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Kann man sich eine schönere Vorweihnachtszeit vorstellen? Kaum! Apothekers sind schon glücklich über kleine Dinge im Leben: Freude über einen Entwurf zum Rx-Versandverbots-Gesetz! Freude über ein wärmendes Filmchen, danke! Aber klar, es geht noch besser: Wenn das Rx-Versandverbot in trockenen Windeln ist – vielleicht nächstes Weihnachten. Und wenn unsere ABDA mal stärker gegen Lieferengpässe vorginge. Gute Vorsätze für 2017!
12. Dezember 2016
Er ist da! Gröhe hat Wort gehalten. Das Bundesgesundheitsministerium hat einen ersten Referentenentwurf für ein Gesetz zum Verbot des Rx-Versandhandels vorgelegt. Mein liebes Tagebuch, zwischendurch sah das nicht mehr so aus, Skepsis machte sich breit, ob da noch was aus dem Ministerium kommen würde. Aber jetzt! Und als Beigabe noch ein lupenreines Bekenntnis zum Erhalt der Apotheke vor Ort: Der Versandhandel kann nur ergänzende Funktionen haben.
Mein liebes Tagebuch, dass wir das noch erleben dürfen! Eine schönere Vorweihnachtszeit hat die ABDA noch nicht erlebt. Also, Rx-Versand soll per Gesetz verboten werden. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass dies nicht gilt, wenn das Apothekenpersonal die Rx-Arzneimittel selbst ausliefert – Botengänge können damit weiterhin angeboten werden. Aus dem Entwurf geht hervor, dass das Ministerium eine echte Bedrohung für Apotheken vor Ort sieht. Alternativen sieht das Ministerium nicht.
Auch der SPD-Vorschlag kommt nicht in Betracht, den Apotheken stattdessen eine bessere Honorierung zugeben. Für das Ministerium ist das Rx-Versandverbot übrigens europarechtlich sicher. Dass es dem Minister damit Ernst ist, ließ er auch öffentlich in einem SWR-Interview wissen. Und so geht’s weiter: Der Entwurf ist auf den parlamentarischen Weg gebracht. Geht alles gut, könnte der Bundestag das Gesetz noch vor dem Sommer beschließen. Es müsste dann noch ein EU-Notifzierungsverfahren durchlaufen, bei dem alle EU-Staaten Einspruch einlegen könnten. Und nach spätestens weiteren sechs Monaten wäre der Rx-Versandhandel in Deutschland Geschichte. Schöne Weihnachtsfreude 2017.
13. Dezember 2016
Das Rx-Versandverbot per Gesetz ist die eine Richtung. Ob der Weg zum Ziel führt, wird sich zeigen. Für alle Fälle sollten die Apotheker auch auf ein Verbot von Umgehungen der Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln hinarbeiten. Das empfiehlt zumindest eine Expertenrunde, die sich im Hamburger Apothekerhaus getroffen hat. Pharmazeuten (Schweim, Graue, Froese) und Juristen (Meyer, Mand) begrüßen den Gesetzentwurf von Gröhe, den Versand auf OTC zu beschränken. Sie plädieren aber zusätzlich für den Vorschlag von Meyer, Rx-Versand nach Deutschland zu verbieten, weil es ein Umgehungsgeschäft der Preisbindung sei. Mein liebes Tagebuch, doppelt hält besser.
Die SPD und die Grünen sind dagegen, für die Grünen wird das Rx-Versandverbots-Vorhaben ein „absehbarer Rohrkrepierer“. Die Gesundheitspolitiker beider Parteien sehen zwar auch, dass man den Apotheken nach dem EuGH-Urteil helfen muss, ein Rx-Versandverbot halten sie allerdings für den falschen Weg. Die SPD will eher versuchen, Rx-Boni im Sozialrecht zu verbieten oder zu deckeln. Und die Grünen sehen einen Ausweg in einer Honorar-Reform statt in einem Versandverbot.
Mein liebes Tagebuch, nett gemeinte Ansätze, die aber, je länger wir sie durchdeklinieren, nicht das bringen, was ein Rx-Versandverbot leistet. Und womöglich noch schwerer durchzusetzen wäre, ausgerechnet eine Honorar-Reform! Das Rx-Versandverbot bleibt der Königsweg. Mein liebes Tagebuch, das Dumme ist nur, dass Gröhe die Stimmen seines Koalitionspartners SPD braucht. Bis jetzt stellen die sich noch mächtig quer. Druckmittel könnte allenfalls der Bundesrat sein: SPD-regierte Länder befürworten ein Rx-Versandverbot.
