Nach dem Brexit

Österreich wirbt um den Sitz der EMA

Berlin - 14.10.2016, 08:15 Uhr

Auch Wien wird als möglicher neuer EMA-Standort ins Spiel gebracht. (Foto:  Ingo Bartussek / Fotolia)

Auch Wien wird als möglicher neuer EMA-Standort ins Spiel gebracht. (Foto: Ingo Bartussek / Fotolia)


Wohin wird die Europäische Arzneimittelagentur EMA umziehen, wenn die Briten die EU verlassen? Neben Schweden und Italien buhlen auch mehrere deutsche Städte um den Behördensitz. Auf Vorschlag des Verbandes der österreichischen Pharmaindustrie kommt nun Wien ins Spiel – doch es könnte auch ganz anders kommen.

Wenn Großbritannien nach dem Brexit-Votum der Wählermehrheit tatsächlich die Europäische Union verlässt, müssen die Mitarbeiter der Europäischen Arzneimittelagentur EMA sich mit dem Gedanken eines Umzugs anfreunden. In den letzten Monaten ist eine Debatte entbrannt, wohin die Behörde mit ihren rund 900 Mitarbeitern ziehen soll: Schnell haben sich Italien und Schweden positioniert, und auch aus Deutschland gab es deutliche Stimmen. So sprach sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für das Rheinland aus, während die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml München in den Ring warf – während parallel ihr eigenes Ministerium sich auf einen Umzug nach Nürnberg vorbereitet.

Wenn es nach dem Willen des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) geht, zieht die EMA etwas weiter in den Osten. „Wien führt das Ranking in Sachen Lebensqualität und Sicherheit an, die Stadt ist ein starker Pharmastandort, sie ist der größte Standort der plasmaverarbeitenden Arzneimittelindustrie“, betont Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber. Es herrsche eine gute Zusammenarbeit zwischen Universitäten, der Industrie, den Behörden und anderen Stakeholdern im Gesundheitswesen. „Wien wäre aufgrund dessen prädestiniert als neuer EMA-Standort“, erklärt Huber in einer Stellungnahme.

Bessere Sichtbarkeit in der Europäischen Union

Die österreichische Hauptstadt würde seiner Meinung nach hiervon sehr profitieren. „Eine so gewichtige Behörde wie die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA in Wien zu haben, würde eine immense positive Dynamik bedeuten“, sagt er. Es ginge um viele neue Arbeitsplätze, um Unternehmensansiedlungen, um einmalige Impulse für die gesamte Forschungslandschaft in Österreich und um eine verstärkte Sichtbarkeit innerhalb der Europäischen Union.

Der Pharmig will sich in der nächsten Zeit dafür einsetzen, die EMA bald vor der Haustür zu haben. Gleichzeitig ruft Generalsekretär Huber die österreichische Bundesregierung auf, „alle notwendigen Schritte und Anstrengungen“ zu unternehmen, um diese „einmalige Chance“ zu nutzen. „Es wäre ein exzellentes gemeinsames politisches Ergebnis, das sich jahrzehntelang positiv auf den Standort Österreich auswirken würde“, erklärt er.

Doch zuerst einmal muss die britische Regierung den Willen der Wähler umsetzen und den Ausstiegsprozess starten, bevor ein Umzug der EMA vorbereitet werden kann. Im Rahmen der Verhandlungen über die Verträge, mit denen die EU und Großbritannien ihre zukünftige Zusammenarbeit regeln wollen, könnte die Frage des EMA-Sitzes noch eine ganz andere Antwort haben: Möglicherweise bleibt die Behörde auch zukünftig in ihrem bisherigen Sitz in London.


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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