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Buchhandel, Elektro-Artikel, Film und Fernsehen – Branche für Branche hat sich Amazon vorgeknöpft und ist so zum weltgrößten Online-Händler aufgestiegen. Ist nach dem Einstieg in den Lebensmittelhandel vergangene Woche nun die deutsche Apotheke dran? Warum die heute bekanntgegebene Kooperation in München Befürchtungen weckt, zeigt ein Blick auf das bisherige Vorgehen des Konzerns aus Seattle.
Als der neue Online-Buchhändler Amazon.com im Juli 1995 das erste Buch verschickte („Fluid Concepts and Creative Analogies: Computer Models of the Fundamental Mechanisms of Thought“ von Douglas R. Hofstadter), hätte wohl niemand geahnt, dass das Unternehmen nur etwas mehr als 20 Jahre später einen Umsatz von 136 Milliarden Euro machen wird – außer vielleicht Gründer Jeff Bezos. Ihm wird eine Zielstrebigkeit nachgesagt, die zuweilen ins Unerbittliche umschlägt. Zu dieser Charakterisierung passt auch, dass er seine Versand-Buchhandlung ursprünglich relentless.com nennen wollte – das englische Wort für „unerbittlich“ oder „erbarmungslos“. Bis heute landet man auf der US-amerikanischen Amazon-Seite, wenn man diese URL eingibt.
Für Bücher hatte sich Bezos, so heißt es, damals übrigens entschieden, weil es das am wenigsten riskante Produkt gewesen sei: Jeder kennt Bücher, sie sind nicht erklärungsbedürftig, lassen sich leicht lagern und versenden. Für den Namen, weil der Amazonas der größte Fluss der Welt ist – mit unzähligen Neben- und Zuflüssen.
Was den Buchhändlern passiert, ist nicht Amazon. Es ist die Zukunft.
Unerbittlich ist Amazon jedenfalls gegenüber Konkurrenten wie Geschäftspartnern – und den bisherigen Branchengepflogenheiten. Weder mit den Buchhändlern noch den Verlagen zeigte der Newcomer Mitleid. „Was den Buchhändlern passiert, ist nicht Amazon. Es ist die Zukunft“, sagt Jeff Bezos immer wieder. Als sich beispielsweise die Verlags-Giganten Hachette und Bonnier (zu dem u.a. die deutschen Verlage Carlsen und Ullstein gehören.) 2014 dagegen wehrten, dass Amazon zukünftig 50 statt 30 Prozent Rabatt für eBooks haben wollte, verkaufte Amazon die Bücher der beiden Verlagsgruppen monatelang mit Lieferzeiten von bis zu zwei Wochen – obwohl die Verlage voll lieferfähig waren. Auch Ingrid Nolls „Die Apothekerin“ war von diesen künstlich verlängerten Lieferzeiten betroffen. Am Ende einigten sich Amazon und die Verlage auf neue Konditionen, die jedoch nicht bekanntgegeben wurden.
Amazon hat zu viel Macht, und es missbraucht diese Macht zum Schaden Amerikas.
Auch wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Vertriebszentren
gerät Amazon immer wieder in die Schlagzeilen – in Deutschland wie in anderen
Ländern. Doch nicht nur Lager-Mitarbeiter klagen, auch in der Firmenzentrale in
Seattle scheint einiges im Argen zu liegen. 2015 schreibt die „New York Times“,
Amazon führe „ein Experiment durch, wie weit man Angestellte treiben kann, um stetig
steigende Erwartungen zu erfüllen“. So würden die Mitarbeiter angehalten, ihre
Kollegen zu überwachen und zu denunzieren, bei Krankheit oder persönlichen
Problemen laufe man Gefahr, entlassen zu werden. Ein Ex-Mitarbeiter wird mit
den Worten zitiert: „Fast jede Person, mit der ich zusammengearbeitet habe,
habe ich weinend am Schreibtisch sitzen sehen.“
Amazon-Gründer Bezos hat dieser Darstellung immer vehement widersprochen. Das im Artikel dargestellte Amazon sein nicht das Unternehmen, dass er kenne und er glaube nicht, dass seine Mitarbeiter es so kennen – sonst würden sie wohl kaum immer noch dort arbeiten, sagte Bezos.
Fakt ist jedenfalls, dass Amazon heute der größte Online-Händler der Welt ist. Neben Büchern werden heute praktisch alle Artikel, die sich für den Versandhandel eignen, verkauft. Zusammen mit dem zweiten Standbein, dem Vermieten von Server-Kapazitäten für das Cloud Computing unter den Namen Amazon Web Services (AWS), setzt der immer noch in Seattle beheimatete Handels-Gigant heute mehr als 130 Milliarden Euro in Jahr um und hat über 340.000 Mitarbeiter. Und je nach Quelle ist Amazon-Gründer Bezos der zweit- oder drittreichste Mensch der Welt.
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Mit seinem Geld verfolgt Bezos neue Ziele. So hat er im Jahr 200 das Raumfahrt-Unternehmen Blue Origin gegründet. Diese nicht zum Amazon-Konzern gehörende Firma soll eines Tages Weltraum-Touristen ins All bringen. Bezos hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er zu den ersten gehören will, die den Trip unternehmen. Dieser Traum ist ihm viel Geld wert – er soll teilweise bis zu einer Milliarde US-Dollar pro Jahr in Blue Origin gesteckt haben. Doch Bezos invetsiert nicht nur in Raketen, sondern auch in „traditionellere“ Geschäfte: Seit 2013 ist er Eigentümer der 1877 gegründeten „Washington Post“, einer der wichtigsten und renommiertesten US-Tageszeitungen.
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