Evolution des Menschen

Gehirn und Zähne entwickelten sich unabhängig voneinander

Washington - 03.01.2017, 15:30 Uhr

Die Wissenschaftler werteten für ihre Studie Daten von Zahn- und Gehirngrößen aus. (Foto: George Washington University)

Die Wissenschaftler werteten für ihre Studie Daten von Zahn- und Gehirngrößen aus. (Foto: George Washington University)


Größeres Gehirn, kleinere Zähne. Bislang dachten Experten, dass in der Evolution des Menschen beide Entwicklungen parallel zueinander verliefen. Doch eine eingehende Analyse der Daten widerlegt die bisherige Annahme.

In der Evolution des Menschen haben sich Gehirn und Zähne unabhängig voneinander entwickelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, bei der Forscher die Entwicklungsraten dieser Strukturen bei mehreren Arten von Frühmenschen untersucht haben. Mit dem im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) publizierten Resultat widersprechen Aida Gómez-Robles von der George Washington University in Washington (District of Columbia) und ihre Kollegen der gängigen Theorie, dass die Evolution von Gehirn und Zähnen miteinander gekoppelt sei.

In der Entwicklungsgeschichte des Menschen hat die Größe des Gehirns deutlich zugenommen. Zudem werden die Backenzähne immer kleiner, je näher eine Art mit dem modernen Menschen – dem Homo sapiens – verwandt ist. Deshalb vertreten viele Experten die Ansicht, die beiden Entwicklungen seien im Gleichschritt verlaufen: Das größere Gehirn habe zu besserem Werkzeuggebrauch und mundgerechterer Nahrung verholfen, weshalb kleinere Zähne vorteilhaft gewesen seien. Neuere Untersuchungen hatten jedoch schon Zweifel an dieser Theorie aufkommen lassen, die Analyse von Gómez-Robles stützt diese Vorbehalte.

Keine einfachen Beziehungen

„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass einfache Wirkungsbeziehungen zwischen der Entwicklung von Hirngröße, Werkzeugnutzung und Zahngröße zu unwahrscheinlich sind, um wahr zu sein“, wird Gómez-Robles in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert. Zusammen mit ihrem Team wertete sie Datenreihen aus, in denen genaue Messdaten von Größe und Form des Gehirns sowie von Größe und Form der Backenzähne bei acht verschiedenen Frühmenschen verzeichnet sind.

Betrachtet wurden Arten aus den Gruppen Australopithecus, Paranthropus und Homo, die die Entwicklung über mehrere Millionen Jahre widerspiegeln. Einige Arten, deren Platz im menschlichen Stammbaum umstritten sind – etwa Homo ergaster oder Homo heidelbergensis – ließen die Wissenschaftler außen vor. Sie erstellten ein Rechenmodell, in dem sich die Merkmale gleichmäßig mit der Zeit verändern. Dieses Model verglichen sie dann mit den Messdaten der tatsächlichen Funde.

Die Forscher fanden recht unterschiedliche Entwicklungsraten im menschlichen Stammbaum. Die Größe des Gehirns veränderte sich demnach oft plötzlich, während seine Form sowie die Größe und Struktur der Backenzähne sich eher gleichmäßig entwickelten, aber mit deutlichen Unterschieden in den Details. Deshalb schlussfolgern die Forscher: „Wir weisen darauf hin, dass die ökologischen Faktoren und Verhaltensfaktoren, die die Entwicklung von Zähnen und Gehirnen beeinflussten, für die beiden Strukturen nicht die Gleichen waren.“


dpa / DAZ.online
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