Gröhe über den DocMorris-Automaten

„Arzneimittel sind keine Limo-Dose“

Berlin - 29.04.2017, 09:00 Uhr

Keine Limo-Dose: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kritisiert den Abgabeautomaten in Hüffenhardt von DocMorris. (Foto: dpa)

Keine Limo-Dose: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kritisiert den Abgabeautomaten in Hüffenhardt von DocMorris. (Foto: dpa)


Erstmals hat sich nun auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zum DocMorris-Abgabeautomaten im baden-württembergischen Hüffenhardt geäußert. Der Minister kritisiert das Vorgehen der niederländischen Versandapotheke. Arzneimittelversorgung sei mehr als nur der reine Verkauf.

In der vergangenen Woche hatte DocMorris in Hüffenhardt den Arzneimittel-Abgabeautomaten eröffnet. Nur zwei Tage später erschien das Regierungspräsidium im Landkreis Heilbronn und schloss die Abgabestelle, weil es sich um eine unerlaubte Form des Versandhandels handele, so die Behörde. DocMorris legte allerdings Klage ein und nahm den Automaten wieder in Betrieb, allerdings nur mit OTC-Präparaten. Per Eilantrag will die Versandapotheke nun erreichen, dass auch wieder Rx-Medikamente abgegeben werden dürfen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich nun erstmals zu dem Vorgehen von DocMorris geäußert. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte Gröhe am heutigen Samstag: „Der Streit um einen Arzneimittel-Automaten zeigt, dass Arzneimittelversorgung mehr ist als Arzneimittelverkauf. So einfach wie beim Kauf der Limo-Dose, die aus dem Automaten kullert, ist es nicht. In der Apotheke zählt die Beratung durch Fachpersonal – rund um die Uhr und am Wochenende.“

Gröhe hatte in den vergangenen Monaten nach dem EuGH-Urteil für ein Verbot des Versandhandels mit Rx-Arzneimitteln gekämpft. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte das jedoch blockiert. Die Sozialdemokraten setzen vielmehr darauf, das Apothekenhonorar umzustellen und Rx-Boni begrenzt für alle Anbieter zuzulassen. Obwohl das Verbot sogar auf höchster politischer Ebene im Koalitionsausschuss gescheitert war und gleich drei andere Ministerien juristische Bedenken haben, hatte Gröhe die SPD bis zuletzt aufgefordert, ihren Widerstand aufzugeben.

Auch in dem neuen Interview ließ Gröhe erneut durchblicken, dass er noch an das Verbot glaube. Der Minister sagte: „Ich setze mich für ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten ein. Die SPD-Fraktion im Bundestag sollte ihre Blockade endlich aufgeben und auf die SPD-geführten Landesregierungen in Niedersachsen und NRW hören, die meine Position teilen.“ Wie der CDU-Politiker das Verbot in der verbleibenden Zeit dieser Legislaturperiode durchbringen will, verriet er aber nicht.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Minister bekräftigt Rx-Versandverbot

Gröhe gegen Arzneimittel-Automaten

Protestaktion gegen Rx-Versandverbot

DocMorris wettert gegen Union und Gröhe

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Zuspruch in der Union – bei SPD-Abgeordneten ist noch Überzeugungsarbeit nötig

Gröhe will Rx-Versand verbieten

Postkarten-Aktion zum Rx-Versandverbot

Unionsabgeordnete sind genervt von DocMorris

8 Kommentare

kein Wahnsinn

von Torben Bethlow am 30.04.2017 um 12:05 Uhr

Es geht doch hier um 2 Dinge. Einerseits die Notversorgung die von Apotheken gerne auch zu einem höheren Preis übernommen werden soll, andererseits um die regelmässige Versorgung mit Medikamenten für chronisch Kranke, welche keine Beratung mehr benötigen und den sehr hohen Medimantenpreis in Deutschland nicht mehr mitmachen wollen. Letzteres lässt sich durchaus sehr gut von Versandapotheken übernehmen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Billlig für Chroniker?

von T. La Roche am 30.04.2017 um 18:15 Uhr

Es wird nicht richtiger, wenn man diesen Satz immer wiederholt. Es sind gerade die Chroniker, die die Beratung brauchen. Diejenigen, die viele Medikamente einnehmen brauchen eine Apotheke, die mitdenkt.
Da wird zB der Hustensaft geholt, aber es ist eine Dosiserhöhung beim Pril. Es gibt in jeder Apotheke jeden Tag mehrere Probleme zu lösen. Die tauchen fast ausnahmslos im Gespräch auf.
Es mag Apotheken geben, die sind da nicht so hinterher, aber warum erlauben wir unseren Chronikern nur wegen des Preises generell eine schlechtere Qualität wählen zu können.
Dann schaffen wir die Zuzahlung einfach ab. Als Steuerungsinstrument dient es ohnehin nicht.

