FDA Warnung tödliche Leberschäden

Black Box für Sovaldi & Co.

07.10.2016, 13:30 Uhr

Heilen nicht nur: Die neuen Direct Acting Antivirals bei Hepatitis C können Hepatitis B reaktivieren und so auch wieder die Leber schädigen. (Foto: bluebay2014 / Fotolia)

Heilen nicht nur: Die neuen Direct Acting Antivirals bei Hepatitis C können Hepatitis B reaktivieren und so auch wieder die Leber schädigen. (Foto: bluebay2014 / Fotolia)


Die FDA hat ein Box-Warning für die neuen Hepatitis-C-Arzneimittel verfügt. Der Grund: Die hocheffektiven, direkt antiviralen Arzneimittel reaktivierten bei manchen Patienten latente Hepatitis-B-Infektionen – mit teils tödlichem Ausgang.

Eine Hepatitis-C-Behandlung mit den innovativen Antiviralia kann bei Patienten, die parallel mit dem Hepatits-B-Virus infiziert sind, letzteren reaktivieren. Zwischen November 2013 und Juli 2016 verzeichnete die amerikanische Zulassungsbehörde FDA 24 Fälle einer wiederaufgetretenen Hepatitis-B-Infektion unter einer Hepatitis-C-Therapie mit Direct Acting Antivirals (DAA). Zwei Patienten verstarben infolge der Hepatitis-B-Reaktivierung, ein Patient benötigte eine Lebertransplantation. Symptome zeigten sich in der Regel vier bis acht Wochen nach Therapiebeginn. Die FDA reagiert darauf nun mit verschärften Warnhinweisen.

Black Box warnt bei Hepatitis B

Künftig werden die Packungen und Gebrauchsanweisungen der Hepatitis-C-Arzneimittel Boxen mit Warnhinweisen zur Gefahr einer Hepatitis-B-Reaktivierung tragen. Außerdem empfiehlt die FDA behandelnden Ärzten, ihre Patienten vor oder während der Hepatitis-C-Behandlung auf Hepatitis B zu testen und gegebenenfalls zu monitoren. Auch Patienten ruft die Food and Drug Administration dazu auf, sensibel für Zeichen einer Leberschädigung wie gelbliche Haut und Augen, Schwäche, Übelkeit und hell gefärbten Stuhl zu sein. 

Welche Hepatitis-C-Arzneimittel betrifft es?

DaklinzaDaclatasvirBMS
EpclusaSofosbuvir, VelpatasvirGilead Sciences
HarvoniLedipasvir, SofosbuvirGilead Sciences
OlysioSimeprevirJanssen
SovaldiSofosbuvirGilead Sciences
TechnivieOmbitasvir, Paritaprevir, RitonavirAbbvie
Viekira PakDasabuvir, Ombitasvir, Paritaprevir, RitonavirAbbvie
Viekira Pak XRDasabuvir, Ombitasvir, Paritaprevir, RitonavirAbbvie
ZepatierElbasvir, GrazoprevirMSD


EMA prüft Solvaldi & Co. ebenfalls

Auch der EMA, dem europäischen Pendant zur FDA, ist das Problem des Wiederauftretens von Hepatitis-B-Infektionen bekannt: Die Europäische Arzneimittelagentur hatte bereits im März 2016 auf entsprechende Hinweise hierzu reagiert und den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) beauftragt, ein Review-Verfahren zu den Direct Acting Antivirals einzuleiten. Aufgabe des PRAC ist, die Arzneimittelsicherheit von Humanarzneimitteln zu überwachen und zu bewerten. 

Im Verdacht: Reaktivierung von Hepatitis B und Leberkrebs

Primärer Anlass waren auch in Europa Meldungen über Hepatitis-B-Infektionen, die unter der Therapie mit den neuen DAA wieder zum Ausbruch kamen. Allerdings erweiterte die EMA ihre Überprüfung bereits einen Monat später: Eine Studie im Journal of Hepatology lieferte Hinweise, dass es unter Therapie mit Sofosbuvir und anderen DAA auch vermehrt zu einer Reaktivierung von Leberzellkarzinomen komme. 

Das Review-Verfahren bei der EMA zu Hepatitis B und Leberzellkrebs unter DAA betrifft die Arzneimittel Daklinza®, Exviera®, Harvoni®, Olysio®, Solvaldi® und Viekirax®. Es dauert derzeit noch an.

Selektivität: Ein Nachteil der neuen Hepatitis-C-Pillen?

Die neuen antiviralen Arzneimittel wirken effektiv und hochselektiv bei Hepatitis C. Sie sind in der Lage, Patienten dauerhaft zu heilen und können  – im Gegensatz zu früheren Therapieregimen – auch ohne Interferon eingesetzt werden. Bis zur Markteinführung von Sofosbuvir und den anderen Wirkstoffen war Interferon ein wichtiges Standbein und Standard bei der Behandlung der chronischen Hepatits-C-Infektion. Interferon wirkt auch gegen das Hepatitis-B-Virus. Bei Patienten die Träger beider Viren sind, hat Interferon möglicherweise gleichzeitig auch die Hepatitis-B-Viren in Zaum gehalten. Bewiesen ist diese Hypothese bislang nicht.

Die neuen DAA wirken im Gegensatz zu Interferon selektiv auf Strukturen des Hepatitis-C-Virus. Strukturen des Hepatitis-B-Virus sind nicht die Targets dieser Arzneimittel.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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