Bald wird im nordbadischen Hüffenhardt ein digitaler Beratungsservice mit automatischer Arzneimittelabgabe seinen Betrieb aufnehmen – will uns ein Bericht des SWR glauben machen. Mein liebes Tagebuch, wenn er sich da mal nicht täuscht. DocMorris scheint zwar fleißig in den ehemaligen Räumen der Brunnen-Apo gewerkelt zu haben: High-speed-Internetverbindung, Live-Videoberatung am Bildschirm, ein Abgabeautomat, der allerdings noch nicht in Betrieb sein soll. Der Hüffenhardter Bürgermeister, allem Anschein nach hin und weg vom DocMorris-Technik-Baukasten, weiß allerdings noch nicht, wann genau der Automat in Betrieb gehen soll. Bei vielen Bewohnern der 2000 Seelen-Gemeinde soll das Angebot aus Holland gut angekommen, will der SWR eruiert haben, Automat oder Apotheker, egal, Hauptsache versorgt.
Und dann noch ein Schwenk zur jetzigen Rezeptsammelstelle, ein Blechbriefkasten, mit dem die analoge Apothekerzunft gegen die High-Tech-Online-Video-Apotheke antritt. Mehr Werbebeitrag geht nicht. Mein liebes Tagebuch, die DocMorris-Masche „einfach machen und Fakten schaffen“ hat damals in Saarbrücken funktioniert. Baden-Württemberg ist aber nicht das Saarland, und der hiesige Justizminister Guido Wolf ist nicht Josef Hecken. Sollte der Versender seine Arznei-Automatenstelle eröffnen, dürfte sie vermutlich schneller wieder geschlossen sein als ihm lieb ist. In einem hat Max Müller von DocMorris sicher recht: „Hüffenhardt ist für uns ein kleines Abenteuer“. Und dabei belassen wir’s dann auch.
So schön, so subtil, so emotional – der Videospot des Wort&Bild-Verlags zur Unverzichtbarkeit der Apotheke vor Ort geht ans Herz. Während die ABDA-Kampagne mit der roten Blaulicht-Karte ein düsteres Szenario malt und Angst macht, was es bald alles nicht mehr gibt, wenn…, zeigt der Spot die positiven Seiten der Apotheke vor Ort und animiert die Kunden, einfach mal Danke zu sagen. Wer den Film gesehen hat und bisher mit einer Apotheke noch wenig anfangen konnte, ist jetzt in Apotheken verliebt. Das Video könnte auch glatt als Werbevideo für pharmazeutischen Nachwuchs durchgehen – wer nach diesem Spot nicht gerne Apotheker oder PTA werden möchte, hat ein Herz aus Stein. Nein, im Ernst, mein liebes Tagebuch, wenn der Werbespot demnächst bei allen großen Sendern zu sehen ist, kommt er zur richtigen Zeit, ohne auszusprechen warum. Denn, ganz klar, er soll vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils und dem dadurch protegierten Arznei-Versandhandel ausländischer Apotheken den Wert der Apotheke vor Ort herausstellen. Wenn SPD-Lauterbach sein Nein gegen ein Versandverbot hinausposaunt und die Grüne Schulz-Asche sich gegen ein Versandverbot stemmt, dann könnte das in der Bevölkerung nicht gut ankommen. Fein, dass Verlag sein Product-Placement nur dezent arrangiert hat. Den Film könnte selbst die ABDA so übernehmen – fast. Vielleicht in einer zweiten Version, bei der statt der "Apotheken Umschau" eine "Neue Apotheken Illustrierte" in die Tasche gesteckt wird.
14. Dezember 2016
Der Gröhesche Gesetzentwurf für ein Rx-Versandverbot macht ihn rasend, die Fliege dreht sich mit 180 Umdrehungen pro Minute, er hat Schaum vorm Mund. Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitspolitiker, wettert dagegen, was das Zeug hält: Ein Verbot des Rx-Versandhandels passe einfach nicht in die Zeit. Lieber Herr Lauterbach, und wie es passt! Mehr denn je! Angesichts der hochkomplexen Therapien kann es nur besser sein, wenn der Patient unmittelbar einem Fachmann gegenübersteht. Lauterbach will dem Apotheker lieber mehr Honorar für die Beratung zukommen lassen. Danke, aber das brauchen wir Apotheker sowieso. Warten wir das Gutachten ab. Eine neue Fliege dürfen Sie gerne weiterhin im Versandhandel bestellen, da sind wir Apothekers doch gar nicht dagegen. Aber merke: Arzneimittel ist nicht gleich Fliege!
Und wieder schreibt Lauterbach – zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen – einen Brief an alle SPD-Bundestagsabgeordneten, um ihnen zu erklären, nein, um ihnen inbrünstig ans Herz zu legen, wie wichtig der Versandhandel doch für die Versorgung sei. Neue Argumente hat er allerdings nicht. Und auch hier zeigt er Verständnis für die Apotheker. Sein Vorschlag: Um Landapotheken am Leben zu erhalten, sollte man mehr für Hausärzte tun. Lauterbachs Rechnung: Genügend Landärzte – kein Apothekensterben. Wenn’s so einfach wäre...
