Empfehlung des CHMP

Metformin auch bei schlechterer Nierenfunktion

Stuttgart - 17.10.2016, 11:00 Uhr

Metformin sorgt nicht für Gewichtszunahme. Ein großer Vorteil für übergewichtige Typ-2-Diabetiker. Mit der Empfehlung der EMA kann eine noch größere Gruppe profitieren. (Foto: DN6 / Fotolia)

Metformin sorgt nicht für Gewichtszunahme. Ein großer Vorteil für übergewichtige Typ-2-Diabetiker. Mit der Empfehlung der EMA kann eine noch größere Gruppe profitieren. (Foto: DN6 / Fotolia)


Der Humanarzneimittelausschuss der europäischen Arzneimittelbehörde EMA CHMP hat sich dafür ausgesprochen, dass Metformin in Zukunft auch bei Patienten mit moderater Niereninsuffizienz (Stadium 3b) eingesetzt werden kann. Bislang war die Substanz bei einer Creatininclearance unter 45 ml/min  kontraindiziert. 

Bislang durfte laut Fachinfo das Antidiabetikum Metformin bei einer Creatininclearance unter 45 ml/min (CKD-Stadium 3b; GFR < 45ml /min/1,73m2) nicht eingesetzt werden. Das ändert sich: In Zukunft werden Patienten mit einer Creatininclearance bis 30 ml/min (GFR 30 ml/min/1,73m2) von einer Metformin-Therapie profitieren können. Das ist das Ergebnis eines Reviews des Antidiabetikums durch den CHMP. Bedenken, dass die aktuelle Datenlage die bisherige Kontraindikation nicht rechtfertigt, hatten diese Neubewertung angestoßen. 

Metformin war bei mäßig eingeschränkter Nierenfunktion kontraindiziert, da man befürchtete, diese Patienten hätten ein höheres Risiko, eine Lactatazidose zu entwickeln – eine seltene aber gefährliche Komplikation einer Metformin-Therapie. Nach Sichtung der wissenschaftlichen Literatur, klinischer Daten, epidemiologischer Studien sowie der Leitlinien kam man seitens des CHMP jedoch zu dem Schluss, dass Patienten mit Niereninsuffizienz von Metformin profitieren können. In einer aktuellen Analyse einer englischen Datenbank hatte knapp ein Drittel (32,7 Prozent) der Diabetiker eine moderate Niereninsuffizienz (CKD-Stadium 3), zusammengesetzt aus 23,2 Prozent im CKD-Stadium 3a und 9,5 Prozent im CKD-Stadium 3b. (Eine Übersicht über die Stadieneinteilung finden Sie hier.)

Eindeutige Dosierungsempfehlungen

Mithilfe von klaren Dosierungsangaben und Monitoring vor und während der Therapie soll ein möglicherweise erhöhtes Lactatazidoserisiko auf ein Minimum reduziert werden.

Damit gelten in Zukunft folgende maximale Tagesdosen für Metformin:

  • Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) 45  bis 59 ml/min/1,73m2 (CKD-Stadium 3a): 2.000 mg
  • GFR 30 bis 44 ml/min/1,73m2 CKD-Stadium 3b: 1.000 mg

Damit liegt auch die tägliche Maximaldosis für das Stadium 3a höher als bisher, sie betrug 1000 mg am Tag. Nach der alten Empfehlung musste bei Absinken der Creatininclearance oder eGFR auf Werte unter 45 bis 59 ml/min bzw. 45 bis 59 ml/min/1,73m2 Metformin sofort abgesetzt werden. Bei schwerer Niereninsuffizienz (eGFR unter 30 ml/min/1,73m2) ist Metformin weiterhin kontraindiziert. Die Packungsbeilagen und Fachinfos sollen entsprechend angepasst werden.

Der CHMP weist aber darauf hin dass bestimmte Metformin-haltige Kombinationspräparate weiterhin bei eingeschränkter Nierenfunktion nicht angewendet werden sollen. Der zweite Wirkstoff sei ungeeignet, so die Begründung. So sei zum Beispiel Dapagliflozin / Metformin (Xigduo) ab einer eGFR von unter 60 ml/min/1,73m2 kontraindiziert. Bei den Fixkombinationen  mit Canagliflozin (Vokanamet) und Empagliflozin (Synjardy) liegt der Grenzwert bei 45. 

In den USA oder in England gelten schon seit Längerem weniger strenge Grenzwerte als in der EU. So lautet beispielweise die US-amerikanische Empfehlung  zwar bei unter 45 ml/min/1,73m2 keine neue Therapie mehr zu beginnen, eine laufende Therapie muss aber erst abgebrochen werden, wenn die Nierenfunktion unter den Grenzwert von 30 ml/min/1,73m2 fällt. Vergleichbares findet sich in der Leitlinie des britischen NICE. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

GFR vs. Clearence

von Dr Schweikert-Wehner am 17.10.2016 um 15:01 Uhr

Eigentlich müsste man ja anmerken, dass die beiden Parameter nicht gleich sind, aber wenn man sieht wie viele verschiedene Daten in die Analyse eingeflossen sind, kann man zu dem Schluss kommen, dass Metformin eines der ersten Arzneimittel ist, bei dem mit GFR gerechnet werden kann.

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