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Wegen fehlender Patientenkarte
Vorzeitiges Aus für Orfiril-Saft von CC Pharma
Eigentlich wollte Importeur CC-Pharma seinen Orfiril-Saft noch bis zur selbst beantragten Löschung der Zulassung abverkaufen. Jetzt wird die Frist aber vorzeitig beendet. Grund ist laut CC Pharma die Patientenkarte, die demnächst für alle Valproat-haltigen Arzneimittel Pflicht ist.
Der Importeur CC Pharma ruft seinen Orfiril-Saft zum 1. Mai – und damit früher als geplant – zurück. Das teilt die Firma über die Arzneimittelkommission der Apotheker mit. Warum früher als geplant? CC Pharma hatte die Zulassung auf eigenen Antrag löschen lassen. Ursprünglich sollte das Antiepileptikum mit dem Wirkstoff Valproinsäure noch bis 1. Juli 2018 abverkauft werden. Nun kam dem Importeur aber ein Stufenplanverfahren dazwischen, das ihn zum vorzeitigen Rückruf zwingt, wie CC Pharma erklärt. Schuld ist ein Beschluss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukt (BfArM), der besagt, dass allen Valproat-haltigen Arzneimitteln in Zukunft eine Patientenkarte beiliegen muss. Diese soll sicherstellen, dass Frauen, die diese Arzneimittel anwenden, die Risiken einer Valproatexposition im Mutterleib kennen und verstehen. Die Hersteller müssen ihre Patientenkarten bis 29. April 2017 beim BfArM anzeigen.
Da aber CC Pharma die Löschung der Zulassung beantragt und die Aufsichtsbehörde diese auch schon vollzogen hat, kann die Firma nicht mehr nachbessern und muss ihr Produkt „Orfiril CC Pharma 250 ml“ vom Markt nehmen – und zwar alle Chargen. Apotheken sollen ihre Bestände überprüfen und bis 26. Mai 2017 an den Kundenservice von CC Pharma melden. Die Ware wird dann abgeholt und gutgeschrieben.
Neue Diskussion um die Sicherheit
Die Patientenkarte soll eingeführt werden, weil auf europäischer Ebene erneut die Sicherheit von Valproinsäure diskutiert wird. Aus einigen Ländern, darunter Frankreich, gibt es Zweifel, ob die infolge eines Risikobewertungsverfahren gemachten Auflagen ausreichend wirksam sind, das Risiko für Fehlbildungen zu minimieren. Die Auflagen beinhalten beispielsweise Schulungsmaterialien und eine Patienteninformationsbroschüre, die über die mit Valproat verbundenen Risiken in der Schwangerschaft informieren sollen. Außerdem müssen behandelnde Ärzte und Patientinnen beziehungsweise gesetzliche Vertreter mit ihrer Unterschrift bestätigen, dass eine entsprechende Aufklärung erfolgt ist.
Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hatte die EMA aufgefordert, die bestehenden Maßnahmen zu evaluieren und möglicherweise weitere zu veranlassen. Vor Kurzem hat der Pharmakovigilanzausschuss der EMA, PRAC, den Start des Verfahrens bekannt gegeben.
Vor dem Hintergrund dieser erneuten Diskussion auf europäischer Ebene ist auch das BfArM aktiv geworden. Die deutsche Aufsichtsbehörde hält die Einführung einer Patientenkarte für erforderlich. Diese muss jeder Originalpackung beiliegen und mit dem Symbol der „blauen Hand“ versehen werden (dieses der „roten Hand“ nachempfundene Logo wurde 2016 eingeführt, um „angeordnetes und behördlich genehmigtes“ Schulungsmaterial zu kennzeichnen). Den Ausgang des EMA-Verfahrens will man in Deutschland dabei nicht abwarten. Für CC Pharma und ihren Orfiril Saft wäre das besser gewesen. Doch die Einführung der Patientenkarte wurde Anfang April per Stufenplanbescheid angeordnet – sofort vollziehbar.
„Le scandale Dépakine: Wurde in Frankreich das teratogene Risiko von Valproat ignoriert?"
Hier geht es zum Beitrag in DAZ 2017, Nr. 10
Zudem nimmt Professor Dr. Bettina Schmitz Stellung zur Situation in Deutschland. Sie ist seit zwölf Jahren für die deutsche Sektion des europäischen Registers für Schwangerschaften unter Antiepileptika (EURAP) verantwortlich. Sie sagt: „Manchmal gibt es keine Alternativen!“
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