AW: Einfacher für Chroniker!

von Torben Bethlow am 01.05.2017 um 19:45 Uhr

Das ist doch unlogisch. Gerade die Chroniker wie ich, die immer die gleichen Medis einnehmen, brauchen doch keine Beratung mehr! Und wenn doch, dann bekomme ich die auch vom Arzt. Weiterhin kann die Apotheke gar nicht mitdenken, denn sie hat nicht den Überblick über alle Medis die eingenommen werden. Nur über die, die abgeholt werden.

AW: kein Wahnsinn

von Norbert Veicht am 02.05.2017 um 11:16 Uhr

Leider hat der Arzt nur in seltenen Fällen einen kompletten Überblick über Ihre Medikation. Erstens verordnet nicht nur der Allgemeinarzt Medikamente für Sie, sondern auch der eine oder andere Facharzt. Diese sollten sich zwar abstimmen, das funktioniert aber sehr oft nur mangelhaft. Außerdem nehmen auch Chroniker ab und zu Medikamente ein, die nicht verschreibungspflichtig sind und daher gar nicht in der Kartei beim Arzt auftauchen. Wenn Ihr Arzt trotz diesen Hindernissen besser Bescheid weiß, welche Medikamente Sie nehmen, bleibt noch der Punkt, wie intensiv er sich mit Arzneimitteln und ihren Wirkungen auskennt. Nach meiner Erfahrung ist das für viele Mediziner ein uninteressantes Nebenfach im Studium das sie irgendwie durchziehen, aber dann nicht unbedingt weiter verfolgen. Für Pharmazeuten ist das meistens der interessanteste Teil im Studium, da er den stärksten Bezug zur Apothekenpraxis hat. Rein deshalb sind da viele Apotheker und Apothekerinnen den Ärzten überlegen. Zudem leisten sich die Apotheken für teures Geld hervorragende Software, die bei der schnellen Suche nach potentiellen Problemen hilft. Ärzte leisten sich sowas nur sehr selten.

Wahnsinn

von Frank Ebert am 29.04.2017 um 13:46 Uhr

DOC MORRIS , der Fall Armi, Bundeswehrsoldat als Flüchtling , Nichtregiestrierung von Flüchtlingen. Behördenversagen in Deutschland ist in 2017 an der Tagesordnung. Und die, die vernünftige Arbeit abliefern sollen sinnlos zerstört werden. Wenn alles in Deutschland so gut funktionieren würde wie die Arzneimittelversorgung, ginge es Deutschland besser. Wenn man sieht mit welchen Dilettanten man es in der Politik zu tun hat , und dann auch noch solch nützliche I. wie Bürgermeister Neff sich vermehren, könnten man nur noch verzweifeln.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Wahnsinn

von Heiko Barz am 29.04.2017 um 16:39 Uhr

Ich danke für diese Feststellung!
Bin gerade im Notdienst und frage mich, wie meine Momentanleistung von einem Versender geleistet werden könnte.
Aber mach das mal einem ignoranten Politiker, der im Moment bei dem Parteitag der FDP eine mit Phrasen gespickte Rede von sich gibt.
Sinnlos!!!

AW: Wahnsinn

von Anita Peter am 29.04.2017 um 17:55 Uhr

Erschwerend kommt hinzu, dass in unserer Gesellschaft alles auf das "Geld" reduziert wird. Werden wir überhaupt noch als Heilberufler wahrgenommen? Das sind alles Versäumnisse unserer Standesvertretung.

Arzneimittel vrs. Trinkdose??

von Heiko Barz am 29.04.2017 um 12:50 Uhr

Es ist erstaunlich mit welch einer Intensität man den Politikern und den 'Reißermedien' diese Tatsache auch noch immer wieder erklären muß.
Immer wieder muß festgestellt werden, dass diejenigen, die das nicht begreifen ( wollen ) eigentlich noch nie richtig krank waren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.