten Medikaments.
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