USA

Amazon will selbst zur Apotheke werden

Stuttgart - 23.05.2017, 07:00 Uhr

Arzneimittel auf dem Versand-Fließband? Der Versand-Gigant Amazon könnte in den USA schon bald selbst zur Apotheke werden. (Foto: dpa)

Arzneimittel auf dem Versand-Fließband? Der Versand-Gigant Amazon könnte in den USA schon bald selbst zur Apotheke werden. (Foto: dpa)


Nach dem Amazon gerade in München mit der Bienen-Apotheke die erste Arzneimittel-Belieferung innerhalb einer Stunde gestartet hat, verdichten sich die Anzeichen, dass der Online-Gigant in den USA selber zur Apotheke werden möchte.

Amazon suche ganz konkret einen „General Manager“ für ein neu aufzubauendes Arzneimittel-Geschäft, meldete der US-Sender CNBC in der vergangenen Woche. Außerdem habe der Onlinehändler begonnen, „allgemein aus dem Apotheken-Bereich“ Mitarbeiter einzustellen, heißt es unter Berufung auf einen Insider. Bereits seit mehreren Jahren gebe es außerdem mindestens ein jährliches Meeting in der Unternehmenszentrale, in dem die Frage diskutiert werde, ob man ins Apotheken-Geschäft einsteigen solle. Das hätten zwei Quellen bestätigt.

Laut CNBC hat Amazon im April in Japan Arzneimittel in das Angebot des Prime-Now-Service aufgenommen, auch in England und seit Kurzem in München können sich Amazon Prime-Kunden Arzneimittel und Apothekenprodukte innerhalb einer Stunde liefern lassen. Dieses Angebot funktioniert aber in Zusammenarbeit mit örtlichen Apotheken, die die eigentlichen Lieferanten sind – Amazon stellt nur die Bestell- und Lieferlogistik zur Verfügung. Die US-Pläne deuten nun aber darauf hin, dass Amazon auch selbst zur Apotheke werden will.

Forbes prophezeit Potenzial im Apotheken-Geschäft 

Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes glaubt, dass das Apotheken-Geschäft großes Potenzial für Amazon hätte. Der amerikanische Gesundheitsmarkt habe ein Gesamtvolumen von drei Billionen US-Dollar, mit einem erwarteten durchschnittlichen Wachstum von jährlich 5,8 Prozent bis 2024. Alleine der Apothekensektor könnte für Amazon ein „Multimilliarden-Markt“ werden.

Branchen-Experten sehen allerdings durchaus Schwierigkeiten auf den Online-Giganten zukommen: So gebe es schon heute starke Player auf dem US-Gesundheitsmarkt, allen voran die großen Apothekenketten wie CVS und Walgreens, aber auch Supermärkte wie Wal-Mart, die ebenfalls Apotheken betreiben. Deswegen sei das Rabatt-Niveau schon relativ hoch, für Amazon werde es schwer, bessere Einkaufskonditionen als die etablierten Apotheken zu bekommen. Forbes erinnert in diesem Zusammenhang aber an die „tiefen Taschen“, die Amazon habe – und die Bequemlichkeit der Kunden, die ihre Arzneimittel vielleicht gerne über ihren Amazon-Account bestellen möchten.

Widerstand gegen Amazon Fresh

Auf Widerstand stößt derweil Amazons neues Lebensmittel-Angebot Fresh. In Berlin können sich Amazon Prime-Kunden frische und gekühlte Lebensmittel wie bei Prime Now in einem vom Kunden festgelegten Zwei-Stunden-Fenster liefern lassen. Der stationäre Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ist angesichts des ohnehin hohen Wettbewerbsdrucks und der niedrigen Margen in Deutschland alarmiert – und scheint nicht gewillt, Amazon das Feld kampflos zu überlassen. Wie die „Lebensmittel Zeitung“ (LZ) in ihrer aktuellen Ausgabe schreibt, droht der Lebensmittel-Discounter Lidl mit Auslistung, sollten seine Lieferanten mit Amazon zusammenarbeiten. Laut LZ plant Amazon die Expansion des Fresh-Angebots in weitere deutsche Großstädte, als nächste Station sei München geplant. Dort sind mit Kochhaus und dem Bio-Supermarkt Basic zwei Lebensmittelhändler Teil des Prime Now-Angebots, die in Berlin über Amazon Fresh liefern. 


