DAZ.online-Themenwoche

Rabattverträge als Sprungbrett in den deutschen Markt

Stuttgart - 07.04.2017, 14:00 Uhr

Sprungbrett für viele Anbieter: Die Rabattverträge brachten Hersteller in die Apotheke, die zuvor niemand kannte. (Foto: Sergey Nivens / Fotolia)

Sprungbrett für viele Anbieter: Die Rabattverträge brachten Hersteller in die Apotheke, die zuvor niemand kannte. (Foto: Sergey Nivens / Fotolia)


Mit den Rabattverträgen kam plötzlich eine Reihe bislang unbekannter Anbieter in die Apotheken. Eine dieser Firmen ist Bluefish Pharma. Das Unternehmen vertreibt seit 2009 Arzneimittel in Deutschland und wurde strukturell auf das System der Rabattverträge zugeschnitten. „Etablierte“ wie Hexal hingegen setzen den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit nicht im Rabattvertragsmarkt.

AAA, Dexcel, und Bluefish Pharma – mit Einführung der flächendeckenden Rabattvertragsausschreibungen gingen plötzlich Arzneimittel von Herstellern über die HV-Tische deutscher Apotheken, die bislang im deutschen Markt keine Rolle gespielt hatten. Sie verdrängten ein Stück weit die Etablierten wie Hexal, Ratiopharm oder Stada, zumal diese beispielsweise bei den ersten AOK-Verträgen außen vor blieben. 

Die Geschäftsführerin von Bluefish Pharma, Daniela Stoppel, bejaht daher ganz klar die Frage, dass die Rabattverträge der Firma geholfen haben, sich hier einen Namen zu machen. Die Bluefish Pharma GmbH vertreibt seit 2009 Arzneimittel in Deutschland. Insgesamt bestehen Rabattverträge mit 111 Krankenkassen über 16 Wirkstoffe. Das Portfolio umfasst 21 Wirkstoffe. Gegenüber DAZ.online erklärte sie: „Unser Unternehmen wurde strukturell auf das System der Rabattverträge zugeschnitten.“ Durch effiziente und schlanke Strukturen sei man in der Lage die Produkte zu wettbewerbsfähigen, sehr günstigen Preisen anbieten. Dadurch sichere sich Bluefish die Rabattverträge mit den Krankenkassen.

„Erfolg ist nur mit Unterstützung der Apotheker möglich"

Durch diese Rabattverträge gelange man dann in der Apotheke in die nähere Auswahl der zur Abgabe möglichen Produkte, erklärt Stoppel. In den allermeisten Fällen schließen die Krankenkassen nicht-exklusive Rabattverträge ab, wodurch in der Apotheke die Auswahl zwischen Bluefish-Pharma oder einem anderen Rabattpartner bliebe. „Glücklicherweise fällt die Wahl immer öfter auf eines unserer Produkte“, freut sich Stoppelt. „Unser Anspruch ist es, für unsere Apothekenkunden ein zuverlässiger, fairer und sympathischer Partner zu sein und dafür werden wir belohnt.“ Insofern könne man sagen, die Rabattverträge waren eine notwendige Bedingung für den Markteintritt. Aber erst durch die Unterstützung der Apotheker sei es möglich, in Deutschland weiter erfolgreich zu sein.

So könne das System der Rabattverträge den Markeintritt mit Sicherheit vereinfachen, sagt die Geschäftsführerin weiter. Doch wer langfristig erfolgreich sein wolle, müsse seine Strukturen dem System anpassen. Geringe Fixkosten, günstige Einkaufspreise beziehungsweiese Produktionspreise und eine schnelle und flexible Organisation seien notwendig um auch die Profitabilität zu sichern, sagt Stoppel.

„System begünstigt Hersteller mit wenigen Wirkstoffen" 

Des einen Freud ist des anderen Leid. Die Firma Hexal, die heute zu Novartis gehört, war schon lange vor der Erfindung der Rabattverträge ein Größe im deutschen Generikamarkt. Dort ist man der Ansicht, dass das Rabattvertragssystem, wie es sich mit dem GKV-WSG seit nunmehr zehn Jahren herausgebildet hat, Unternehmen begünstigt, die sich auf einige wenige Wirkstoffe konzentrieren – zum Vergleich: Hexal hat über 400 Wirkstoffe im Portfolio. Zudem investierten diese Hersteller weder in neue Produkte noch in Services und könnten ihre Kosten auf diese Weise sehr niedrig halten. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Krankenkassen hätten allerdings unterschätzt, dass mit solchen Unternehmen allein die Versorgung der Bevölkerung in Deutschland nicht zu sichern ist, erklärte ein Sprecher gegenüber DAZ.online. Die Apotheken erlebten Tag für Tag, dass auch die Verfügbarkeit patentfreier Arzneimittel keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Der immense und aus Sicht des Generikaherstellers aus dem bayerischen Holzkirchen überzogene Kostendruck der Rabattvertragsausschreibungen, hinterlasse Spuren, erklärt der Unternehmensprecher. Er verweist dabei auf mehrere Veröffentlichungen des Branchenverbandes Pro Generika, die den Zusammenhang zwischen Rabattvertragssystem und Lieferschwierigkeiten nachgewiesen hätten.

Hexal setzt seinen Schwerpunkt nicht im Rabattmarkt

Grundsätzlich definiere sich Hexal als großes Versorgungsunternehmen für Arzneimittel in Deutschland. Daher habe man den Anspruch alles, was patentfrei wird und versorgungsrelevant ist, im Portfolio zu haben, erklärt der Sprecher weiter. Bei Hexal ist man aber der Meinung, um diesen Anspruch einzulösen, müsse man kontinuierlich in neue, immer komplexere Produkte wie etwa Biosimilars investieren. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liege daher nicht im Rabattvertragsmarkt. Ganz den anderen überlassen, will man diesen Markt aber offensichtlich doch nicht: Man zeigt dort Präsenz und es existieren Wirkstoff-Rabattverträge mit allen Kassenarten.

Bluefish Pharma hingegen hat ambitionierte Pläne im Rabattmarkt. Die Firma will nach eigener Aussage sowohl mit dem bestehenden Portfolio als auch mit den geplanten neuen Produkten an den Ausschreibungen der gesetzlichen Krankenkassen teilnehmen. Erklärtes Ziel ist es, mit möglichst allen Krankenkassen Rabattverträge abzuschließen.


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1 Kommentar

Sprungbrett, wohin?

von Heiko Barz am 08.04.2017 um 11:08 Uhr

In diesem ruinösen Markt können nur die mitmischen, die mit unübersichtlichen Containermengen Arzneigrundstoffe einführen, deren Qualität in diesem Ausmaß nur stichprobenartig analysiert werden können.
Unter welchen Bedingungen unsere Arzneimittel im z.B.asiatischen Raum produziert werden ist ja erst kürzlich wieder aufgedeckt worden. ( Indien, etc )
Ist das Ihr Weg, Herr Dr.AOK Hermann, die Deutsche Pharmazie in den Abgrund zu stürzen? Die von Ihnen durchgepeitschten Industrie-Rabatte, die Sie dann irreführend als 'Rabattverträge' offerieren, werden nach und nach die forschenden Pharmafirmen aus unserm Land verdrängen, und die vielen dann arbeitslos werdenden AOK-Beitragszahler werden es Ihnen danken.
Denken Sie, Dr.Hermann, dabei auch mal über Ihren hoch dotierten Arbeitsplatz nach?

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