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Presseschau
So reagieren die Medien auf das EuGH-Urteil
Nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Medien bleibt das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung ein wichtiges Thema. Am Wochenende befassten sich die meisten überregionalen Zeitungen mit dem von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplantem Rx-Versandhandelsverbot. Dabei kam Gröhe nicht gut weg.
Der gesundheitspolitische Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ließ am Samstag kein gutes Haar an Gröhes Plänen:
In einer Leitglosse schreibt Mihm, dass die Pharmazeuten nur eine Woche benötigt hätten, um Gröhe „auf Linie zu bringen“. Statt mehr solle es gar keinen Rx-Versandhandel mehr geben. Mihm würde es „erstaunlich“ finden, wenn die Regierung einen so weitreichenden Eingriff damit begründen wolle, die flächendeckende Versorgung müsse geschützt werden. „Patienten beraten und einen sicheren Transport können die Internetapotheken ebenso gewährleisten wie die Apotheke am Ort“, heißt es in der Glosse. Aus Mihms Sicht ist es die „Kampagnenmacht der Apotheker im Wahljahr“, die Gröhe einknicken lasse. Wohl selten habe eine Gruppe so schnell ihre wirtschaftlichen Schutzinteressen zu Lasten Dritter durchgedrückt. Mihms Fazit: „Abgesehen von en Risiken und Nebenwirkungen für Patienten und Kunden, die gerne beim Versandhändler bestellen und denen diese Freiheit genommen werden soll – wer soll der Kanzlerin und ihrem Kabinett ihr politisches Eintreten für Freizügigkeit in Europa künftig noch abnehmen?“
FAZ: EuGH-Urteil sichert Schmidts Wiederwahl
Unter der Überschrift „Leipziger Oberapotheker setzt Minister unter Druck“ schreibt Mihm außerdem ein Porträt über ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Die Besucher seiner Apotheke in Leipzig hätten in den vergangenen Tagen auf den Apothekenbesitzer warten müssen, weil der in Berliner Besprechungszimmern Politik betrieben habe. „Er war höchst erfolgreich damit“, resümiert die FAZ. Nach einem anderthalbstündigen Gespräch zwischen Schmidt und Gröhe hätten die „Drohungen der Apotheker“ gewirkt. „Die Angst der Politiker vor massenhaften gesundheitspolitischen Beratungsgesprächen in 20.000 Apotheken ist am Vorabend des Wahljahres 2017 mit den Händen zu greifen“, heißt es in dem Artikel. Und: Mit seiner Verbotsankündigung mache Gröhe nicht nur die Apotheker froh, sondern auch Schmidt persönlich. Schließlich sei die Wiederwahl zum ABDA-Präsidenten nun gesichert.
In seinem Porträt zieht FAZ-Redakteur Mihm auch eine Bilanz unter Schmidts erste Amtsperiode als ABDA-Periode. „Teamspieler Schmidt“ habe eine neue Tonalität in die Reihen der Apothekerschaft gebracht: „ruhig, besonnen, auf Argumente setzend, seinen Gesprächspartner zugewandt, schlagfertig und gern für einen Scherz zu haben.“ Nicht zuletzt wegen dieser „Appeasement“-Politik habe es Schmidt aber geschafft, dass bei der ABDA heute niemand mehr über den vermeintlichen Datenklau-Skandal spreche und dass auch der Verkauf des Apothekerhauses ohne große Verfehlungen verstrichen sei. „Schmidt erweckt den Eindruck eines in sich ruhenden, ausgeglichen und zufriedenen Menschen“, heißt es weiter. Obwohl die Apotheker mit dem Medikationsplan eine Niederlage hinnehmen mussten, kommt die FAZ mit Blick auf das geplante Versandverbot zum Schluss: „Ein so großer politischer Erfolg für die Apotheker, wie er sich derzeit abzeichnet, wird nicht nur der Organisation, sondern auch ihren Vorsitzenden stärken.“
FR: Gröhe ist ein Apotheker-Freund
Ebenfalls am Samstag berichtete die Frankfurter Rundschau über das geplante Versandverbot und die Nachbeben des EuGH-Urteils. „Was wäre schlimm daran?“, fragt sich FR-Redakteur Timot Szent-Invanyi mit Blick auf das Szenario, dass die komplette Preisbindung in Deutschland kippen würde. „Die Preisbindung bedeutet zunächst einmal eine Gewinngarantie für die Apotheker.“ Gröhe sei des Öfteren schon als „guter Freund der Apotheker“ aufgefallen, heißt es in der Analyse. Ein Rx-Versandhandelsverbot sei im digitalen Zeitalter aber „völlig anachronistisch“. Ohnehin könne es keinem Versicherten verwehrt werden, seine Rezepte auch in Zukunft bei einem Holland-Versender einzulösen.
