DAZ-Interview mit Michael hennrich (CDU)

„Am Versandhandel ist nichts digital“

Stuttgart - 10.08.2017, 07:00 Uhr

Dass der Gesundheitsbereich vom EuGH wie ein normaler Markt behandelt wird, kann Michael Hennrich(CDU)  nicht nachvollziehen. (Foto: Külker)

Dass der Gesundheitsbereich vom EuGH wie ein normaler Markt behandelt wird, kann Michael Hennrich(CDU)  nicht nachvollziehen. (Foto: Külker)


Michael Hennrich von der CDU würde gern auch in der nächsten Legislaturperiode das Amt des stellvertretenden gesundheitspolitischen Sprechers übernehmen. Im Interview erklärt er, welche Ursachen er für den Apothekermangel sieht und warum er kein Verständnis für die Begründung des EuGH-Urteils hat.

Die Situation der Arzneimittelversorgung kennt Hennrich aus seinem eigenen Wahlkreis Nürtingen, den er als Abbild der Gesamtlage beschreibt. „Wir haben eine gute Versorgung in den Städten und eine langsam bröckelnde Versorgung auf dem Land“. Hennrich ist wichtig, dass die Apotheken als niederschwellige Anlaufstellen erhalten bleiben und „in Notfällen eine qualifizierte und persönliche wohnortnahe Rund-um-die-Uhr-Versorgung“ vorfindet. Privat habe er zwar keine Stammapotheke sondern nutz unterschiedliche Apotheken, die „im konkreten Fall am nächsten sind“, jedoch war er immer zufrieden. „Die Beratungen in der Apotheke haben immer meine Erwartungen erfüllt.“ Deshalb gäbe es für ihn auch keine Notwendigkeit, Arzneimittel im Versandhandel zu bestellen. Dieser trage seiner Meinung nach auch dazu bei, dass einigen Apotheken vor Ort zukünftig die Mittel fehlen könnten, um wirtschaftlich zu bestehen. Das EuGH-Urteil sei auch keine Lappalie, findet Hennrich. Gerade für die Menschen vor Ort sei es wichtig, eine funktionierende Infrastruktur zu erhalten. „Ich möchte nicht, dass die Menschen sich erst eine Stunde lang im Internet die günstigste Apotheke suchen, dann tagelang auf ihr Arzneimittel warten müssen und bei Problemen stundenlang in einer Warteschleife hängen, bis sie die Antwort aus Irland oder den Niederlanden bekommen, dass man ihnen nicht weiterhelfen kann.“

Keine Versprechungen zum Versandverbot

Dass der Gesundheitsbereich vom EuGH wie ein normaler Markt behandelt wird, kann Hennrich nicht nachvollziehen. „ Die Begründung des Urteils bringt mich nach wie vor zur Weißglut“. Aber auch für die Position der SPD hat er wenig Verständnis, gerade vor dem Hintergrund anderer handelsrechtlicher Themen. „Im Rahmen von TTIP und CETA macht man sich da große Sorgen über zu viel Einfluss internationaler Großkonzerne. Dann wird das Thema im Apothekenbereich konkret und was passiert… Schade!“ Dennoch will sich Hennrich mit Versprechungen zum Versandhandelsverbot nach der Wahl zurückhalten. Das Thema werde aber auf jeden Fall auf den Verhandlungstisch kommen. „Ob wir uns damit durchsetzen können, lässt sich heute überhaupt nicht sagen, das wäre reine Spekulation.“ Immerhin ist unklar, in welchen Konstellationen überhaupt verhandelt werde und mögliche Koalitionspartner sprechen sich gegen das Versandhandelsverbot aus.



Dr. Mathias Schneider, Apotheker, Volontär DAZ
redaktion@daz.online


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10 Kommentare

Beruf schlecht reden: Genau so läuft´s!

von Wolfgang Müller am 11.08.2017 um 11:14 Uhr

Man kann das jetzt nach jeweils drei neuen Posts eigentlich einfach immer wieder dazwischen schieben:

"Wenn es eines weiteren Beweises bedurft hätte ......."

Wohltuend, abgewogen und klug dagegen, was Christian Becker sagt.

