Keine Evidenz für generelle Substitution

Vitamin D nur bei hohem Mangel-Risiko

Berlin - 24.11.2016, 09:00 Uhr

Die Autoren einer BMJ-Studie empfehlen eine gesunde Lebensweise statt genereller Vitamin-D-Substitution. (Foto: bit24 / Fotolia)

Die Autoren einer BMJ-Studie empfehlen eine gesunde Lebensweise statt genereller Vitamin-D-Substitution. (Foto: bit24 / Fotolia)


Sollte man in den Wintermonaten prophylaktisch Vitamin D einnehmen? Darüber ist die Wissenschaft nach wie vor uneins. Es helfe, Knochenbrüche zu vermeiden, auch auf Depressionen, MS und Krebs soll das Vitamin Einfluss haben, heißt es. Mit Vitamin D lässt sich Krankheiten nicht vorbeugen, sagt eine aktuelle Überblicks-Studie, die im Fachblatt BMJ erschien.

Im Frühjahr und Sommer halten sich die meisten Menschen oft genug im Freien auf, so dass sie über die Haut genug Vitamin D bilden. Im Herbst und Winter ist die Sonnenlicht-Exposition geringer, die Tage sind kürzer, dunkler und die Intensität der Sonnenstrahlung geringer. Die UV-Strahlung reicht vielerorts zur Vitamin-D-Synthese nicht aus. Der Körper verbraucht dann allmählich das im Sommer gespeicherte Vitamin D. Vitamin-D-Nachschub liefert in der Zeit nur eine begrenzte Palette von Lebensmitteln. Dazu zählen fetter Fisch, Eigelb, rotes Fleisch, Leber und mit Vitamin D angereicherte Frühstücksflocken oder Milchprodukte.

Public Health England (PHE) rät daher, in der dunkleren Jahreszeit täglich 10 Mikrogramm Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Das gilt insbesondere für Senioren, da die natürliche Vitamin-D-Produktion mit den Jahren abnimmt. Diese Empfehlung wird durch die BMJ-Studie nicht gestützt, für die Bolland und Kollegen vorliegende Meta- und RCT-Studien auswerteten.

Ältere Frauen im Pflegeheim profitieren

Sie kamen zu folgendem Ergebnis: Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel verbessere nicht die Knochendichte und verringere nicht die Anzahl muskuloskelettaler Ereignisse wie Stürze oder Frakturen. Von Vitamin D plus Calcium zur Fraktur-Prävention profitierte allein eine Gruppe: ältere Frauen, die in Pflegeeinrichtungen leben. Hier seien aber auch mögliche Nebenwirkungen der Calcium-Gabe zu bedenken. Calcium kann gastrointestinale Beschwerden hervorrufen und erhöht das Risiko für Nierensteine und kardiovaskuläre Ereignisse.

Es gebe auch keine qualitativ hochwertigen Beweise dafür, dass sich durch die Vitamin-D-Gabe das Risiko für andere Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Brust- oder Darmkrebs reduzieren ließe. Die Forscher raten daher, im Herbst und Winter vor allem auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu achten und sich in den Sommermonaten regelmäßig in der Sonne aufzuhalten, um dem Organismus genug Vitamin D zur Verfügung zu stellen. Von Mitte Oktober bis Mitte März ist in unseren Breiten selbst zur Mittagszeit die Sonne nicht intensiv genug, um eine nennenswerte Vitamin-D-Synthese zu stimulieren.

Forscher sprechen von „Pseudokrankheit Vitamin-D-Mangel“ 

Zu einer Vitamin-D-Gabe raten sie nur Menschen, die ein hohes Risiko für einen Mangel aufweisen oder bei denen der Mangel im Labor nachgewiesen wurde. Der Wert für das Serum 25-Hydroxyvitamin D sollte dabei 25 nmol/l nicht unterschreiten.

Ein hohes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel haben Pflegeheimbewohner sowie Menschen, die sich auch im Sommer langärmlig kleiden oder generell die Sonne meiden. Mangel- und Risiko-Patienten sollten zunächst über Ernährung und Sonnenlicht-Exposition aufgeklärt und bei Bedarf mit einer niedrigen Dosis von 400-800 IU/Tag substituiert werden, so das Fazit der Forscher.

Statt die „Pseudokrankheit Vitamin-D-Mangel“ zu kurieren, sollten man sich lieber auf eine gesunde Lebensweise konzentrieren, meint Tim Spector, Professor für genetische Epidemiologie am King's College London, in einer Diskussion der Studie. Für einen Nutzen der generellen Substitution gebe es keine Evidenz.


Barbara Bückmann, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Was soll der Artikel?

von Stefan Haydn am 28.11.2016 um 11:01 Uhr

Das Lesen dieses Artikels macht mich sprachlos.
Ich kann meinem Vorredner in jeder Hinsicht zustimmen.
Wenn man schon etwas von sich gibt, sollte dies Hand und Fuß haben und auch logisch und konsequent durchdacht sein.
Anscheinend darf sich heute jeder Wissenschaftler sowie Journalist schimpfen.

Über den Tagesbedarf kann ich aus Eigenerfahrung nur lachen.

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Desinformation

von Bayern Fan am 24.11.2016 um 21:34 Uhr

Dieser Artikel macht mich wieder in jeder Hinsicht sprachlos. Bereits das Robert-Koch Institut hat gezeigt, dass die meisten Deutschen viel zu wenig Vitamin D haben. Wie soll man das in Deutschland in ausreichenden Mengen produzieren? Viele sind den ganzen Tag arbeiten und wenn sie sich mal sonnen, benutzen sie sonnencreme, die die Vitamin D produktion vollständig unterbindet. Im Winter kann man gar kein Vitamin D herstellen, das bedeutet, selbst wenn man nach dem Sommer einen guten Speigel hatte, ist man spätestens Ende November wieder im totalen Mangel. Dass die offiziellen Empfehlungen viel zu niedrig angesetzt sind, ist auch schon lange klar. Der Körper einer weissen Person stellt in der Mittagssonne (im Sommer) innerhalb einer halben Stunde 10.000-20.000 Einheiten Vitamin D her und dann soll der Bedarf bei nur 800 liegen? Man merkt einfach, dass sich die erwähnten Wissenschaftler kein bisschen mit dem Thema auseinander gesetzt haben.

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AW: Desinformation

von Marie am 30.11.2016 um 13:26 Uhr

Da bleibt die Frage zurück in die Vergangenheit:
Wieviele litten vor uns, bei vllt etwas mehr Sonnenbestrahlung (Bedingungen zu heute u. Feldarbeit, Fortbewegungsmöglichkeiten ect.) an VD-Mangel?
Da gibt es nix an Studien. Es wird Zeit das endlich mal Geld in die Forschung investiert wird, damit wir nicht weiter auf der Stelle treten u. uns hier gegenseitig beschuldigen, denke ich.
Ich würde es mir nicht anmaßen, die heutigen Ergebnisse zu kritisieren, dazu hat doch jeder in seinem Fach die Ausbildung genossen.

Es gibt auch hier im Netz viele Meinungen und ohne Tatsachen bleiben sie eben nur Meinungen in meinen Augen.

Doch nicht jeder kann sich seine Meinung verkneifen, auch das muss gelernt werden.

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