Schlechte Stimmung bei den Pharma-Unternehmen

Umsetzung des Pharmadialogs kommt nicht gut an  

Frankfurt am Main - 14.09.2016, 16:45 Uhr

Vertreter der Pharmaindustrie nutzen das Podium, um ihre Kritik am Pharmadialog loszuwerden - und ihre Enttäuschung. (Foto: 






Jürgen Lecher / Convent) 

Vertreter der Pharmaindustrie nutzen das Podium, um ihre Kritik am Pharmadialog loszuwerden - und ihre Enttäuschung. (Foto: Jürgen Lecher / Convent) 


So euphorisch viele Arzneimittelhersteller nach dem Pharmadialog waren, so enttäuscht sind sie vom jetzt vorliegenden Referentenentwurf für das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (AM-VSG). Das wurde auf der Jahrestagung des „House of Pharma“ am gestrigen Dienstag mehr als deutlich.

Man sei mit großer Zuversicht in den Pharma-Dialog gestartet, sagte Dr. Hagen Pfundner am Montag in Frankfurt. „Aber was wir verabredet haben, das findet sich jetzt nicht im Referentenentwurf“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen vfa. Mit seiner Enttäuschung über den Gesetzentwurf ist er nicht allein. „Ich sehe keine Kongruenz zwischen den besprochenen Worten und den Taten des Entwurfs“, sagte Dr. Patrick Horber, Geschäftsführer von AbbVie Deutschland, bei einer Podiumsdiskussion auf der 5. Jahrestagung des House of Pharma der Uni Frankfurt.

Insbesondere beklagten die Industrievertreter, dass die angestrebte Innovationsförderung mit den vorgesehenen Instrumenten nicht erreicht werden könne. Dabei reichte die Kritik von der geplanten Umsatzschwelle, bis zu der neue Arzneimittel zukünftig im ersten Jahr mit einem frei festgesetzten Preis vertrieben werden dürfen, bis hin zur Umsetzung der Strahlenschutzverordnung, die die Durchführung von klinischen Studien in Deutschland stark behindere. „Wenn ich mir den Entwurf anschaue, sehe ich mehr neue Innovationshürden als Förderungsinstrumente“, sagte AbbVie-Chef Horbach. Die Umsatzschwelle beispielsweise würde „doch gerade die besonders innovativen Arzneimittel, die besonders viel eingesetzt werden“ treffen – und das sei innovationsfeindlich.

Pfundner: IQWiG hat technokratischen Blick

Einen etwas anderen Blick auf den nun vorliegenden Entwurf hat naturgemäß Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Er könne die Kritik zwar nachvollziehen – allerdings nur, wenn man sich auf einzelne Fragen fokussiere. Beim Blick auf das große Ganze verstehe er die Enttäuschung nicht. Außerdem müssten viele Aspekte in anderen Gesetzen als dem geplanten Pharma-Gesetz geregelt werden, beispielsweise Fragen der Ausbildung oder die Förderung von Firmengründungen.

Wirklich strittig sind für Stroppe die Fragen der Honorierung von Innovation, also die Themen Vertraulichkeit des Erstattungsbetrags und Umsatzschwelle im ersten Jahr nach Markteinführung. Es sei „doch vollkommen klar“, dass es bei diesem Thema noch Diskussionsbedarf gebe, sagte Stroppe. Das habe er auch nicht anders erwartet. Es sei aber auch so, dass die Umsatzschwelle nur einen Teil der neu eingeführten Präparate betreffe. Die Politik müsse eben immer die Bezahlbarkeit des Systems im Blick behalten.

Beim Thema Nutzenbewertung – Pfundner hatte unter anderem dem IQWiG einen „technokratischen Blick“ auf den Zusatznutzen vorgeworfen – signalisierte Stroppe Gesprächsbereitschaft. Die Frage sei, wie man ein System etablieren könne, das es erlaubt, den Nutzen zu bewerten, ohne Innovationen abzuwürgen. Genau für diese Fragen gebe es den Pharma-Dialog.

Eine konkrete Zusage konnte Stroppe den forschenden Pharma-Unternehmen machen. Wenn das Umweltministerium dem Bundesamt für Strahlenschutz nicht bis zum 16. September kürzere Bearbeitungsfristen vorschreibe, werde das BMG dies im AM-VSG tun. Nach dem bereits seit Monaten vorliegenden Text würden zukünftig nicht fristgerecht bearbeitete Anträge automatisch als genehmigt gelten, so Stroppe. Das Problem heute sei, hatte Pfundner zuvor erklärt, dass diese Anträge teilweise über ein Jahr lang nicht bearbeitet würden. Notwendig sind diese Anträge beim Bundesamt für Strahlenschutz, wenn in einer Studie ein bildgebendes Verfahren eingesetzt werden soll. AbbVie-Chef Horber ergänzte, dass dies ein wesentlicher Punkt sei, warum seine Firma keine Phase-1- und Phase-2-Studien mehr in Deutschland durchführe. 


wes / DAZ.online
redaktion@daz.online


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