Zyto-Skandal

Das rätselhafte Apothekensterben rund um die Bottroper Zyto-Apotheke

Berlin - 23.10.2017, 17:15 Uhr

Rund um die Zyto-Apotheke in Bottrop hat es in den vergangenen Jahren eine hohe Anzahl von Apothekenschließungen gegeben, die Kammer sieht Auffälligkeiten. (Foto: hfd / DAZ.online)

Rund um die Zyto-Apotheke in Bottrop hat es in den vergangenen Jahren eine hohe Anzahl von Apothekenschließungen gegeben, die Kammer sieht Auffälligkeiten. (Foto: hfd / DAZ.online)


In dem Skandal um die Bottroper Zyto-Apotheke tut sich eine neue Perspektive auf, die den Apothekenmarkt in der gesamten Region betrifft: Nach Recherchen von DAZ.online hat sich die Apothekenstruktur rund um die Apotheke des Beschuldigten in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Inzwischen ist die Stadt Bottrop der Fleck mit der geringsten Apothekendichte in Deutschland. Auch die Kammer spricht von Auffälligkeiten.

Seit knapp einem Jahr sorgen die mutmaßlichen Machenschaften eines Zyto-Apothekers aus Bottrop für Schlagzeilen: Dem Pharmazeuten wird vorgeworfen, über Jahre hinweg zu niedrig dosierte Krebsmedikamente abgegeben und gleichzeitig die vollen Preise bei den Krankenkassen abgerechnet zu haben. Seit November 2016 sitzt der beschuldigte Apotheker in Untersuchungshaft. Die Apotheke hat trotzdem geöffnet: Medienberichten zufolge hat die Mutter des Beschuldigten die Betriebserlaubnis für die Apotheke erlangt und betreibt diese derzeit weiter.

Mit seinem Verhalten fügte der Apotheker womöglich Tausenden von Patienten Schaden zu, laut Anklage betrog er die Krankenkassen um 56 Millionen Euro. Nach Recherchen von DAZ.online hat es aber nicht nur rund um die Zytostatika-Herstellung des Beschuldigten Auffälligkeiten gegeben. Auch der gesamte Apothekenmarkt in der nordrhein-westfälischen Stadt Bottrop veränderte sich stark, nachdem der Pharmazeut 2009 die Apotheke von seinen Eltern übernommen hatte.

10 Apotheken in Bottrop schließen, darunter 7 Stadtapotheken

So haben in den vergangenen zehn Jahren in der Bottroper Innenstadt zehn Apotheken aufgegeben. Ende 2007 hatte es noch 31 Apotheken in Bottrop gegeben, mittlerweile nur noch 21. Bemerkenswert ist, dass sieben dieser Schließungen in unmittelbarer Nähe erfolgten, also im Stadtzentrum von Bottrop. Auch Vertreter der ABDA erklärten unlängst auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), dass Bottrop bei der Apothekendichte eine Ausnahmestellung innehabe: Die Stadt sei mittlerweile der Fleck in Deutschland mit der geringsten Apothekendichte: Auf 100.000 Einwohner kommen in der Stadt 18 Apotheken, im Bundesdurchschnitt sind es 24 Standorte pro 100.000 Einwohner.

Und auch der dort zuständigen Apothekerkammer Westfalen-Lippe sind die Veränderungen im Markt aufgefallen: „Wir können bestätigen, dass in den vergangenen zehn Jahren zehn Apotheken in der Stadt Bottrop geschlossen haben. Das möchten wir nicht bewerten. Wir stellen aber fest, dass die meisten dieser nun geschlossenen Apotheken in Citylage, also in unmittelbarer Nähe dieser Zyto-Apotheke waren. Dieser Verlauf ist extrem ungewöhnlich, denn zumeist schließen nur die Apotheken in den Randlagen der City.“

In der Tat lässt sich nicht nachweisen, dass diese Entwicklung im Apothekenmarkt irgendwie mit den Geschäftstätigkeiten des beschuldigten Apothekers verknüpft ist. Hört man sich in der Region um, erklären Insider aber, dass der Angeklagte nicht nur im Zyto-Markt, sondern auch in der klassischen Arzneimittelversorgung der Patienten ein sehr dominantes Geschäft betrieb.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Verdrängung durch Kapital

von Ratatosk am 23.10.2017 um 18:33 Uhr

Es ist nicht weiter verwunderlich, wer genügend Geld hat, kann alles andere verdrängen, gilt auch für die gepamperten Großkonzerne oder den neuen Superstar des Versandes, der hat schon ganze Branchen geplättet.
Mit Hilfe von FDP, die so was nicht zu überreißen scheinen, oder zu wollen, und rot und grün, gilt das bald in ganz D, nicht nur in Friesland

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