Ansonsten, mal ein bisschen was noch Deutlicheres von einem, der das Ganze noch - wie naiv, wie naiv; hat der vielleicht noch nicht genug Mietshäuser? - erhalten oder sogar zum Besseren wenden will an die Schlechtreder:
Ich habe insgesamt immer mehr das sehr strenge Gefühl, als Erstes müssten wir die Freude am wohligen Untergangs-Schauer bei den Kollegen beseitigen, die im realen Markt der öffentlichen Apotheken SELBER vielleicht gar nichts (mehr) verlieren können. Weil selber schon ausgestiegen, in lukrativem Amt und Würden, nur (noch) publizistisch oder als Berater tätig, als Angestellter fast schon im Vorruhestand, als "Junger" schon woanders untergekommen o. ä..

Damit die anderen konstruktiv daran arbeiten können, die Umstände vor Allem auch Standes-intern zu optimieren, um nicht noch die letzten Christian Beckers endgültig mit wohligem Schauer zu verschrecken.

Weil der Beruf FRÜHER mal SOOOOO schön war (ein sanftes Ruhekissen für fast alle, wahrscheinlich), und jetzt "Nur noch schachtelschubsende Rabattvertragsknechte wir sind!"

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Schlechtreden

von Manfred Lagger am 10.08.2017 um 22:13 Uhr

Wer jeden Tag an der Theke steht weiß-der Beruf ist schlecht.
Ditzel redet davon, dass so manch angestellter Apotheker u.a mit etwas Übertarif hofiert wird. Was sind die paar Euro, wenn man dann nach mehr als 100 Kundenvorgängen nebst Telefonaten und PTA Zwischenanfragen abends nervlich am Ende ist. Da wir vorbestellt und umgebucht, mit einer hochsensiblen Ware, was das zeug hält. Man ist extremfFremdbestimmt von allem Seiten und soll noch dafür volle Verantwortung übernehmen. Wer soll da noch ab 55 bis 60 vorne den Clown machen?

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Heinrich

von Alexander Zeitler am 10.08.2017 um 19:55 Uhr

Lese gerade in diversen Zuschriften, wir würden unseren beruf schlecht reden. Da gibts nichts schlecht zu reden. ES IST SCHLECHT!!. Fragen Sie z.B. mal die jungen teilweise promovierten KollegInnen in der Apotheker Bigband Bin ein alter bei denen). Da will niemand in die öffentliche Apotheke. Das war in den 70-ern ganz anders. Fast alle meiner KommilitonInnen waren früher oder später selbstständig. Jetzt kann ich beeobachten, wie deren Apotheken nach und nach schliessen. Alles Loser?, schlechte Geschäftsleute? Nein , weil s.o. das Drumherum ist Schlecht.
Nun zu Hernn Heinrich: Der möchte irgendwas werden, ohne etwas zu versprechen, z.B. zum Versandhandel.
Hahaha...
Dann soll er mal schön Wähler finden. Denke, wir Apotheker sind da nicht dabei.
Denke, da war jetzt nix dabei, was gegen die NETTIquette verstösst.

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"Eigenen Beruf selbst schlechtreden": Genau so läuft´s!

von Wolfgang Müller am 10.08.2017 um 14:57 Uhr

Wenn es eines weiteren Beweises bedurft hätte .......

Es stimmt schon, liebe Kollegin Müller, die rot-grüne Koalition hat die Bedingungen unseres Berufes deutlich verschlechtert. Gerade die Möglichkeit zur Filialisierung hat die Möglichkeit einer eigenen Apotheke für viele von uns sehr verschlechtert, ganz einfach, weil es langfristig vielleicht nur noch ein Drittel bis ein Fünftel der damaligen Apotheken-Besitzer geben wird (wieso ein FÜNFTEL? Kleine Denksport-Aufgabe).

Wie lange ist das jetzt her? Über 10 Jahre! Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Kurz zu sagen: "Scheiße aber auch, Preisfreigabe, Versandhandel, Filialen! Nicht zu fassen!" und dann: kontinuierlich das Beste für ALLE daraus zu machen, Selbständige, Angestellte, Einzelapotheken, Große, Kleine, Filialisten, Filialleiter, Versender, stationäre etc. Weil es sich nicht mehr zurückdrehen lässt.

Und es gibt die Möglichkeit, den real existierenden Beruf in der Folge in anschwellendem Bocks- und Zicken-Gesang nur noch SCHLECHTZUREDEN. Was - wie man gesehen hat - die Gefahr birgt, das SCHLECHTESTE daraus zu machen. Stichwort: ApoBetrO 2012, z. B.

Mentalitätsfrage, eben. Und eben Etwas, wo nicht nur Herr Hennrich, sondern auch man selbst als Off-Mainstream-Apotheker daran verzweifeln kann ....... Okay, Herr Hennrich verzweifelt nicht daran, er findet´s nur bescheuert, auch wenn er das nicht so deutlich sagt.

