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Studie zum Nocebo-Effekt
Je „teurer“ das Placebo, umso stärker die Nebenwirkungen?
Früher sagte man über Arzneimittel schon mal: „Teuer muss es sein, und fies muss es schmecken, dann wirkt es auch“. An dem Glauben, dass teure Medikamente besser wirken, mag auch heute noch mancher festhalten. Dass diese als Placebo auch mehr Nebenwirkungen haben, scheint eher abwegig. Dennoch könnte das so sein, zeigt eine neue Studie.
Wenn ein Scheinmedikament ähnliche oder die gleichen erwünschten Wirkungen hervorruft wie das echte, spricht man von Placebo-Effekt. Nocebo-Effekt bedeutet, dass ein Scheinmedikament auch entsprechende unerwünschte Wirkungen auslöst. Diese passen oft genau zu den möglichen Nebenwirkungen des eigentlichen Medikamentes. Wissenschaftler vom Institut für Systemische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) haben untersucht, ob die Intensität des Nocebo-Effekts auch davon abhängt, wie die Patienten den Wert (Preis) eines Arzneimittels wahrnehmen. Ihre Ergebnisse sind im Fachmagazin „Science“ erschienen.
Preis eines Präparats erhöht „falsche“ Schmerzempfindung
Die Probanden erhielten ein Placebo, zusammen mit der Information, das Medikament könne als Nebenwirkung zu einem erhöhten Schmerzempfinden führen. Hiermit sollte bei den Teilnehmern eine negative Erwartung geweckt werden. Zusätzlich wurde der einen Hälfte der Probanden gesagt, das Medikament sei günstig, und der anderen Hälfte, es sei teuer. Die Gruppe, die das angeblich teure Präparat bekam, zeigte einen größeren Nocebo-Effekt, also ein höheres Schmerzempfinden als die Gruppe, die das günstige Präparat erhalten hatte. Der vermutete Wert des Medikaments schien also tatsächlich eine Rolle für die Intensität des Nocebo-Effekts zu spielen.
Negative Erwartung greift in das modulierende Schmerzsystem ein
Dieses Phänomen konnten die Forscher auf die Erwartungshaltung der Patienten zurückführen. Wie diese vermittelt wird, konnten sie mit bildgebenden Verfahren am Gehirn darstellen. „Bei Erwartungseffekten ist das modulierende Schmerzsystem von großer Bedeutung“, erläutert die Erstautorin der Studie Alexandra Tinnermann. Erwartungen, die im Frontalhirn entstehen, könnten über dieses System die Verarbeitung von schmerzhaften Reizen in tieferen Regionen des Nervensystems wie dem Hirnstamm oder dem Rückenmark beeinflussen. Den Einfluss auf diese drei wichtigen Areale des modulierenden Schmerzsystems, nämlich das Frontalhirn, den Hirnstamm und das Rückenmark konnten die Forscher mit ihren Untersuchungen für die negative Erwartung bestätigen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wert eines Medikaments zusätzlich zu den negativen Erwartungen das Schmerzempfinden beeinflussen kann, und auch die Verarbeitung von Schmerzreizen im Rückenmark werde durch diese Faktoren verändert, so Tinnermanns Schlussfolgerung.
Nocebo-Effekt
bei Frauen anders als bei Männern
Placebo- und Nocebo-Effekte wurden bislang vor allem auf dem Gebiet der Schmerzempfindung untersucht. Hier wurden wiederholt auch Geschlechtsunterschiede bezüglich der Placebo-Analgesie und der Nocebo-Hyperalgesie festgestellt. So berichten Männer häufiger geringere Schmerzen nach einem Standard-Reiz, und sie scheinen oft eine höhere Schmerzgrenze und -Toleranz zu haben als Frauen. Außerdem sind bestimmte Schmerzzustände und Schmerz-Symptome bei Frauen häufiger als bei Männern, so zum Beispiel, Muskel-Skelett-Schmerzen und Fibromyalgien. Basierend auf diesen Geschlechtsunterschieden bei experimentellen und klinischen Schmerzen wird vermutet, dass es auch Geschlechtsunterschiede bei der Placebo- und der Nocebo-Response gibt. Ein aktueller Review von 18 Studien, zwölf zum Placebo-und 6 zum Nocebo-Effekt zeigte, dass Männer stärker auf eine Placebo-Behandlung ansprachen, während bei Frauen der Nocebo-Effekt ausgeprägter war. Als Ursache für dieses Phänomen vermuten die Autoren Unterschiede zwischen Frauen und Männern bezüglich Stress, Angst und dem endogenen Opioidsystem.
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