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Wettbewerbsökonomisches Gutachten
„Rx-Versandhandelsverbot ist effizient und kosteneffektiv“
Der EuGH ist in seinem Urteil zu Rx-Preisen im grenzüberschreitenden Versandhandel hart mit der Klägerseite ins Gericht gegangen: Sie habe keine hinreichenden Nachweise erbracht, die belegen, dass die deutsche Rx-Preisbindung geeignet ist, das – an sich legitime – Ziel einer flächendeckenden und hochwertigen Arzneimittelversorgung zu erreichen. Welchen Schluss das Gericht daraus zog, ist bekannt. Ein aktuelles Gutachten schließt jetzt die Lücke, die der EuGH bemängelt hat.
Die Vertreter der Wettbewerbszentrale, der ABDA und der Bundesrepublik Deutschland dürften schwer geschluckt haben, als sie am 19. Oktober vergangenen Jahres die Urteilsgründe des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rechtssache Deutsche Parkinson Vereinigung gelesen haben. Die Luxemburger Richter legten dar, dass es ein Eingriff in den freien Warenverkehr sei, wenn Deutschland auch EU-ausländische Versandapotheken an die Arzneimittelpreisverordnung binde. Ein solcher Eingriff könne zwar grundsätzlich mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt werden – und die Mitgliedstaaten hätten auch einen Wertungsspielraum, auf welchem Niveau sie diesen Schutz sicherstellen wollen. Doch eine Regelung, die in den Warenverkehr eingreift, sei nur dann mit Erfolg zu rechtfertigen, wenn sie auch geeignet sei, das Ziel zu erreichen. Und genau hier hakte es aus Sicht des EuGH: Ihm fehlen Belege, die die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Rx-Preisbindung für den Erhalt der flächendeckenden Versorgung untermauern. Die Aussagen blieben aus Sicht der Richter zu allgemein. Auch seien keine hinreichenden Nachweise vorgebracht worden, dass sich ein Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nachteilig auf die Wahrnehmung bestimmter Gemeinwohlverpflichtungen – zum Beispiel die Rezepturherstellung – auswirken würde. Stattdessen legten aus Sicht der Richter Unterlagen, auf die sich die EU-Kommission stützte, nahe, dass mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken die gleichmäßige Versorgung mit Arzneimitteln fördere. Und zwar dadurch, „dass Anreize zur Niederlassung in Gegenden gesetzt würden, in denen wegen der geringen Zahl an Apotheken höhere Preise verlangt werden könnten“.
Gutachten schließt „Lücke im Tatsächlichen“
Nun haben sich der Gesundheitsökonom Professor Dr. Uwe May, seine Kollegin, die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und der Jurist Dr. Heinz-Uwe Dettling genau dieser beklagten „Lücke im Tatsächlichen“ angenommen.
Im Auftrag
der Noweda und des Deutschen Apotheker Verlags haben sie
ein Gutachten verfasst, in dem sie vier Folgeszenarien nach dem EuGH-Urteil
durchspielen und diese mit Daten unterfüttern. Im Szenario 1 werden die Folgen
einer Untätigkeit des deutschen Gesetzgebers aufgezeigt, in Szenario 2 die
Konsequenzen der Aufhebung der Arzneimittelpreisbindung und des – vom EuGH
ignorierten – in Deutschland geltenden Sachleistungsprinzips sowie im Szenario
3 die Auswirkungen eines „sanften Preiswettbewerbs“ mit beschränkten Boni. Für
alle drei Szenarien prognostizieren die Gutachter – untermauert mit Daten und
Zahlen – verheerende Auswirkungen auf das Netz einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung.
Als besonders dramatisch erweist sich dabei die Durchlöcherung des
Apothekennetzes auf dem Land.
Rx-Versandverbot ohne gleichwertige Alternative
Das Fazit des Gutachtens: Die Annahme, ein freier Preiswettbewerb führe auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu einer besseren und kostengünstigeren Versorgung, ist nach dem gesicherten Stand der wohlfahrts- und gesundheitsökonomischen Erkenntnisse unzutreffend. Vielmehr ist das System der Rx-Preisbindung in Verbindung mit der flächendeckenden Apothekenversorgung und dem Sachleistungsprinzip effizienter und kosteneffektiver. Folgerichtig liegt für die renommierten Gutachter die notwendige Reaktion des Gesetzgebers auf der Hand: ein Verbot des Versandhandels mit Rx-Arzneimitteln. Zu diesem gebe es keine gleichwertige Regelungsalternative. Dies gelte umso mehr, als es aus gesundheitsökonomischer Sicht perspektivisch angeraten sei, den niedrigschwelligen Versorgungszugang in Apotheken noch breiter und intensiver zu nutzen, um den Effizienzgrad der Arzneimitteltherapie zu steigern und Apotheken verstärkt zur Entlastung des ambulanten Versorgungssystems zu nutzen. Eine Gefährdung der flächendeckenden Apothekenversorgung durch den weiteren Rx-Versandhandel und die Aufhebung der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel würde, so das Resümee des Gutachtens, diesem zukunftsorientierten Bestreben diametral zuwider laufen.
7 Kommentare
RXVV
von Heiko Barz am 23.03.2017 um 11:44 Uhr
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Gutachten
von Frank ebert am 22.03.2017 um 23:01 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Eine Qual der Wahl
von Bernd Jas am 23.03.2017 um 8:24 Uhr
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von Christian Timme am 22.03.2017 um 20:21 Uhr
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von Michael Staesche am 22.03.2017 um 12:26 Uhr
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von Torben Schreiner am 22.03.2017 um 11:27 Uhr
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von Mathias Mallach am 22.03.2017 um 11:05 Uhr
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