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Kunden- und Umsatzangaben
Wie verlässlich sind die Zahlen der Versandapotheken?
Über 40 Prozent aller Deutschen haben Arzneimittel online bestellt, sagt DocMorris – um für den Versandhandel zu werben. Stimmt das? Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken argumentiert mit ähnlichen Zahlen – doch Recherchen von DAZ.online zufolge ist zweifelhaft, ob sie stimmen.
In der aktuellen Kampagne gegen das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Rx-Versandverbot argumentiert DocMorris zweigleisig: Einerseits hätten Versandapotheken nur einen Marktanteil von 3 Prozent. „Das hat keinen Einfluss auf den Bestand stationärer Apotheken“, betont der niederländische Versender. Gleichzeitig erklärt die Firma, über 40 Prozent aller Deutschen hätten bereits online Medikamente bestellt. „Sie sollen weiter die Wahl haben“, heißt es auf der Webseite.
Steht beides nicht im Widerspruch? Und stimmen die Zahlen? Auf Nachfrage von DAZ.online bezieht sich DocMorris auf Presseerklärungen des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). In den Umfragen des Verbands wird jährlich erhoben, inwiefern Internetnutzer auch online einkaufen – mit einem Häkchen sollen sie auch angeben, ob sie bereits Arzneimittel online eingekauft haben. 55 Prozent der gut 1150 Teilnehmer tat dies der Umfrage zufolge. Da die Umfrage laut Bitkom für die Gesamtheit der deutschen Internetnutzer repräsentativ ist, rechnete der Verband anhand dieses Anteils hoch, wie viele Deutsche bislang den Arzneimittel-Versandhandel genutzt haben. „Das entspricht 31 Millionen Menschen“, erklärt Bitkom.
Tatsächlich repräsentativ?
Recherchen von DAZ.online zufolge hat die Methodik der Umfrage allerdings Schwächen. Bezogen auf die gut 80 Millionen Einwohner Deutschlands ergibt sich zwar tatsächlich ein Anteil von gut 38 Prozent. Aber kann dieser hohe Anteil stimmen – auch angesichts des geringen Marktanteils von Versandapotheken? Eine Nachfrage beim Verband Bitkom ergibt Details zur Methodik der online durchgeführten Umfrage. Hier wurden die Angaben der für die Teilnahme an der Umfrage bezahlten Befragten zwar gewichtet, um die Statistik etwa an die Alters- und Geschlechterverteilung aller deutschen Internetnutzer anzupassen. Nicht erfasst wurde jedoch beispielsweise, wie internet-affin die Umfrageteilnehmer sind.
Es ist gut möglich, dass Personen, die bereit sind, an einer Umfrage teilzunehmen, auch mit höherer Wahrscheinlichkeit Arzneimittel online kaufen – und so die Ergebnisse verfälscht werden. Auf Nachfrage verweist Bitkom allgemein darauf, dass teilweise Fragen parallel telefonisch und online erhoben wurden. „Die Ergebnisse waren ähnlich“, erklärt eine Sprecherin allgemein.
Die Wirtschaftspsychologin Anja Göritz von der Uni Freiburg schrieb auf Nachfrage, dass sich auch aufgrund der recht detaillierten Aussagen von Bitkom zur Studie noch nicht schließen lasse, ob die Ergebnisse sich tatsächlich verallgemeinern ließen. Derartige Umfragen seien „fast nie repräsentativ“, erklärt der auf Methoden der empirischen Sozialforschung spezialisierte Professor Jörg Blasius von der Uni Bonn gegenüber DAZ.online – da beispielsweise Befragte aus unteren Bildungsgruppen meistens fehlten. „Daraus abzuleiten, wie viele Millionen in welcher Altersgruppe online Medikamente einkaufen, ist alles andere als sinnvoll“, betont er.
5 Kommentare
Warum fragt man nicht einfach die, die es wissen sollten .....
von Gunnar Müller, Detmold am 28.12.2016 um 15:34 Uhr
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reines Wunschdenken
von Alfons Neumann am 23.12.2016 um 2:31 Uhr
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Trickser und Täuscher
von G. Wagner am 22.12.2016 um 21:27 Uhr
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Viele Besteller und geringer Marktanteil?
von Andreas Grünebaum am 22.12.2016 um 19:21 Uhr
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Es gibt keine AAA-Zahlen und schon gar nicht im Versandhandel
von Christian Timme am 22.12.2016 um 18:49 Uhr
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