Der beste Beweis und das Schlimmste Beispiel für das Schlechtreden ist übrigens Alles um das vollkommen fehltitulierte "Perspektivpapier für die Öffentliche Apotheke" herum. Da sagen Mainstream-Kollegen rumsdibums (gaaaar nicht schlechtredend?) "Ohne das Medikationsmanagement können wir sowieso aufgeben", echte Honoratioren und verwegene, ausgezeichnete Jung-Dynamiker, sogar. Und dabei ist es offensichtlich, dass mit dem "Medikations-Manager" im Perspektiv-Papier ein Beruf kreiert wurde, für den es gar keine Öffentliche Apotheke braucht. Geschweige denn, dass er nur von Apothekern auszuüben wäre! Oder auch nur ein Fünfzigstel damit zu verdienen wäre wie mit unserem aktuellen Packungs-Honorar. Eine schöne Bereicherung und ein neues Tätigkeitsfeld für EINIGE Approbierte, wo auch immer, AUCH in der Öffentlichen. Aber ein "Perspektivpapier für die ÖFFENTLICHE Apotheke?" Doch nur deshalb, weil die öffentliche Apotheke von Allen, die daran in heiligem Furor mitgestrickt haben, zuvor SCHLECHTGEREDET wurde.

Mit aller mir zur Verfügung stehenden Arroganz: KANN man das inzwischen eigentlich anders sehen?

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AW: "Eigenen Beruf selbst schlechtreden"

von Christian Becker am 10.08.2017 um 15:50 Uhr

Ich finde auch, dass es einen Unterschied zwischen "schlechtreden" und "realistisch beschreiben".

Mir macht der Beruf als angestellter Offizinapotheker meist viel Spaß, wenn Retaxgefahr und insbesondere Hilfsmittelwahnsinn den auch temporär dämpfen - was ich im praktischen Jahr in der Wirtschaft gesehen habe, hat mich jedoch so wenig begeistert, dass ich da trotz der besseren Bezahlung und fehlender KV-Gängelung nicht unbedingt hin will.
Aber selbständig machen? Löhne, Nebenkosten, IT, und und und... und dabei ständig wissen, dass die Leute denken, man würde sich eine goldene Nase verdienen und von der Politik ständig einen aufs Dach bekommen...
Das muss man einfach auch sehen.

Beruf schlecht reden / pharmazeutischer Sachverstand

von Lisa Müller am 10.08.2017 um 12:58 Uhr

Diese reden nach seinem Eindruck oftmals den eigenen Beruf schlecht und verkennen, dass die Bevölkerung auf ihren pharmazeutischen Sachverstand angewiesen ist.

Na ja, was heisst hier schlecht reden. Fakt ist, dass nach der rot-grünen Gesundheitsreform die Arbeits- bzw. Existenzbedingungen für kleinere Apotheken sehr viel schlechter geworden sind. Meist springt man selber ein wenn jemand krank ist oder in Urlaub. Von Rücklagen für dringende Investitionen kann man nur träumen.

"das die Bevölkerung auf den pharmazeutischen Sachverstand angewiesen ist",

Außerdem was nützt mir mein pharmazeutischer Sachverstand, wenn
• ich an die Retaxationen denke. Nur ein Beispiel (bevor der Austausch verboten wurde): verordnet ist ein Blutverdünner der ausser Handel ist. Es ist aber ein Präparat im Handel mit der gleichen Zusammensetzung bezüglich Arzneistoff und Hilfsstoff wie das verordnete und ein Rabattarzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff aber anderen Hilfsstoffen. Es wurde das Arzneimittel mit gleicher Wirk-und Hilfsstoffzusammensetzung abgegeben. Dann kam die Retaxation - wir hätten das Rabattarzneimittel abgeben müssen. Ein Einspruch wurde nicht anerkannt. Nun ist der Austausch ja verboten. Nur soviel zum pharmazeutischen Sachverstand.
• Es werden ordnungsgemäß rote Rezepte ausgestellt zu Lasten des Sozialamtes. Die Apotheke ist zur Prüfung des Kostenträgers nicht verpflichtet. Das Arzneimittel wird abgegeben. Die Bezahlung des Rezeptes wird aber abgelehnt. Auf den Kosten bleibt die Apotheke sitzen- oder man wird detektivisch Tätig, was sehr viel Aufwand bedeutet - oder man fragt jedes Rezept an ob die Kosten übernommen werden - ist auch aufwändig. Am Freitag Nachmittag -ist natürlich keiner mehr da der Anfragen beantworten kann - steht man vor der Entscheidung gebe ich das ab oder frage ich Montag erst an. Die Entscheidung wird einem abgenommen, es besteht eine Pflicht Rezepte in angemessener Zeit zu beliefern. Bezahlung? Wen kümmert's.

