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Brexit
EU-Politiker wollen EMA gegen EU-Parlament tauschen
Wohin mit der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, die wegen des Brexits aus London ausziehen muss? In Brüssel wird aktuell eine radikale Idee diskutiert: Die EMA solle nach Straßburg ziehen, dafür das EU-Parlament in die belgische Hauptstadt. So könne der monatliche Wanderzirkus der Parlamentarier beendet werden, heißt es in einem DAZ.online vorliegenden Hintergrundpapier.
Die Streitfrage, wohin die Europäischen Arzneimittelagentur EMA im Zuge des Brexits ziehen wird, könnte nach Ansicht mancher EU-Politiker aus Brüssel eine andere lange Auseinandersetzung lösen: Sie sind der Ansicht, dass die Behörde doch ein gutes Geschenk für Frankreich sein könnte – wenn das Nachbarland im Gegenzug das EU-Parlament von Straßburg nach Brüssel umziehen lässt.
Dies hätte für Frankreich wie ganz Europa viele Vorteile, argumentiert ein DAZ.online vorliegendes Hintergrundpapier: Insbesondere könnte der Schachzug den „Wanderzirkus“ beenden, der durch die monatlichen Reisen der EU-Parlamentarier sowie ihrer Mitarbeiter und Dolmetscher von Brüssel nach Straßburg verursacht wird. 100 bis 200 Millionen Euro soll dies nach Schätzungen jährlich verschlingen, heißt es.
Die Ansiedelung der EMA in Straßburg könnte wiederum eine große Chance für die Stadt sowie die nähere Umgebung im Elsass und auf der anderen Rheinseite in Baden sein. Die EMA bringt nicht nur rund 900 Arbeitsplätze mit sich, sondern auch viel Kompetenz im Pharmabereich – und Geschäftsmöglichkeiten für Dienstleister aus der Arzneimittelbranche. 36.000 Experten würden jährlich die EMA besuchen, heißt es im Papier – was die Hotels in Straßburg deutlich besser auslaste als die auf wenige Tage im Monate konzentrierte Anwesenheit der Parlamentsabgehordneten.
Ist Frankreich für den Tausch bereit?
Da Fortschritte bei der Frage nach dem Sitz des EU-Parlaments im Interesse aller EU-Mitgliedsstaaten sein sollten, könnte ein EMA-Tausch tatsächlich eine gangbare Lösung sein. Bis auf Zypern und baltische Staaten haben alle zukünftig 27 Mitgliedsstaaten sich als neues Sitzland der Behörde empfohlen, der Streit um diese Entscheidung dürfte schwer zu lösen sein. Doch wird Frankreich sich dazu bewegen lassen, das prestigeträchtige Parlament für eine Behörde einzutauschen?
Unklar ist auch, ob der Zeitpunkt für die Diskussion nicht zu ungünstig ist: Selbst wenn der europafreundliche neue französische Präsident Emmanuel Macron sich persönlich für die Idee erwärmen können sollte, dürfte eine Diskussion um einen „Raub“ des Parlaments Wasser auf die Mühlen nationalistischer Kräfte sein – und das ausgerechnet vor der anstehenden Parlamentswahl in Frankreich. Offenbar aus Sorge um einen möglichen Rechtsruck wollen sich derzeit auch die hinter dem Vorstoß stehenden EU-Parlamentarier nicht zitieren lassen.
Sie würden mit dem EMA-Deal auch ein ganz neues Fass aufmachen: Für einen Umzug des Parlaments müssten die europäischen Verträge geändert werden, was weitere grundsätzliche Fragen aufwerfen würde. Doch im Parlament gab es bereits erste Anzeichen, dass dies nicht ausgeschlossen ist: Es hatte Ende April in einem Beschluss festgestellt, „dass durch den Austritt des Vereinigten Königreichs und durch die Notwendigkeit, die europäischen Agenturen, die ihren aktuellen Sitz im Vereinigten Königreich haben, neu anzusiedeln, eine hervorragende Gelegenheit gegeben ist, mehrere Probleme gleichzeitig zu lösen“.
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