Gesundheitswesen

Bedingt zukunftsfähig

Berlin - 31.10.2016, 17:30 Uhr

Die Experten des Berichts der Nationalen Akademie der Wissenschaften fordern Reformen, und an einigen Stellen soll das Messer angesetzt werden. (Foto: s_l / Fotolia)

Die Experten des Berichts der Nationalen Akademie der Wissenschaften fordern Reformen, und an einigen Stellen soll das Messer angesetzt werden. (Foto: s_l / Fotolia)


Die Nationale Akademie der Wissenschaften sorgt sich um das deutsche Gesundheitswesen. In einem acht Thesen umfassenden Papier kommt sie zu einer ernüchternden Bestandsaufnahme: Zu viel. Zu starr. Zu intransparent.

Müsste man dem deutschen Gesundheitswesen eine Note geben – mehr als eine „Vier plus“ wäre da wohl nicht drin. Vier oder Ausreichend bedeutet nach dem Lehrercode: „wenn die Leistung zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht.“ Ein bisschen besser mag es sein. So jedenfalls liest sich ein Papier der Nationalen Akademie der Wissenschaften über den Konflikt zwischen Ökonomisieren und Medizin im deutschen Gesundheitswesen – oder kurz über das Gesundheitswesen an sich. Konkret am Beispiel des Krankenhaussektors. Die Kernthesen sind:

  • Es gibt zu viele schlechte Krankenhäuser, in denen zu viele Menschen behandelt werden, die gar nicht ins Krankenhaus gehören.
  • Zudem können wichtige Daten über die Versorgung der Patienten nicht genutzt werden, weil die notwendige Vernetzung fehlt.
  • Und den oft beklagten Mangel an Pflegekräften würde es nicht geben, würde man überflüssige Krankenhäuser schließen und das Personal auf die verbleibenden Kliniken verteilen 
  • Notwendig dafür aber sei der politische Wille, an den die Autoren vehement appellieren.

Solche Stellungnahmen gab es zugegebenermaßen schon häufiger. Der maßgebliche Unterschied liegt jedoch im Absender dieses Papieres. Herausgegeben hat den Bericht das wohl bedeutsamste wissenschaftliche Gremium der Republik, die Leopoldina. Seit 2008 berät es die Politik in wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Fragen – unabhängig von jeglichen Interessen, nur der Wissenschaft verpflichtet, wie die Satzung betont. Bundeskanzlerin Angela Merkel holt sich hier Rat, wenn es um Klimapolitik oder die Bedrohung durch resistente Erreger geht.  

Wie gut ist das deutsche Gesundheitswesen tatsächlich?

Diesmal ging es nun um die grundlegende Frage, wie sich das deutsche Gesundheitswesen für die Zukunft aufstellt. Dies galt über Jahrzehnte als eines der Besten weltweit. „Und es gibt Menschen, die das immer noch glauben“, sagt Reinhardt Busse von der Technischen Universität Berlin, einer der renommiertesten Gesundheitsökonomen Deutschlands. Er arbeitet zusammen mit der European Observatory on Health, der Weltgesundheitsorganisation, der OECD, der Weltbank, der European Health Management Association und der Europäischen Kommission – und ist Mitautor der acht Thesen, die die Kommissionen der Leopoldina nun verfasst haben.

Die klingen manchmal wie eine Stellungnahme von Ärztevertretern – etwa These 1: Ökonomisches Handeln im Gesundheitswesen ist geboten, aber ausschließlich zum Wohl des einzelnen Patienten und der Gesellschaft – manchmal wie aus der Hand einer Krankenkasse, so wie die These 3, die besagt, dass Geräte und Techniken nicht nur zur Geldbeschaffung eingesetzt werden sollen.



Edda Grabar, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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