Rx-Versandverbot

Schmidt schreibt an alle Apothekenleiter

Berlin - 05.04.2017, 15:45 Uhr

Nicht aufgeben: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt übt in einem Brief an alle Apothekenleiter scharfe Kritik an der SPD und ruft die Apotheker zur Geschlossenheit auf. (Foto: dpa)

Nicht aufgeben: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt übt in einem Brief an alle Apothekenleiter scharfe Kritik an der SPD und ruft die Apotheker zur Geschlossenheit auf. (Foto: dpa)


Die ABDA räumt nun auch gegenüber den Apotheken ein, dass das Rx-Versandverbot zumindest in dieser Legislaturperiode gescheitert ist. In einem Brief an alle Apothekenleiter in Deutschland kritisiert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt die SPD-Bundestagsfraktion scharf und erteilt alternativen Lösungsversuchen, die einen Boni-Deckel enthalten, eine klare Absage.

Apothekenleiter in ganz Deutschland erhalten in diesen Tagen Post vom ABDA-Präsidenten. Friedemann Schmidt erklärt den Apothekern, warum es aus seiner Sicht dazu kommen konnte, dass sich Union und SPD nicht auf das Rx-Versandverbot einigen konnten. Dazu weist Schmidt zunächst darauf hin, dass die SPD-regierten Bundesländer bis zuletzt für ein Verbot waren, die Bundesebene allerdings dagegen. „Dieser Widerspruch ist kaum inhaltlich, sondern vielmehr machtpolitisch begründet ein Umstand, den wir nur mit großem Befremden zur Kenntnis nehmen können“, schreibt der ABDA-Präsident.

Die ABDA bleibt allerdings dabei: Es gebe nach wie vor keine vernünftige, wirksame und rechtssichere Alternative zum Versandverbot. „Deshalb ist jetzt auch jegliche Debatte über vermeintlich alternative Konzepte oder Pläne B bis F völlig überflüssig und schädlich“, kommentiert Schmidt. Seine Begründung: Es helfe nichts, an der „Säule“ der Preisbindung „ein wenig herumzupinseln“ im Sinne eines gedeckelten Preiswettbewerbs.

Schmidt will keine Alternativlösungen

Erst am heutigen Mittwochvormittag hatte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach mitgeteilt, dass er die Apotheker und Versandapotheker erneut zu einem Gespräch einladen werde, um über Lösungen zu diskutieren, die eine Regulierung der Rx-Boni beinhalten. Mit Blick auf das nun vorliegende Schreiben von Schmidt an die Apotheker dürften auch diese Gespräche wohl schnell im Sand verlaufen.

Schmidt weist auch die Apotheker nochmals darauf hin, dass jeglicher Preiswettbewerb aus Sicht der ABDA absolut schädlich ist. „Die allermeisten von uns können in einem Preiswettbewerb nicht auf Dauer bestehen, sei er gedeckelt oder nicht. Und so mancher, der glaubt, er könnte es doch, täuscht sich selbst“, heißt es in dem Brief. Außerdem müsse sich das Versorgungssystem nicht an „smarten Shoppern“, sondern an kranken Menschen ausrichten. Ein solcher Wettbewerb widerspreche der solidarischen Ordnung und beschädige das Vertrauen in Patienten.

Was die Zukunft betrifft, will Schmidt gemeinsam mit der Politik an einer „dauerhaften und wirksamen Sicherung unserer guten Arzneimittelversorgung“ arbeiten. Dabei setzt die ABDA weiterhin auf das Rx-Versandverbot: „Wenn es in dieser Legislaturperiode keine Umsetzung des Gesetzentwurfes mehr geben kann, so gehört er sofort ins Arbeitsprogramm einer neuen Bundesregierung.“ Und weiter: „manche Themen mögen verschwinden, weil man sich nicht um sie kümmert, dieses gehört ganz bestimmt nicht dazu.“

ABDA benötigt Hilfe der Apotheker

Letztlich bittet der ABDA-Präsident um die weitere Unterstützung der Apotheker. „Um das Ziel letztlich zu erreichen, brauchen wir diese Hilfe auch weiterhin. Engagieren Sie sich also auch in den nächsten Wochen und Monaten bei den Politikern in ihrem Umfeld, werben Sie bei den Bürgerinnen und Bürgern, den Patientinnen und Patienten für das, wofür wir stehen: eine sichere, wohnortnahe und hochwertige Arzneimittelversorgung aus der inhabergeführten Apotheke, eine Versorgung, die von Menschen für Menschen gemacht wird.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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11 Kommentare

