Hormonelle Verhütung

Wie beeinflussen Kontrazeptiva die Psyche?

Stuttgart - 29.11.2017, 14:15 Uhr

Machen hormonelle Kontrazeptiva depressiv? (Foto: Africa Studio / adobe.stock.com)

Machen hormonelle Kontrazeptiva depressiv? (Foto: Africa Studio / adobe.stock.com)


Es steht in den Fachinformationen: Zu den häufigen unerwünschten Wirkungen der „Pille“ gehören depressive Verstimmungen und Stimmungsschwankungen. Einer aktuellen bevölkerungsbasierten dänischen Studie zufolge sollen hormonelle Kontrazeptiva aber sogar das Suizidrisiko erhöhen. Vor allem jüngere Frauen seien in den ersten Monaten nach Beginn der Kontrazeption besonders gefährdet.

Schon 2016 zeigte eine dänische Studie, dass junge Frauen, die hormonell verhüten, häufiger Antidepressiva verschrieben bekommen und häufiger in psychiatrischen Kliniken wegen einer Depression behandelt werden.
Gestagen-haltige Kontrazeptiva schienen dabei ein leicht höheres Risiko zu zeigen als andere.

Das damalige Forscher-Team aus Kopenhagen hat nun im American Journal of Psychiatry eine weitere Studie zum Thema veröffentlicht – dieses Mal mit dem Endpunkt der Suizidalität.

Erhöhtes Suizidrisiko

Für die aktuelle Studie wurden zwischen 1996 und 2013 die Daten von fast einer halben Million Däninnen über durchschnittlich 8,3 Jahre erfasst (DaHoRS = Danish Sex Hormone Register Study). Im Mittel waren die Frauen 21 Jahre alt (15 bis 33 Jahre). Während des Beobachtungszeitraums kam es zu 6999 ersten Suizidversuchen und 71 vollendeten Suiziden.

Die in die prospektive Kohortenstudie eingeschlossenen Frauen durften erst während der Studienlaufzeit 15 Jahre alt werden, davor keine psychiatrischen Diagnosen gestellt bekommen haben und weder Antidepressiva noch hormonelle Kontrazeptiva einnehmen.

Verglichen wurden Frauen, die aktuell oder kürzlich (bis sechs Monate nach Einnahmeende) hormonelle Kontrazeptiva einnahmen (54%) mit Frauen, die nicht hormonell verhüteten. Dabei zeigte sich unter hormoneller Kontrazeption ein 1,97-fach (95% CI=1.85–2.10) erhöhtes Risiko für erste Suizid-Versuche und ein 3,08-faches Risiko (95% CI=1.34–7.08) für vollendeten Suizid.
Ein Häufigkeitsgipfel für erste Suizidversuche war nach zweimonatiger Kontrazeptiva-Einnahme zu verzeichnen.

Betrachteten die Forscher die verschiedenen Darreichungsformen getrennt, zeigte sich für die oralen Kombinationspräparate ein 1,91-faches Risiko für versuchten Suizid (95 % CI=1.79–2.03), für orale Gestagenpräparate ein 2,29-faches Risiko (95% CI=1.77–2.95), ein 2,58-faches für Vaginal-Ringe (95% CI=2.06–3.22) und ein 3,28-faches Risiko (95% CI=2.08–5.16) zeigte sich unter Hormonpflastern für versuchten Suizid. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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