Nutzenbewertung

Nivolumab kann beim IQWiG punkten

Stuttgart - 02.08.2016, 10:00 Uhr


Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat weitere Nutzenbewertungen veröffentlicht. Für den Checkpoint-Inhibitor Nivolumab sah man gleich in zwei Indikationen einen Zusatznutzen.

Für den Checkpoint-Inhibitor Nivolumab (Opdivo®) stellte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gleich zweimal einen Zusatznutzen fest. Beim fortgeschrittenen Lungenkarzinom fiel dieser im Vergleich zu Docetaxel sogar erheblich aus. 

Nivolumab ist seit April 2016 bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) mit nicht plattenepithelialer Histologie zugelassen, wenn Patienten bereits eine Chemotherapie durchlaufen haben. Nivolumab überzeugte beim Gesamtüberleben und bei den Nebenwirkungen. So wurde eine Zulassungsstudie nach einer Interimsanalyse vorzeitig beendet, und alle Patienten im Docetaxel-Arm konnten sich auf Wunsch mit Nivolumab weiterbehandeln lassen. Der Grund: Der Checkpoint-Inhibitor schnitt beim Gesamtüberleben deutlich besser ab, allerdings nur bei Patienten mit positivem PD-L1-Status. 

PD-L1

PD-L1 steht für Programmed cell death ligand 1. PD-1L unterdrückt durch Bindung an den korrespondierenden Rezeptor (PD-1) die T-Zell-Aktivierung und verhindert so eine Immunantwort gegen den Tumor. die Interaktion von PD-L1 und PD-1 erhöht die Malignität von Tumoren.

Keinen Daten zum Vergleich mit Best supportive Care 

Außerdem zeigte Nivolumab im Vergleich zu Docetaxel und ähnlichen Wirkstoffen ein günstigeres Nebenwirkungsprofil. So war der neue Wirkstoff in mehreren Endpunkten wie schwere und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse, Alopezie, Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems überlegen.

Der Zusatznutzen beschränkt sich jedoch auf Patienten, bei denen eine Therapie mit Docetaxel oder ähnlichen Wirkstoffen angezeigt ist. Gegenüber Best supportive Care ist der Zusatznutzen nicht belegt. Der Hersteller hat hierzu keine Daten vorgelegt. 

Zusatznutzen auch beim Nierenzellkarzinom

Eine weitere Indikation, bei der Nivolumab zugelassen ist, ist das fortgeschrittene Nierenzellkarzinom. Hier sah das IQWiG für Patienten mit ungünstiger Prognose Hinweise auf einen erheblichen Zusatznutzen, mit günstiger oder intermediärer Prognose ist der Zusatznutzen immerhin noch beträchtlich. Auch hier wurde eine Zulassungsstudie wegen der Überlegenheit von Nivolumab beim Gesamtüberleben vorzeitig beendet. Eingeschlossen waren Erwachsene mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom, die eine oder zwei antiangiogenetische Vortherapien oder bis zu drei systemische Therapien hinter sich hatten. Vergleichstherapie war hier Everolimus.

Außerdem zeigten sich Vorteile bei der Morbidität und beim Gesamtüberleben. Für Patienten hingegen, die bereits mit Temsirolimus vorbehandelt wurden, ist ein Zusatznutzen von Nivolumab nicht belegt. In dieser Gruppe sollte Nivolumab mit Sunitinib verglichen werden. Zu dieser Fragestellung legte der Hersteller jedoch keine Daten vor. 

Nivolumab

Nivolumab ist ein Antikörper gegen den Programmed Death Receptor-1 (PD-1), der unter anderem auf der Oberfläche von T-Zellen exprimiert wird und die T-Zell-Aktivität herunterreguliert. Der humane monoklonale Antikörper blockiert die Bindung des Rezeptors an seine natürlichen Liganden PD-L1 und PD-L2, die von verschiedenen Tumoren exprimiert werden. Nivolumab reaktiviert so die körpereigene Immunantwort gegen den Tumor.

Nivolumab zählt zur Gruppe der Immun-Checkpoint-Inhibitoren und ist als Monotherapie des fortgeschrittenen Melanoms sowie zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms mit plattenepithelialer Histologie nach vorheriger Chemotherapie zugelassen. Im Gegensatz zu klassischen Chemotherapeutika ist die Substanz selbst nicht zytotoxisch.
Handelsname: Opdivo®

Abbildung: Wirkmechanismus der Checkpoint-Inhibitoren T-Zellen interagieren mit verschiedenen Zellen über Oberflächenproteine (Rezeptoren). Sie empfangen aktivierende Signale durch die Bindung des T-Zellrezeptors (TCR) an MHC-I oder MHC-II sowie durch die Bindung von CD28 an CD80. Inhibierende Signale geben hingegen die Bindungen von PD-1 an PD-L1 sowie von CTLA-4 an CD80. Die Checkpoint-Inhibitoren Ipilimumab, Nivolumab oder Pembrolizumab löschen jeweils eins der beiden inhibierenden Signale, sodass die Aktivierung der T-Zellen überwiegt.[nach Zündorf I. und Dingermann T. Antikörper-Offensive gegen Krebs. DAZ 2015;27:46-50.]

Über das endgültige Ausmaß des Zusatznutzens entscheidet der G-BA. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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