Der Beruf wird also von den Apothekern nicht schlecht geredet. Die Arbeitsumstände, der Verdienst und die Arbeitsbedingungen sind seit der rot-grünen Gesundheitsreform leider (extra?) so unattraktiv gemacht worden.
Man kann das auch Mobbing nennen. Wer macht schon Sonntagsdienst ab 9:00h bis Montag morgen 9:00 und bleibt auch noch bis Montag abend, weil sich jemand krank gemeldet hat oder weil man sich schlichtweg keine Vertretung für den Sonntag leisten kann. Das macht man als Selbstständiger - tarifvertraglich wäre das verboten.

Diese Umstände sollten die jungen Leute kennen, bevor sie sich Selbstständig machen und vor dem Hintergrund ist es auch verständlich, wenn sie sich für etwas anderes entscheiden.

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AW: Beruf schlecht reden / pharmazeutischer

von Alexander Zeitler am 10.08.2017 um 20:01 Uhr

Liebe Lisa Müller,
GENAU SO IST ES.SIE TREFFEN DEN NAGEL AUF DEN KOPF:
DANKE

Unnötige Versanhandelsdiskussion.

von Heiko Barz am 10.08.2017 um 12:06 Uhr

Ich möchte wiederholt betonen, dass die Gesundheitversorgungskriterien in der Rechtshoheit der einzelnen EU Länder verankert sein sollten. Die meisten der EU Staaten lassen sich auch deshalb gar nicht in ihre Hoheitsrechte hineinreden.
Wir aber, Deutschland als Musterschüler der EU, sind nun mal verdammt, Alles und Jedes mit irgendwelchen EU Kommissaren abzustimmen und sind dabei, deren persönlichen Empfindungen ohne jede eigene Kritik in sklavenhaltiger Demut nachzugeben.
Das allerdings haben wir auch unserer Kanzlerin zu verdanken, die sich nie, auch aus bestimmten Eigennutz, gegen ein EU-Urteil stellen würde und sei es auch noch so, wie in unserem Fall, berufsdegradierend.
Dabei frage ich mich dann, warum sich andere Staatsführer gegen unsinnige EU Gesetze erfolgreich zur Wehr setzen, um Schaden von ihrem Volk abzuwenden.
Gibt es da nicht auch einen Kanzler Eid?
Komisch, immer wenn es wichtig wird, erinnert sich niemand mehr seiner Verpflichtungenen.
Sind wir denn so viel weniger Wert als die anderen selbstbestimmten EUStaaten?
Welche Lobbyisten inthronisieren eigentlich die Generalanwälte der EU? Oder darf man so was heute gar nicht mehr fragen?

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VH

von Anita Peter am 10.08.2017 um 8:19 Uhr

Natürlich ist am Versandhandel nichts digital. Aber das ist egal, denn Politiker wie Frau Zypries und Konsorten geben die Meinung dessen wider, der am meisten bezahlt und wer die besten Nebenpöstchen bietet. Vielleicht hat auch ihre Statements DoMo vorher quer gelesen und angepasst.
Wir leben in einer Welt in dem das Großkapital das Sagen hat. Wer das noch als Verschwörungstheorie abtut, muss die letzten Jahrzehnte im Tiefschlaf gewesen sein.

Das RXVV wird nicht kommen, da kann die CDU erzählen was sie will. Denn bedenke "Nirgends wird mehr gelogen als nach der Jagd und vor der Wahl...."

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AW: VH

von Hubert Kaps am 10.08.2017 um 12:36 Uhr

Mittlerweile ist zahlreichen Politikern in Berlin klar, dass mit einer Deregulierung des AM-Marktes gigantische Probleme aufkommen, denn dieser ganze Liberalismus müsste ja irgendwie reguliert werden. Denn eines ist auch klar: Ein funktionierendes flächendeckendes Distributionssystem ist allemal besser als ein konzerngesteuertes Rabattgeschacher.
Ich bleibe optimistisch, was das Rx-Versandhandelsverbot betrifft, fürchte aber Probleme bei der Honorardiskussion. Das wird der Deal werden, wir werden indirekt dafür bezahlen. Ist mir aber trotzdem lieber.

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