Die FDP habe Respekt vor Apotheken, sagt ihr Chef Lindner (mein liebes Tagebuch, das hoffen wir!), will aber keinen „Naturschutz“ für sie und stellt sich gegen das Rx-Versandverbot. Sogar so arg, dass er es zum Wahlkampfthema machen will. Na, damit vergrault er noch die letzten FDP-Anhänger unter den Apothekern. Mein liebes Tagebuch, es kann einen nur wundern, warum sich Politiker an einem so kleinen Thema dermaßen ereifern, als wollte man das Internet abschaffen. Dabei geht’s nur um eine Mini-Facette des Online-Handels, und letztlich nur um mehr Sicherheit für Patienten.
Eine Meldepflicht für drohende Lieferengpässe wollen die Ärzte im GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz verankert sehen. Das fordern sie in ihrer Stellungnahme zur Expertenanhörung. Dem kann man sich nur anschließen. Mein liebes Tagebuch, und wo ist die Forderung der Apotheker? Auch Publikumsmedien nehmen sich dieses Themas immer wieder an, beispielsweise „SWR Wissen“. Das Fazit des Senders: Leidtragende seien Patienten, Ärzte, Apotheker und die Politik müsse handeln. Es ist für mich immer wieder ein Phänomen, warum von unserer Berufsvertretung zu diesem Thema so arg wenig kommt. Lieferengpässe sind so etwas von kontraproduktiv für die apothekerliche Arbeit – und bereiten zudem noch Mehrarbeit. Warum kommt dazu aus dem Lindencorso nicht mindestens ein Aufschrei? Die ABDA sollte für dieses Thema ein eigenes Referat ins Leben rufen, das die Entwicklung der Engpässe verfolgt. Und eine eigene Internetseite erstellen, auf der ständig die Lage dargestellt wird.
15. Dezember 2016
Mit Extra-Internetseiten sind andere nicht zimperlich: „Stoppt das Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel!“ lautet die Überschrift einer neuen Internetseite des niederländischen Versenders DocMorris, der damit seine Lobbymaßnahmen für den Erhalt des Rx-Versands verstärken will. „versandapotheken-kein-verbot.de“ versucht das EuGH-Urteil zu erklären, seine Auswirkungen, und warum der Rx-Versand aus Sicht von DocMorris unbedingt erhalten bleiben sollte. Und macht Angst vor einer Unterversorgung auf dem Land. Und natürlich, DocMorris zahlt brav alle seine Steuern, finanziert seine Boni artig aus den eigenen Einnahmen und überhaupt, die Digitalisierung kann man doch nicht aufhalten, wird dem Besucher der Seite erzählt. Mein liebes Tagebuch, was soll DocMorris auch anderes sagen.
16. Dezember 2016
Ein Rx-Versandverbot schmeckt auch den inländischen Versandapotheken nicht. Ihr Verbandvorsitzender Buse schießt dagegen. Ein Verbot kann er nicht wollen. Er macht sich für eine Höchstpreisregelung stark. Aus seiner rechtlichen Sicht gibt er einem neuen Rx-Versandverbot in der EU keine Chance. Und er hofft auf die Kanzlerin, die sich doch dafür einsetze, die Digitalisierung voranzutreiben. Mein liebes Tagebuch, darüber freuen wir uns doch alle, wenn die Digitalisierung ausgebaut wird. Allerdings, ein Rx-Versandverbot würde diesen Ausbau mit Sicherheit nicht stoppen. Und deshalb: Glaubt jemand, dass die Kanzlerin Gröhes Gesetzentwurf in die Tonne kloppt? Nicht einmal das Christkind.
18. Dezember 2016
Mein liebes Tagebuch, jetzt starten wir in die Weihnachtswoche! Nicht nur der See ruht still und starr, sondern auch mal kurz die Politik. Die Arzneiversorgung allerdings kennt keine Pause, die Apotheken vor Ort sind da, tags und viele auch nachts. Danke, Apotheken! Ein frohes Weihnachtsfest und ein Extra-Danke für alle, die am Heiligen Abend Dienst haben!
6 Kommentare
Mehr Professionalität, bitte!
von Christian Giese am 18.12.2016 um 18:14 Uhr
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Nichts gelernt vor Weihnachten "
von Ulrich Ströh am 18.12.2016 um 10:13 Uhr
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AW: Nichts gelernt vor Weihnachten oder nur Dauer-Sauer?
von Christian Timme am 18.12.2016 um 17:19 Uhr
Wollen oder sollen, plemplem und digital gleich Dual.
von Christian Timme am 18.12.2016 um 9:39 Uhr
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Lauterbach
von Michael Zeimke am 18.12.2016 um 9:00 Uhr
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Danke, Apotheken! Ein frohes Weihnachtsfest und ein Extra-Danke für alle, die am Heiligen Abend Dienst haben!
von Thesing-Bleck am 18.12.2016 um 8:44 Uhr
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