Broschüre zum Rx-Versandverbot

Der Apothekenmarkt aus der Sicht von DocMorris

Berlin - 06.09.2017, 14:10 Uhr

Broschüre zum Versandhandel: Die EU-Versandapotheke DocMorris verschickt an Bundestagskandidaten derzeit eine Informationsbroschüre zum Versandhandels-Konflikt. (Foto: DAZ.online)

Broschüre zum Versandhandel: Die EU-Versandapotheke DocMorris verschickt an Bundestagskandidaten derzeit eine Informationsbroschüre zum Versandhandels-Konflikt. (Foto: DAZ.online)


Die niederländische Versandapotheke DocMorris mischt sich in den Bundestagswahlkampf ein. Rund zweieinhalb Wochen vor der Wahl verschickt der EU-Versender an Bundestagskandidaten eine Broschüre mit dem Namen „Der Rx-Versandhandel: Mythen und Fakten“. In dem Papier erklärt DocMorris unter anderem, „bis auf wenige“ Ausnahmen Rezepturen herzustellen und mehr Pflichten als eine Vor-Ort-Apotheke zu haben.

Relativ ruhig war es in den vergangenen Wochen um die EU-Versandapotheke DocMorris geworden. Hatte der EU-Versender in den Wochen und Monaten nach dem EuGH-Urteil im Rahmen einer breit angelegten PR-Kampagne noch laut gegen das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante Rx-Versandverbot protestiert, hat man in den vergangenen Wochen wenig aus der PR-Schmiede der Niederländer gehört. Überraschen dürfte das nicht: Schließlich ist das Versandverbot aufgrund der nahenden Wahl vorerst vom Tisch und DocMorris kann wahrscheinlich bis ins nächste Jahr hinein Rx-Arzneimittel versenden und beliebig hohe Rx-Boni anbieten.

Mit dieser Ruhe ist nun aber Schluss. Die Versandapotheke verschickt in diesen Tagen E-Mails an Kandidaten für den nächsten Deutschen Bundestag. Völlig unklar ist, an wie viele Politiker und an welche Parteien DocMorris die Broschüre schickt – das Unternehmen wollte sich zu allen Fragen von DAZ.online über das Papier nicht äußern. Im Anschreiben an die Politiker beschwert sich Vorstandsmitglied Max Müller darüber, dass die Debatte um den Versandhandel von einigen Beteiligten „nicht faktenbasiert, sondern interessengeleitet“ geführt werde. Und weiter: „Um zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren, habe ich mir erlaubt, Ihnen eine Faktenübersicht unsererseits beizulegen.“

In der Broschüre selbst listet der EU-Versender zahlreiche Argumente auf, die aus seiner Sicht gegen ein Rx-Versandverbot sprechen. Unter anderem heißt es darin, dass das Verbot insbesondere Chroniker, Gehbehinderte, finanziell schlechtergestellte Menschen und Bewohner ländlicher Regionen treffen würde. DocMorris legt dazu eine Deutschlandkarte zur Apothekendichte bei (s. unten), die aus einem Informationsportal des Forschungsministeriums stammt. Mit Blick auf Menschen in Regionen mit einer geringen Apothekendichte erklärt der EU-Versender: „Würde der Versandhandel wegfallen, wäre ihre Arzneimittelversorgung massiv erschwert.“

(Grafik: DocMorris)


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Reaktion

von Florian Becker am 07.09.2017 um 15:26 Uhr

Die meisten der "Argumente" in dieser DocM Werbebroschüre dürften relativ einfach als Scheinargumente zu entlarven sein.
Fragt sich nur, ob sich in der ABDA-Öffentlichkeitsarbeit jemand die Mühe machen wird, darauf zu reagieren.
Eigentlich sollte das selbstverständlich sein.. Leider kann man sich angesichts der Erfahrungen aus der Vergangenheit alles andere als sicher sein, dass das auch passiert.
Es wäre aus meiner Sicht aber absolut sträflich, diese Beeinflussung der Bundestagskandidaten unbeantwortet zu lassen. Denn bis zum Beweis des Gegenteils werden die alles was da steht für bare Münze nehmen!
Und nein, lustige Postkarten sind DARAUF keine adäquate Antwort!!

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Lieferung in 2 Tagen? Haha. Süß.

von Wedel Wink am 06.09.2017 um 21:06 Uhr

Wow - 2 Tage? Hier - in einem Gebiet mit "sehr geringer" Apothekendichte - braucht man maximal 1 Tag unter widrigen Bedingungen. Kühli, BTM, Verbund, Lieferung Botendienst - ihr kennt das ja.
Alles, was so viel länger braucht sind meisten entweder Defekte, Maßanfertigungen oder Herstellerbezüge. Mich würde sehr interessieren, wie dort die "ach so tollen 2 Tage" eingehalten werden wollen.
Nepresol forte? Simsalabin, wir haben da noch was im Keller!
Ridaura? Och guck, gestern erst einen Bananenkarton voll gefunden.
Belsana Strümpfe? Zuuuufällig in genau dieser Größe vorrätig.

Und da hier auf dem Land die Apotheken besser zusammen arbeiten, sich Botendienste teilen, um auch die abgelegenen Dörfer zu erreichen, ist die Immobilität schwerkranker Personen meines Erachtens nach kein Argument für die Versendung per Post.

Aber billiger ist das für die Kassen bestimmt. Denn wie soll man "Pharmazeutische Bedenken" ohne Patientengespräch anbringen? Auch ein "Cito - Notdienst" wird man aller Wahrscheinlichkeit nach vergeblich suchen.

Ich würde gerne sagen "Macht doch - ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt." - Aber dazu hänge ich viel zu sehr an meinem Job und an meinen lieb gewonnenen Kunden.

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AW: Lieferung in 2 Tagen? Haha. S

von Christian Becker am 07.09.2017 um 7:24 Uhr

"Denn wie soll man "Pharmazeutische Bedenken" ohne Patientengespräch anbringen?"

Ich frage mich sowieso, wie das bei den Versendern läuft. Wir haben so viele Kunden, die nur dies oder nur jenes wollen und denen man das auch nicht ausreden kann, selbst bei unproblematischen Medikamenten (Metformin z.B.) - wie gehen die Versender damit um? Schicken die einfach irgendeinen Rabattartikel? Oder halten die sich auch nicht an die Rabattverträge?

Schon wieder die aggressiven Holländer!

von Heiko Barz am 06.09.2017 um 18:19 Uhr

Und was macht die ABDA Sphinx ? Hält sie wieder nur ihre 3 Affen bereit als schlüssige Entgegnung dieser Brüstierung der deutschen Apothekerschaft. Ich glaube nicht, dass das "Merkelsche Prinzip" des ruhigen Aussitzens die richtige Argumentation gegen die erneute Provokation aus Holland ist.

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