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4 Kommentare

Amazon und Arzneimittel ?

von Heiko Barz am 26.05.2017 um 12:07 Uhr

Das Berufsbild des Apothekers hat von je her eine ausgewiesene, sozialgewandte akademische Ästhetik.
Diese geht ja dann wohl der Feldbestimmung von Amazon völlig ab.
Ich glaube nicht, dass diese Konzerne eine personenbezogene Verantwortung für Patienten überhaupt in Erwägung ziehen.
Solange "deutsche Schnäppchenjäger" nicht wirklich krank werden, werden die verantwortungslosen, von "Heuschrecken" dominierten Versender fröhliche Urstände feiern.
Da wird dann schon mal eine umfangreiche Arzneimittelbestellung für kommende grippale Infekte geordert, um Versandfreiheit und Boni abgreifen zu können.
Für dieses Phänomen sollte sich Herr Glaeske mal interessieren!

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Amazon und der "mündige" Verbraucher

von sorglos am 23.05.2017 um 8:16 Uhr

Es liegt in der Hand der Verbraucher, diese Übernahme des deutschen Marktes durch amazon zu unterbinden oder zu pushen. Es zeigt die "Intelligenz" der deutschen Verbraucher - sie checken nicht, dass sie ihren eigenen Arbeitsplätze kauptt machen, sie checken nicht, dass die Übermacht der amerikanischen Konzerne (amazon, google, facebook etc. nur eins im Sinn haben: ALLES, was sich zu Geld machen läßt in Europa, zu unterjochen. Dass die Verkäuferin, dass der Apotheker um die Ecke schneller, persönlicher, besser und menschlicher sind, interessiert nicht. Aber der Verbraucher hat es in der Hand, diesem Schwachsinn ein Ende zu machen. Ein Bienenapotheker, der nicht in der Lage ist, seinen Botendienst durch eigenes Personal persönlich, menschlich, hilfsbereit und Kontakt zur Apotheke haltend, zu organisieren ist für mich eines: NUR noch Kaufmann.

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AW: Amazon und der "mündige" Verbraucher

von Markus am 10.10.2017 um 8:58 Uhr

Nein, der Verbraucher "checkt" sehr wohl, dass es einfacher ist, eine Bestellung auf dem Handy auszulösen und dabei auch noch die berühmten Apothekenpreise zumindest teilweise zu umgehen. Genauso "checken" sie auch, dass es vollkommen überflüssig ist, in jeder Hauptstrasse 3 hochbezahlte Apotheker zu finanzieren.
Die deutschen Apotheker "checken" aber nicht, dass es noch nie etwas gebracht hat, an verkrusteten Strukturen festzuhalten. Lobbyismus funktioniert diesbzgl. nur so lange, bis der Damm bricht und die Konkurrenz von Aussen alles Bestehende wegschwemmen.

AW: Amazon und der "mündige"

von Benny am 10.10.2017 um 10:28 Uhr

Lieber Andreas,
die drei Apotheken auf der Hauptstraße sind eben da, weil der "mündige Verbraucher" sie dort will. In Deutschland gibt es - anders als in anderen Ländern wie z.B. Österreich - keine Nedarfsplanung und keine Niederlassungsbeschränkungen. Es herrscht Wettbewerb. Wenn Sie den "mündigen Verbraucher" auch bei Arzneimitteln wollen, dann ist eine Aussage wie " in jeder Hauptstraße 3 hochbezahlte Apotheker zu finanzieren" ausgemachter Quatsch, denn offenbar will es der "Verbraucher" genau so, sonst würden sich die drei Apotheken im Wettbewerb nicht halten. Oder Sie wollen Regulierung - also z.B. die Regel, dass es pro 5000 Einwohner eine Apotheke geben soll, diese aber mind. x km auseinander liegen sollen. Das aber wären dann "verkrustete Strukturen". Nur beides gleichzeitig kritisieren - das ist inkonsequent.

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