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Einsparungen in England
„Apotheken sind Teil der Lösung, nicht des Problems“
England will im Gesundheitswesen Kosten sparen. Besonders hart trifft es die Apotheken – und dabei vor allem die in ländlichen Regionen. „Das ist kurzsichtig“, sagt ein Apothekeninhaber. Denn Apotheken hätten das Potenzial, Kosten zu sparen. Sie seien eigentlich ein Teil der Lösung, nicht des Problems.
Als vergangenes Jahr die geplanten Kürzungen im englischen nationalen Gesundheitsdienst NHS bekannt wurden, versammelten sich Kunden und Angestellte vor der Newdays Pharmacy im englischen Twyford in der Grafschaft Berkshire. Sie bildeten eine lange Schlange. Daneben ein Schild: „Das ist die Schlange beim Hausarzt, wenn deine Apotheke vor Ort schließt.“ In England übernehmen Apotheken zum Teil Aufgaben der Hausärzte. So dürfen sie beispielsweise in gewissem Ausmaß auch verordnen. Aktuellen Berechnungen des Gesundheitsministeriums zufolge könnten die Kürzungen bis zu 3000 Apotheken um ihre Existenz bringen – das sind ein Viertel aller Apotheken in England.
Olivier Picard, der Inhaber der Newdays Pharmacy, hält das für kurzsichtig. Das berichten lokale Medien. Der Apotheker, der sich auf seinem Twitter Account als „leidenschaftlicher Verteidiger des Einzelhandels“ und „ewiger Optimist“ bezeichnet, macht schon länger gegen die Kürzungen Stimmung. Sie kämen zu einer Zeit, in der der NHS und der Leiter des britischen Gesundheitsministeriums, Jeremy Hunt, die Menschen auffordern, in ihre Apotheke zu gehen. Und dann kürzten sie die Zuschüsse. Picard würde sich wünschen, dass Apotheken als Teil der Lösung gesehen würden – und nicht als Teil des Problems. Denn letztendlich hätten Apotheken das Potenzial, Kosten zu sparen, wie er in der Lokalzeitung zitiert wird.
Unabhängige und kleine Apotheken leiden besonders
Der Plan der Regierung: In mehreren Schritten soll das Apothekenhonorar gekürzt werden. Die erste Absenkung um insgesamt 6,1 Prozent erfolgte im Oktober 2016. Dazu werden nun mehrere Honorarbestandteile zusammengefasst. Die Apotheker erhielten bislang beispielsweise „practice payments“. Je nach der Menge dispensierter Packungen pro Jahr sind das Pauschalen, die für die Bereithaltung und die Pflege der Apothekenräume ausgezahlt wurden. Diese Zahlungen sollen jetzt unter anderem mit den Packungsabgabe-Honoraren und einem weiteren Zusatzhonorar für das Einlösen von e-Rezepten zusammengeführt werden. Insgesamt sollen bis 2021 rund 22 Milliarden Britische Pfund im staatlichen Gesundheitswesen eingespart werden, das sind etwa 28 Milliarden Euro.
Seine Apotheke werde dann keine Zuschüsse mehr bekommen, erklärt Picard. Er habe keine Chance, das zu kompensieren. Wenn die Regierung mit den Kürzungen weitermache, sei er in einer schwierigen Position.
Einem Sprecher des Apothekerverbandes, der National Pharmacy Association, zufolge, seien insbesondere die kleinen Apotheken, die weniger Packung abgeben, sowie die unabhängigen besonders abhängig von den Aktivitäten des NHS. Kürzungen der öffentlichen Mittel würden diese Apotheken ganz besonders schmerzen.
Einsparpotenzial durch Apotheken ist belegt
Mit der Frage, ob Apotheken auch in Deutschland tatsächlich helfen können, Kosten zu sparen, hat sich beispielsweise im Jahr 2015 ein Gutachten beschäftigt, das der Bundesverband der Arzneimittelhersteller in Auftrag gegeben hat. In ihm wurde die Selbstmedikation sozio- und gesundheitsökonomisch analysiert und bewertet. Die Gutachter kamen dabei zu dem Schluss, dass durch Selbstbehandlung, in der Regel mit rezeptfreien apothekenpflichtigen Arzneimitteln, derzeit ein Entlastungseffekt von 21 Milliarden Euro pro Jahr für die GKV bei der Arzt- sowie Arzneimittelversorgung zu verzeichnen ist. Einsparungen auf volkswirtschaftlicher Ebene – zum Beispiel durch vermiedene Krankschreibungen – sind dabei noch nicht mit eingerechnet. Diese belaufen sich dem Gutachten zufolge auf weitere 6 Milliarden Euro.
Eine aktuelle Untersuchung, die darauf abzielte, zu erfassen, mit welchen Maßnahmen Apotheken die Therapietreue der Patienten fördern können, zeigt: Das Potenzial der Apotheken, Kosten einzusparen, ist zumindest in Deutschland bei Weitem nicht ausgeschöpft – denn derzeit werden bis zu 6 Milliarden Euro jährlich durch Non-Compliance im Gesundheitswesen verschwendet.
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