Nach dem EuGH-Urteil

Apotheken-Boni erneut auf dem Prüfstand

Berlin - 15.03.2017, 17:00 Uhr

50 Cent Bonus in der Apotheke - spürbar und unzulässig? (Foto: fotogestoeber / Fotolia)

50 Cent Bonus in der Apotheke - spürbar und unzulässig? (Foto: fotogestoeber / Fotolia)


Sind Bonus-Gutscheine deutscher Apotheken nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung möglicherweise doch in einem neuen Licht zu sehen? Eigentlich war die Botschaft seitdem klar: Für Apotheken hierzulande bleibt alles beim Alten, Rx-Boni bleiben tabu. Doch einige Konstellationen werden nun doch wieder auf den Prüfstand der Gerichte gestellt.

In der Lüneburger Heide gibt es einen Apotheker, der jedem Kunden für einen Einkauf in der Apotheke – und auch beim Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel – Bonus-Bons im Wert von jeweils 50 Cent ausgibt. Vor dem Landgericht Lüneburg will nun eine Kollegin eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirken. Sie ist überzeugt: Hier liegt ein Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht und das Arzneimittelpreisrecht vor.  

Vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs am 19. Oktober 2016 wäre klar gewesen, wie die Entscheidung im Hinblick auf die Kopplung mit der Rezepteinreichung ausfällt: Jedenfalls in diesem Fall wären die Boni verboten worden. Könnte die Entscheidung nun anders ausfallen? Tatsache ist: Deutschen Apotheken ist nun verwehrt, was ihrer niederländischen Konkurrenz erlaubt ist. Eigentlich ist eine solche sogenannte Inländerdiskriminierung aber unproblematisch – und nicht justiziabel. Dennoch sehen Juristen nun die Gelegenheit, die rechtlichen Fragen neu auszuloten.

50 Cent nicht spürbar?

Der Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas vertritt den Bonus-Apotheker. Er sieht gute Chancen für seinen Mandanten, weil es sich hier eben nicht um einen Rx-Boni handele. Jeder Kunde bekomme etwas – und wenn das doch ein Rx-Arzneimittel wäre, so wäre der Bonus im Wert von 50 Cent zumindest nicht spürbar, schließt Douglas nach dem EuGH-Urteil.

Die Gegenseite sieht auf jeden Fall einen klaren Verstoß gegen die im Arzneimittelgesetz vorgeschriebene Preisbindung. Doch Douglas verweist darauf, dass die Gutscheine auch ein Anreiz für die Kunden seien, in die Apotheken zu gehen und nicht bei der ausländischen Konkurrenz zu bestellen. Dass EU-ausländische Versandapotheken nach der EuGH-Rechtsprechung von der Rx-Preisbindung entbunden sind, sieht er als Gefahr für die deutschen Apotheker – zumal die Kassen aktiv bei ihren Mitgliedern für den Bezugsweg über die Niederlande werben.

Ein Rechtsstreit, der sich hinziehen könnte

Noch ist die Entscheidung in Lüneburg nicht gefallen. Es gab jedoch schon eine mündliche Verhandlung im Eilverfahren, bei der die Argumente ausgetauscht wurden. Sein Urteil will der Vorsitzende Richter am Landgericht am 23. März verkünden. Das letzte Wort wird er in diesem Fall sicherlich nicht sprechen. Die nächste Instanz ist absehbar. Und auch ein Hauptsacheverfahren liegt nicht fern.

Es ist nicht das einzige Verfahren, in dem Douglas nach dem EuGH-Urteil als Apotheken-Anwalt „pro Boni“ auftritt. Er vertritt auch eine Darmstädter Apothekerin, die an ihre Kunden einen „Brötchen-Gutschein“ für die Rezepteinlösung ausgab. In einer nahegelegenen Bäckerei gab es dafür „zwei Wasserweck oder ein Ofenkrusti“. Die Wettbewerbszentrale war gegen sie vorgegangen – und bekam bislang im Eilverfahren wie auch in der ersten Instanz des Hauptsacheverfahrens Recht zugesprochen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Bonitäter

von Bernd Jas am 16.03.2017 um 7:47 Uhr

Was sind das wieder für Argumente:
"Doch Douglas verweist darauf, dass die Gutscheine auch ein Anreiz für die Kunden seien, in die Apotheken zu gehen und nicht bei der ausländischen Konkurrenz zu bestellen."

Hat da nicht irgend wann mal jemand was von bescheuerten Kollegen gesagt.

Wenn es nicht schnell genug geht, dass wir nicht abgeschafft werden, dann schaffen wir uns halt selber ab und erdrosseln uns zeitgemäß und digital mit dem nächst besten WLAN-Kabel.

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AW: Bonitäter

von Christian Lindinger am 18.03.2017 um 9:13 Uhr

Ich stimmer Herrn Jas vollkommen zu,
es wird genug Kollegen geben, die mit dem fadenscheinigen Argument, "gebe die Boni ja nur, damit kein Kunde bei Doc Mo & Co bestellt".
Dass dieses Verhalten wieder mal allen (Medien, Politik, Kunden) zeigt, dass die Apotheker eben doch was zu verschenken haben, ohne zu Ygrunde zu gehen.

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