Ärztepräsident

Montgomery kritisiert Fernbehandlung und TTIP

Düsseldorf - 04.10.2016, 09:00 Uhr

Deutliche Worte: Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery lässt an Fernbehandlungen und dem Freihandelsabkommen TTIP kein gutes Haar. (Foto: dpa)

Deutliche Worte: Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery lässt an Fernbehandlungen und dem Freihandelsabkommen TTIP kein gutes Haar. (Foto: dpa)


Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, positioniert sich im Interview mit der „Rheinischen Post“ klar gegen die Fernbehandlung von Ärzten – und TTIP. Ersteres gefährde die Qualität der Diagnosen, das Freihandelsabkommen die Gesundheitsversorgung.

Fernbehandlungen und Fernverschreibungen gelten zunehmend als Universalrezept gegen Versorgungslücken insbesondere in ländlichen Gebieten. Doch auf die Frage, ob Ärzte ihre Patienten bald ohne persönlichen Kontakt behandeln, antwortete der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, mit einem klaren „Nein“. „Unser Berufsrecht sieht vor, dass ein Arzt einen Patienten mindestens einmal persönlich gesehen haben muss, um ihn per Telemedizin zu behandeln“, sagte Montgomery der „Rheinischen Post“. „Ohne einen Patienten gesehen zu haben, besteht die Gefahr von falschen Diagnosen.“

Erhebliche Probleme für die Qualität der gesamten Gesundheitsversorgung sieht der Ärztepräsident durch das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP kommen. Wenn es wie geplant einen Investitionsschutz für Anleger beinhaltet, sieht er die stationäre Versorgung in Gefahr. „Nach dem deutschen Krankenhausfinanzierungsgesetz können auch ausländische Investoren in deutsche Krankenhäuser investieren“, erklärt Montgomery. „Wenn sie dies zunehmend tun und ihre medizinische Versorgung auf Profit ausrichten, müssten wir unsere Krankenhausgesetzgebung eigentlich ändern, um dies zu unterbinden.“

Versorgungsqualität droht zu sinken

Nach TTIP könnten Investoren mithilfe internationaler Gerichte eine Gesetzesänderung verhindern oder für sich den Investorenschutz in Anspruch nehmen, befürchtet der Ärztepräsident. „Solche Dinge müssen für den Gesundheitssektor ausgeschlossen werden“, sagte er. „Ansonsten droht bei uns die Versorgungsqualität zu sinken.“

Überzeugende Vorteile des Freihandelsabkommens zwischen der USA und Europa sieht er offenbar nicht. Auch höhere Standards des Schutzes von Verbrauchern überzeugen ihn nicht – wie beispielsweise beim Antibiotikakonsum, der in den USA geringer ist. „Wir brauchen kein TTIP, um unseren Umgang mit Antibiotika zu verbessern“, erklärte Montgomery der Zeitung.


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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