Neue Bundesregierung - neues ABDA-Präsidium !

von Gunnar Müller, Detmold am 06.04.2017 um 18:55 Uhr

Das EuGH-Urteil ist der bisherige Endpunkt einer ganzen Reihe von unsäglichen Fehleinschätzungen, Unterlassungen und Rohrkrepierern der ABDA-Führung.
Machen Sie den Weg frei für neue Strukturen und neues Personal, Herr Schmidt!
Dann hat die deutsche Apothekerschaft vielleicht noch eine Chance.

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Der Sonnenkönig....

von Tanja am 06.04.2017 um 16:19 Uhr

Verständlicherweise steht einem der Sinn nach Abstrafung
bei der Wahl. Aber wen kann man da tatsächlich ausschließen, wer steht da wirklich hinter uns.
Man kann bei dem monatelangen Gezerre schon den Eindruck bekommen, dass das EUGH-Urteil ein willkommener Anlass für die Politiker war, die Apotheker
kräftig zur Kasse zu bitten. Die Argumente der SPD, der
Grünen und der Lobbyisten-Partei FDP (Bahr im Vorstand der Allianz, die seit Jahren für die Europa-Apotheek wirbt) deuten daraufhin. Herr Schäuble hat ja plötzlich auch Bedenken.
Warum will man plötzlich die Preisbildung aushebeln, die seit Jahrzehnten Bestand hat.
EUGH hin oder her, wenn man wirklich wollte, hat nationale Rechtsprechung Vorrang.
An wem soll man sich nun reiben, eine gewisse Multiplikatorwrkung kann man uns sicher nicht absprechen.


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AW: Der Sonnenkönig Tanja

von Heiko Barz am 06.04.2017 um 17:33 Uhr

Sehr schön, Tanja, ....wenn man wirklich wollte,....
Aber, wie Sie so überzeugend bemerken, welche Interessen verfolgen die einzelnen Protagonisten?
Es wird doch immer deutlicher, dass wir Apotheker als Lobby wohl die geringste Berufsgruppe im Machtspiel der Großlobibyisten und des Großkapitals darstellen und wie ein Großteil der desinformierten Politiker sich von Kapital interessengeleiteten Gruppen manipulieren lassen.
Mit welch einem Aufwand DoMo in einer Briefwurfsendung sich den Deutschen Politikern angebiedert haben sah schon sehr professionell aus.
Wie sagen viele Kollegen: soviel Vomex kann man gar nicht vorrätig halten, um das Kotzen zu verhindern!
Die jetzt schon länger im Werbefernsehen laufenden Bestellungsmöglichkeiten von AM bei DoMo sind erst die Spitze des Eisbergs, der, wenn er erst geschmolzen ist, uns Basisapotheker wegschwemmen wird.
Dann werden schnell diejenigen Lügen gestraft, die politisch bedingt die 1 bis 2% RXPräparate Marge für die Versandhändlern uns als Valium präsentieren.

Erneutes Spargelessen?

von Christian Timme am 06.04.2017 um 4:24 Uhr

Wer sich jetzt noch von Herrn Lauterbach ein- bzw. verladen lässt, der hilft der SPD beim Wahlkampf und baut diesem Herren wieder eine neue Bühne. Es wird sich zeigen, wer hier "Rückgrat" hat oder nicht ... Es bleibt aber festzuhalten, die ABDA kann sich keine weiteren Rückschläge mehr erlauben. -Vielleicht besucht der Herr Präsident ja mal einen öffentlichen Boxkampf und gibt dabei ein "kämpferisches Interview".

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Konsequenter Schulterschluss, bitte

von Wolfgang Müller am 05.04.2017 um 23:28 Uhr

Das imponiert doch, dass bzgl. Rx-Versand-Verbot weder die CDU noch die ABDA sich von den aktuellen Meinungsbildnern in der SPD-Bundestagsfraktion den Schneid abkaufen lassen. Was übrigens auch der Bundesrat nicht tut, inkl. der SPD-geführten Länder. So sehr viele von uns auch ungeduldig mit den Füssen scharren, und Plan B bis F HIER und JETZT einfordern .....

