Serie: Die Besonderen — Heinrich Rothdauscher

Dr. Heinrich Rothdauscher: Apotheker & Abenteurer im 19. Jahrhundert

23.03.2017, 09:00 Uhr

Heinrich Rothdauscher im Alter von 25 Jahren in Vigan, 1877. (Nachlass Heinrich Rothdauscher) Fotostrecke

Heinrich Rothdauscher im Alter von 25 Jahren in Vigan, 1877. (Nachlass Heinrich Rothdauscher)


Auf den Philippinen des ausklingenden 19. Jahrhunderts mörserte, titrierte, destillierte und präparierte der deutsche Apotheker Heinrich Rothdauscher. Seine Memoiren berichten von abenteuerlichen zehn Jahren in den Tropen und zeigen das Apothekerhandwerk, wie es vor 150 Jahren betrieben wurde.

„Lebenserinnerungen eines deutschen Apothekers“

„Die Abenteuer meines Urgroßvaters waren immer ein ganz großes Thema in meiner Familie“, erinnert sich der Rosenheimer Maler Gerhard Prokop, „doch ich wollte es genauer wissen.“

Im Winter 2006 entzifferte Prokop mühsam die handschriftlichen Lebenserinnerungen des Urgroßvaters und entriss sie dem Vergessen. Als pdf publiziert Prokop auf über 200 Seiten die „Lebenserinnerungen eines deutschen Apothekers“. Gespickt mit Aphorismen von Wilhelm Busch bis Cicero, Volksliedern, Arzneimittelrezepten, Beschreibungen des Münchner Studentenlebens, Gastauftritten von Justus von Liebig und bekannten Apothekern gibt Heinrich Rothdauscher – Weltreisender, Apotheker, Forscher, Sammler und Tausendsassa – Einblick in das Apothekerhandwerk im 19. Jahrhundert und ein bewegtes Jahrzehnt auf den Philippinen.

Lehrjahre 

„Im stolzen Bewusstsein, in diesem Augenblick meinen Lebensberuf zu beginnen“, so trat der 15-jährige Heinrich Rothdauscher im August 1866 seine erste Lehrstelle in einer bayerischen Apotheke an.

Nach herben Enttäuschungen, einem Apothekenwechsel, der ersten Verliebtheit, der ersten Trunkenheit und dem ersten Examen zieht Rothdauscher „hinaus in die Welt“. Hinaus – das ist zunächst hinaus aus Bayern. 1870, als Napoleon Preußen den Krieg erklärte, arbeitet Rothdauscher in der Schweiz, und bald in Schwäbisch Gmünd. Insbesondere die Dialekt schwätzenden Frauen, das gesellige Kneipenleben und das Feuerwerk, welches der 19-Jährige zur Feier der täglich eintrudelnden Siegesnachrichten herstellt, bleiben ihm im Gedächtnis. Doch auch in Gmünd hält ihn nichts. Mit „Ranzen, Hut und Wanderstab“ zieht er 1871 nach München, um zu studieren. 

(Nachlass H. Rothdauscher)
Heinrich Rothdauscher als Student bei Justus v. Liebig, ca. 1872.

Vom Münchner Studentenleben 

An der Universität zu München lernt er von Justus von Liebig („Vater Liebig! Welch genialer Kopf!“) Chemie und in den Kneipen das müßige Leben. „Ich galt als brauchbares Kneipengenie“, schreibt Rothdauscher, „stets bereit zu lustigen Streichen.“

Hier hört er von Paul Sartorius, einem deutschen Apotheker in Manila, der zwei examinierte Pharmazeuten für seine Apotheken in Übersee sucht. Der Gedanke an Manila lässt ihm fortan keine Ruhe mehr: Voller Fernweh schreibt er Sartorius. Und dann geht alles ganz schnell: Man trifft sich, findet Gefallen aneinander und kommt überein: „Fünf Jahre Kontrakt, freie Hin- und Rückreise, vollständige Verpflegung, $ 500 Anfangsgehalt, jedes Jahr $ 100 mehr.“ 



Verena Viarisio, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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