Großbritannien

Viagra bald ohne Rezept aus der Apotheke?

Berlin - 31.03.2017, 10:05 Uhr

Bald ohne Rezept? In Großbritannien wird geprüft, ob es Viagra 50mg bald als OTC geben soll. (Foto: dpa)

Bald ohne Rezept? In Großbritannien wird geprüft, ob es Viagra 50mg bald als OTC geben soll. (Foto: dpa)


Eines der bekanntesten verschreibungspflichtigen Arzneimittel könnte es in Großbritanniens Apotheken schon bald ohne Rezept geben. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA hat einen Antrag des Pharmakonzerns Pfizer erhalten, das Präparat Sildenafil 50 mg (Viagra) aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Die Apothekerkammer begrüßt diesen Schritt.

Pfizer UK veröffentlichte in dieser Woche eine Pressemitteilung, nach der der Konzern bei der Arzneimittelbehörde einen offiziellen Antrag auf einen OTC-Switch gestellt habe. Betroffen sind ausschließlich Sildenafil-Tabletten mit der Wirkstoffstärke 50 Milligramm. Es geht darum, den Status des Arzneimittels von „POM“ (Prescription-only-medicine) zu einer „P-medicine“ (Pharmacy-medicine) zu wechseln.

Zur Begründung des Antrages erklärte Pfizer: „Die erektile Dysfunktion ist eine häufig vorkommende, selbst-erkennbare Störung. Forschungsergebnissen zufolge könnte die Hälfte aller Männer zwischen 40 und 70 an einer Form von Erektionsstörungen leiden. Zurzeit erhalten viele dieser Männer gar keine Behandlung. Ein weiterer Kontaktpunkt für diese Patienten im Gesundheitssystem könnte sie dazu ermutigen, Hilfe zu suchen.“ Ganz offensichtlich erhofft sich der Pharmakonzern also, dass mehr Männer sich trauen, das schwierige Thema in der Apotheke anzusprechen als es im Arztgespräch anzubringen.

In Neuseeland gibt es Viagra bereits als OTC-Medikament, in Australien läuft ein Antrag darauf. In der EU vermarktet Pfizer Sildenafil seit 1998. Einen ersten Anlauf, das Präparat in ganz Europa als OTC-Präparat zu vermarkten, unternahm der US-Konzern im November 2008. Damals stellte die Firma bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) einen Antrag auf OTC-Switch. Die EMA hatte jedoch Bedenken, Pfizer zog den Antrag zurück. Im vergangenen Jahr war Polen das erste Land, in dem ein Sildenafil-Generikum den OTC-Switch erfolgreich bewältigte.

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Nun also Großbritannien? Pfizer UK gab bekannt, dass man im Falle einer Deregulierung die Apotheker mit Informationsmaterialien versorgen wolle. Die Apotheker seien in der „richtigen Position“, um die betroffenen Männer dabei zu unterstützen, ihr Leiden unter Kontrolle zu bekommen. Ein weiteres Interesse des Konzerns dürfte es sein, den Schwarzmarkt aufzubrechen. In der Pfizer-Mitteilung heißt es, dass die Männer den Kontakt zu Heilberuflern derzeit häufig umgingen, um auf illegalem Wege an die Medikation zu kommen.

Die Prüfung der Pfizer-Unterlagen könnte nun Monate lang andauern. Die Apothekerkammer Großbritanniens (Royal Pharmaceutical Society) unterstützt Pfizer bei seinem Vorhaben. In Medienberichten erklärt RPS-Präsident Martin Astbury: „Sildenafil ist eins der am häufigsten gefälschten Arzneimittel. Viele Männer wandern ins Internet ab, um sich das Präparat dort zu bestellen. Es ist eine ureigene Aufgabe des Apothekers, Probleme mit Kunden zu besprechen sowie auf Nutzen und Risiken von Behandlungen hinzuweisen. Der OTC-Switch erleichtert den Zugang zu einem Arzneimittel, das sich als sicher herausgestellt hat, wenn es richtig angewendet wird.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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