Lemtrada bei Multipler Sklerose

MS-Patient stirbt an Thrombozytopenie nach Alemtuzumab-Gabe

Stuttgart - 20.11.2017, 15:00 Uhr

Lemtrada löste eine therapierefraktäre Thrombozytopenie aus, woran ein 34-jähriger Multiple-Sklerose-Patient verstarb. (Foto: Genzyme)

Lemtrada löste eine therapierefraktäre Thrombozytopenie aus, woran ein 34-jähriger Multiple-Sklerose-Patient verstarb. (Foto: Genzyme)


Alemtuzumab kann schwere Thrombozytopenien auslösen. Diese Nebenwirkung des bei remittierend-schubförmiger Multipler Sklerose eingesetzten CD52-Antikörpers ist bekannt. Neu ist, dass diese Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) nicht auf eine Behandlung anspricht. Die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft informiert in einer Drug-Safety-Mail über den zweiten Thrombozytopenie-bedingten Todesfall unter Lemtrada®.

Patienten, die aufgrund Multipler Sklerose Alemtuzumab erhalten, entwickeln in 1 Prozent der Fälle schwere idiopathische thrombozytopenische Purpura, ITP. Diese bekannte Nebenwirkung tritt meist 14 bis 36 Monate nach der ersten Alemtuzumab-Infusion auf. Bereits in den Zulassungsstudien verstarb ein MS-Patient an ITP, da die Thrombozytopenie vermutlich zu spät erkannt wurde, um therapeutisch noch erfolgreich zu intervenieren und den Patienten zu retten. Aus diesem Grund müssen Ärzte bei einer Lemtrada®-Therapie die Blutwerte der MS-Patienten regelmäßig überprüfen, und zwar vor Start der ersten Lemtrada®-Infusion und bis 48 Monate nach der letzten Gabe von Alemtuzumab. Lemtrada® erhalten MS-Patienten in zwei Behandlungszyklen: Im ersten Jahr bekommen sie 12 mg Alemtuzumab an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Das zweite Behandlungsjahr umfasst nur noch drei Infusionen Alemtuzumab à 12 mg ebenfalls an aufeinanderfolgenden Tagen.

Alemtuzumab-Thrombozytopenie war therapieresistent

Die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft (AkdÄ) meldet nun den Tod eines weiteren Patienten unter Alemtuzumab-Therapie. Allerdings erkannte man im aktuellen Fall des 34-jährigen MS-Patienten die Thrombozytopenie rechtzeitig, nur sprach der junge Mann auf keine Therapie an und verstarb letztendlich an einer Kleinhirnblutung.

Thrombozytopenien auch mild und selbstlimitierend

Eine Thrombozytopenie zeigt sich durch vermehrte Blutergüsse, punktförmige Einblutungen – Petechien, Schleimhautblutungen und bei Frauen durch eine verstärkte Menstruation. MS-Patienten mit einer Thrombozytopenie unter Alemtuzumab erhalten als Gegenmaßnahme in der Erstlinientherapie Glucocorticoide. Laboranalytisch macht sich die Thrombozytopenie durch eine verminderte Zahl an Blutplättchen bemerkbar. Liegen die Normwerte bei gesunden Menschen bei 150.000 bis 450.000 Thrombozyten pro µl Blut, spricht man bei Werten unter 80.000 von einer klinisch relevanten Thrombozytopenie, da ab diesen Werten relevante Blutungen zu befürchten sind.

Nicht jeder Fall einer beschriebenen Thrombozytopenie unter Alemtuzumab verläuft derart schwerwiegend bis tödlich. So beschreibt eine Fallserie 22 Patienten, die eine milde ITP unter Lemtrada® entwickelten. Die Thrombozyten erholten sich auch ohne therapeutische Maßnahmen innerhalb von zwei Monaten bei diesen Patienten.




Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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