Reingefallen,
Herr Gröhe!
Die Süddeutsche Zeitung titelte in ihrer Samstagsausgabe: „Ein Gesetz für Apotheker“. Man könne davon ausgehen, dass das Rx-Versandverbot im Herbst 2017 beschlossene Sache sei, berichtet die SZ. Auf Widerstand stoße Gröhes Plan allerdings beim Koalitionspartner: Die SPD hielte das Versandverbot für falsch. In einem Kommentar schreibt SZ-Redakteur Marc Beise: „Reingefallen, Herr Gröhe!“ Und weiter: „Ceta? Trump? Griechenland? Vergessen Sie’s! Die größte Herausforderung dieser Tage ist der Überlebenskampf der deutschen Apotheker […]“ Die SZ beschwert sich insbesondere über die Lobby-Tätigkeit der ABDA: Der Aufstand der Apotheker sei so „maßlos wie durchsichtig“. „Ein wütendes Beharren auf Privilegien, wie sie sonst kaum eine Branche hat im Land.“ Aber auch Gröhe wird kritisiert: So habe es keiner erwartet, dass jemand auf den Lobby-Druck ernsthaft hätte reinfallen können. „Das Opfer ist kein geringerer als Hermann Gröhe, der Bundesgesundheitsminister, der es eigentlich wirklich besser wissen müsste.“ Das Versandhandelsverbot wäre ein „eminenter Eingriff in den Wirtschaftskreislauf“, findet der SZ-Redakteur.
Am gestrigen Sonntag meldete die Nachrichtenagentur dpa schließlich, dass Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), das geplante Rx-Versandhandelsverbot ablehne. Der Versandhandel, der in Zukunft an Bedeutungen gewinnen werde, dürfe nicht behindert werden, meint Wambach. Und weiter: Die Rx-Preisbindung habe auch Nachteile. Einer davon sei, dass sich Apotheken immer dort niederließen, wo die Anzahl der Rezepte besonders hoch sind.
16 Kommentare
Unterschriften
von Stefan Eckardt am 31.10.2016 um 18:50 Uhr
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Wohlan, jetzt gilt´s!
von Wolfgang Müller am 31.10.2016 um 15:44 Uhr
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AW: Wohlan, jetzt gilt´s
von gabriela aures am 31.10.2016 um 20:13 Uhr
AW: Verfahrene Kiste
von Wolfgang Müller am 01.11.2016 um 19:35 Uhr
spiegel ahnungslos äh online
von christoph am 26.10.2016 um 11:59 Uhr
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Frau Gnirke, Spiegel online
von Heiko Barz am 21.10.2016 um 13:27 Uhr
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AW: Frau Gnirke, Spiegel online
von Christian Redmann am 22.10.2016 um 9:41 Uhr
AW: Frau Gnirke, Spiegel online
von Bernd Jas am 22.10.2016 um 13:44 Uhr
Offizielle Reaktion unserer Standesvertretung?
von Daniel S. am 20.10.2016 um 15:12 Uhr
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AW: Offizielle Reaktion unserer
von Peter am 20.10.2016 um 16:20 Uhr
AW: Spiegel ?!
von gabriela aures am 20.10.2016 um 19:53 Uhr
Recht hat Spiegel Online!
von Topac am 20.10.2016 um 9:46 Uhr
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AW: "Recht hat Spiegel online"?
von Christoph am 20.10.2016 um 11:27 Uhr
AW: Recht hat Spiegel Online
von Florian am 20.10.2016 um 11:33 Uhr
AW: Recht hat Spiegel Online
von Jessy am 21.10.2016 um 17:38 Uhr
AW: Recht hat Spiegel Online
von PS am 21.10.2016 um 18:45 Uhr
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