Es ist nun wirklich zu wünschen, dass entsprechend FS´ Appell ein Schulterschluss der Apothekenleiter mit der ABDA erreicht werden kann, damit die aktuellen ABDA-Ziele bestmöglich verfolgt werden können: Kurzfristige Schadensbegrenzung, und mittelfristig doch noch das Rx-Versand-Verbot.

Fast noch wünschenswerter ist es, dass bei dieser Gelegenheit auch ein weiterer Schulterschluss der ABDA zum noch greibareren Vorteil der verbleibenden Apothekenleiter erreicht werden kann ....... um möglichst vielen von uns ein möglichst würdevolles Überleben unter den gegenwärtigen widrigen bis widerwärtigen Umständen zu ermöglichen, solange eine endgültige Entwarnung noch nicht gegeben werden kann:

Weg von der immer weiteren Verkomplizierung unseres Berufes, sowie der immer weiteren Überfrachtung mit oft für sich genommen defizitären, hoch personal-intensiven Zusatzaufgaben. Was sowieso schon nur die sehr, sehr Großen und eben der Versand überleben können.

Stattdessen: Der erkennbare Einstieg in die Qualitäts-sichernde VEREINFACHUNG und überfällige Entbürokratisierung.

Oder wollen wir auf Dauer - zumindest im "typischen" bis durchschnittlichen Umsatzbereich, ob mit oder ohne Filialen, in der "Landapotheke" oder in der Stadt,, eine 80-Stunden-Woche und am Ende noch den vorzeitigen Berufs-Ehren-Tod (wie in Japan) beflissen/dummstolz zelebrieren ("Rezeptur muss der Chef dann eben nach Feierabend noch selber machen")? Als vermeintliche "Heil"-Berufler?

Das wäre einfach nur unprofessionell. Was wir uns in einer Situation, wo wir es als Konkurrenz immer mehr mit völlig abgefeimten Profis zu tun bekommen, ÜBERHAUPT nicht mehr leisten können.

Endgültig weg sollte die ABDA auch von dem zwischenzeitlichen Irrweg der Glaeske-Selektiv-Verträge, die auch nicht dadurch besser würden, wenn da irgend eine Verbindung zum Medikationsmanagement konstruiert würde (neuerliche "Hausapothekenverträge", säßen sofort auch DocMorris und Co. mit den GKVen drauf).

Spätestens die Schwerpunktsetzung für den nächsten DAT wird zeigen, wie gut wir einen ECHTEN Schulterschluss normale Selbständige/ABDA (vor Allem auch unter Einschluss der Kammern und sonstigen Vorschrifts/Aufsichts-Fraktionen) hinbekommen können.

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AW: Konsequenter Schulterschluss, bitte

von Karl Friedrich Müller am 06.04.2017 um 8:51 Uhr

super Kommentar. In allen Punkten.
Die übermäßige Bürokratierung zeigt sich u.a. bei dem Zwang zur Prüfung von Cannabis. In den NL Fertigarzneimittel, hier Ausgangsstoff, Droge.
Cannabis wird zudem durchgängig überwacht und kontrolliert.
Eine "Identitätsprüfung" ist nur Schikane.

Was nun F. Schmidt ?

von Heiko Barz am 05.04.2017 um 18:48 Uhr

Aus Sicht der ABDA hätte im Vorfeld des berufsdiskriminierenden EUGH Urleils wesentlich mehr getan werden müssen, um die Situation der Deutschen Apotheke mit ihrer individuellen weltweit beachteten Leistung dem etwas seltsam argumentierenden Richter in Brüssel näher zu bringen.
Ich möchte nicht wissen, wer da im Hintergrund die seltsamen Argumente geprägt hat, die den polnischen Generalanwalt zu diesem katastrophalen Gesetz bewegt hat.
Da haben ganz andere kapitalfundierte Kräfte im Hintergrund die Fäden in der Hand.
Nochmal erinnere ich daran, dass genau vor einem Jahr der "Apojurist" Tisch einen Plan B für überflüssig hielt und keiner kann mir erzählen, dass F. Schmidt diesen Fakt mit nicht abgesegnet hat.
"Es kann nicht sein, was nicht sein darf"!
Jetzt muß das Pferd von hinten aufgezäumt werden, wie einige Kollegen schon vorgeschlagen haben.
Bundesweit müßten unsere sich bei Minimalverfehlungen monierenden Pharmazieräte zur Kontrolle der AM Pakete, die ja vornehmlich aus Holland kommen, mal Präsenz zeigen und den geldgierigen Versendern die Lieferzeiten durch umfangreiche Paketuntersuchungen zu verlängern. Da gibt es sicher viel zu klären. Das dauert.
Bei kleinsten Verfehlungen des AM Gesetzes wird dann das Paket als Einfuhr abgelehnt und zurückgeschickt.
Bei genauer Betrachtung gäbe es wohl noch wesentlich mehr Möglichkeiten, den Versendern, das ihnen durch diffuse Kräfte garantierte Überleben, zu erschweren.

