Südengland

Gesundheitsdienst streicht Ibuprofen und Paracetamol aus Leistungskatalog

Berlin - 12.01.2017, 13:51 Uhr

Vorerst nicht mehr als Kassenleistung: Der englische Gesndheitsdienst in Brighton und Hove will vorerst keine Ibuprofen- und Paracetamol-Packungen für leichtere Erkrankungen mehr erstatten. (Foto: dpa)

Vorerst nicht mehr als Kassenleistung: Der englische Gesndheitsdienst in Brighton und Hove will vorerst keine Ibuprofen- und Paracetamol-Packungen für leichtere Erkrankungen mehr erstatten. (Foto: dpa)


Ärzte in den südenglischen Städten Brighton und Hove können Patienten mit leichteren Krankheiten seit einigen Tagen keine Rezepte über Ibuprofen und Paracetamol mehr ausstellen. Der englische Gesundheitsdienst hat sich dazu entschlossen, die Schmerzmittel von der Erstattung auszuschließen, um die Patienten für Gesundheitsausgaben zu sensibilisieren und Geld einzusparen.

In England können regionale Ableger des britischen Gesundheitsdiensts NHS Teile des Leistungskataloges selbst festlegen. Die sogenannten Clinical Commissioning Groups (CCGs) können beispielsweise regionale Versorgungsprogramme starten und dafür Leistungserbringer vergüten – oder sie können Teile des Leistungskataloges streichen. Letzteres Beispiel geschieht derzeit an der südenglischen Küste. Rund um die Stadt Brighton hat der NHS eine Kampagne gestartet, um Menschen  für die stetig steigenden Gesundheitsausgaben zu sensibilisieren. Die Kampagne trägt den Namen „HelpMyNHS“.

Ein Teil der Aktion ist es, dass Ärzte bei geringfügigen und kurzzeitigen Erkrankungen kein Ibuprofen und Paracetamol mehr zu Lasten des NHS verordnen. Vielmehr sollen sich die betroffenen Patienten die Medikamente in geringen Dosierungen selbst in Apotheken oder Supermärkten kaufen. Eine halbe Million Britische Pfund will der NHS in Brighton damit sparen. Der NHS teilte mit, dass Mediziner die beiden Wirkstoffe in geringen Dosierungen im vergangenen Jahr etwa 100.000 Mal verordnet haben – obwohl es Ibuprofen und Paracetamol in England sogar im Supermarkt zu kaufen gibt. In allen Arztpraxen und Apotheken des Landkreises liegen nun Flyer aus, auf denen Patienten über diese Maßnahme informiert werden.

Paracetamol für 16 Penny im Supermarkt

Laut NHS sind die Preise für Ibuprofen und Paracetamol in den Supermärkten um ein Vielfaches günstiger als die durch eine Verordnung verursachten Kosten. Im Supermarkt sind 500-Milligramm-Packungen Paracetamol beispielsweise für 16 Penny zu haben. Alleine das Apothekenhonorar übertrifft diesen Preis. Laut NHS entstehen durch eine Verordnung einer der beiden Wirkstoffe im Schnitt Ausgaben von 45 Pfund (inklusive Arzthonorar).

Ganz plakativ rechnet der NHS in Brighton den Bürgern vor, dass durch die einsparten Ausgaben beispielsweise 16 Gemeindeschwestern, 108 künstliche Hüftgelenke, 26 Chemotherapie-Behandlungen für Brustkrebspatientinnen oder 400 Arzneimittel-Therapien für Alzheimer-Erkrankte finnaziert werden könnten.

Der steuerfinanzierte britische Gesundheitsdienst ist einer der weltweit größten Arbeitgeber, steht aber seit Jahren in der Kritik, nicht effizient zu arbeiten. In vielen Teilen des Landes wollen die regionalen NHS-Ableger daher das Gesundheitsverhalten der Bürger ändern und beispielsweise die Zahl unnötiger Arztkontakte verringern oder redundante Arzneimittel-Verordnungen ausschließen. Auch aus diesem Grund sind die Apotheker im Vreinigten Königreich gleich in mehrere Versorgungsmodelle zur Arzneimitteltherapiesicherheit eingebunden, mit deren Hilfe Klinikeinweisungen und redundante Arzneimittelgaben vermieden werden sollen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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