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Kommentar zur Pille danach
Apotheker müssen nicht alles fragen
Leserinnen des Schweizer Boulevardmagazins „20 Minuten“
berichten, sie seien in der Apotheke beim Kauf der Pille danach „gedemütigt“
worden. Sie seien auch über Sexpraktiken ausgefragt worden. Das muss für die Beratung nicht sein. Allerdings sind ein paar der Kritikpunkte zumindest bedenkenswert, findet DAZ.online-Redakteurin Julia Borsch.
„Frauen, die in der Apotheke die 'Pille danach' kaufen gehen, werden erniedrigt, zurechtgewiesen und beleidigt.“ Das war am Montag in dem kostenlosen Schweizer Boulevardmagazin „20 Minuten“ zu lesen. Auf einen entsprechenden Aufruf hätten sich innerhalb kürzester Zeit über 40 Leserinnen gemeldet und erzählt, was sie in Schweizer Apotheken beim Kauf der „Pille danach“ erlebt haben wollen. Es soll nach intimen, für die Beratung irrelevanten Details („Analsex“) gefragt worden sein und „ob es auch wild zu- und hergegangen sei“. Einer anderen Kundin wurde angeblich knallhart mitgeteilt, ein weiteres Kind sei doch auch nett. Als damals 16-Jährige sei sie von der Apothekerin regelrecht „zusammengeschissen“ worden, erzählt eine weitere Leserin. Sie solle verhüten, und wenn sie nicht wisse, wie das gehe, dann solle sie keinen Geschlechtsverkehr haben, lautete die Ansage. Mehrmals soll auch die Abgabe verweigert worden sein. Einmal aus religiösen Gründen, aber auch weil zum fraglichen Zeitpunkt aufgrund des Zyklus gar keine „Pille danach“ benötigt werde.
Es gibt gute Gründe, warum man diese Aussagen kritisch bewerten sollte: „20 Minuten“ ist ein kostenloses Boulevardmagazin. Je nachdem, wie der Aufruf formuliert war, ist es fraglich, ob das dort gezeichnete Bild wirklich repräsentativ ist. Natürlich kann es sein, dass es sich bei den vorgestellten Fällen um die absoluten
Härtefälle handelt, zu überprüfen ist das nicht.
Manches ist zumindest bedenkenswert
Aber ein paar der Kritikpunkte sind es doch wert, zumindest darüber nachzudenken:
Bestimmte Informationen sind für eine gute Beratung unerlässlich. Wenn der Patient nicht von sich aus alle Details erzählt, bleibt einem nichts anderes übrig, als danach zu fragen. Das mag bei Kopfschmerzen für alle Beteiligten einfacher sein als bei einem Vaginalpilz oder eben der „Pille danach“ – aber es muss halt sein. Wenn man sich bei der „Notfallkontrazeption“ unsicher sein sollte, wie weit man ins Detail gehen muss, hilft die Handlungsempfehlung der Bundesapothekerkammer. So ist es beispielsweise für die Beratung wichtig, ob die „Pille danach“ wegen eines geplatzten Kondoms oder wegen einer vergessenen Pilleneinnahme benötigt wird.
Ein weiterer Punkt, der kritisiert wurde, war der Mangel an Diskretion. Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Nur so viel: Unterschiedliche Menschen haben ein unterschiedliches Bedürfnis nach Diskretion. Darauf muss man Rücksicht nehmen. Jede Apotheke hat die Möglichkeiten, dies zu tun. Das gilt für die „Pille danach“ genauso wie für jedes andere Arzneimittel.
Keine Rechenspiele
Und zuletzt: Keine Zyklusrechenspielchen in der Apotheke! Es kann immer Unregelmäßigkeiten im Zyklus geben. Das Risiko, nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr schwanger zu werden, kann man in der Apotheke nicht mit 100-prozentiger Sicherheit ausschließen. Wenn keine anderen Gründe dagegen sprechen (zum Beispiel die Verhütungspanne liegt länger als 120 Stunden zurück), ist immer die Pille danach abzugeben. Laut der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC gibt es übrigens keine Grunderkrankung und keinen Zustand, bei dem das Risiko der „Pille danach“ größer ist als der Nutzen.
Am Schluss des 20-Minuten Artikels heißt es dann übrigens, andere Leserinnen hätten auch positive Erfahrungen gemacht. Man sei in der Apotheke „sachlich und korrekt“ gewesen und habe einfach die auf dem Fragebogen vorgegebenen Fragen gestellt. So wie es vermutlich in den Apotheken in der Schweiz und in Deutschland in den allermeisten Fällen abläuft – nur dass da kein Boulevardmagazin Schlagzeilen draus macht.
1 Kommentar
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von Bernd Jas am 05.10.2016 um 17:56 Uhr
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