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AW: Rechtsverständnis

von Holger am 06.04.2017 um 8:40 Uhr

Der Generalanwalt macht Gesetze? Was haben Sie denn für ein Verständnis von Rechtsprechung??

Deutsche Pharmazieräte sollen jetzt Privatpakete deutscher Empfänger von holländischen Versandadressen kontrollieren? Da müssten Sie mir mal erklären, wie das technisch und juristisch gehen soll. Postgeheimnis - steht im Grundgesetz! Wenn da irgendwer was kontrolliert, dann ist das der Zoll und niemand sonst.
Und diese Art von Vorschlägen zur Subversion (Lieferzeiten durch umfangreiche Untersuchungen verlängern um das Geschäft zu erschweren) würde ich von einem Kim Jong Very Ill, Wladimir Putin oder meinetwegen Erich Mielke erwarten - aber von Ihnen??

AW: holger

von florian becker am 06.04.2017 um 11:39 Uhr

De facto ist es doch so: es gibt ein höchstrichterliches Urteil des Gemeinsamen Senats in D, dass Boni unzulässig sind.
DocM schafft es, dass ein subalternes Gericht das noch mal nach Brüssel verweist, ein Generalanwalt hält ein Plädoyer, und der EuGH ändert prompt seine bisherige, jahrzehntelange Rechtsprechung um 180 Grad.
Und einen Tag später bietet DocM ungestraft Boni an, obwohl das Gericht in D im Hauptsacheverfahren noch nicht mal entschieden hat.
Und eine an der Regierung beteiligte Partei in Deutschland applaudiert dem Ganzen stehend.

Also: Ja. De facto hat damit der Europäische Generalanwalt mit dem unaussprechlichen Namen "Gesetz" gemacht.

AW: im Übrigen

von florian becker am 06.04.2017 um 12:19 Uhr

im Übrigen ist es inzwischen nicht selten, dass ich an Nordkorea erinnert werden, wenn ich mir die Verhältnisse im deutschen Gesundheitswesen anschaue...
Diese Vergleiche hinken gar nicht so sehr, wie Sie sich das anscheinend vorstellen..

Ulbricht (1961): "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen"

Lauterbach (2017): „Niemand soll bei Versandapotheken bestellen, nur um Boni zu kassieren“

Der Wahrheitsgehalt ist ungefähr der Gleiche.
Noch vor nicht allzu langer Zeit hat Fliegenkarl die Boni als "interessante Sparmöglichkeit" bezeichnet..
Und Ulbricht hat eine schöne Mauer gebaut..

Der Sonnenkönig

von Karl Friedrich Müller am 05.04.2017 um 16:26 Uhr

Hat gesprochen,
Aber nichts getan. Oder erreicht.
Immerhin hat er Recht.
Das ganze Geschwafel über alternative Konzepte ist unsinnig, weil sie die Apotheken weiter schwächen, obwohl mehr Geld benötigt würde. Wir haben seit 2004, im Gegensatz zu anderen, inclusive KK (!) kaum mehr Geld erhalten, sondern sind auch noch beim AMNOG unnötig zur Kasse gebeten worden!
Das Beschränken des Versands auf NonRx ist alternativlos!
Allerdings werde ich nicht mit Politikern "sprechen". Es interessiert sie sowieso nicht. Ich mache Wahlkampf. Gegen die SPD. Die Angst um ein sicheres Pöstchen ist das einzige Argument, das verstanden wird.
Liebe Politiker, ich hab eine Sauwut!

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