Gemeinsamer Bundesausschuss

Hecken sagt teuren Krebsmedikamenten den Kampf an

Berlin - 18.12.2017, 09:04 Uhr

G-BA-Chef Josef Hecken fordert, dass teure Krebsarzneimittel in der Nutzenbewertung künftig strenger überprüft werden sollen. (Foto: G-BA)

G-BA-Chef Josef Hecken fordert, dass teure Krebsarzneimittel in der Nutzenbewertung künftig strenger überprüft werden sollen. (Foto: G-BA)


Angesichts explodierender Kosten sollen neue Krebsmedikamente nach dem Willen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) künftig schärfer überprüft werden. Die Mittel brächten den Patienten oft nur einige Monate mehr Lebenszeit, hätten aber oft starke Nebenwirkungen und seien extrem teuer, sagte der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken der Deutschen Presse-Agentur.Hecken fordert, dass die Lebensqualität der Patienten stärker in der Nutzenbewertung berücksichtigt wird.

Vergangenes Jahr stiegen die Kosten der Kassen im Arzneibereich um mehr als 3 Prozent auf 38,5 Milliarden Euro. Im G-BA entscheiden die Spitzenorganisationen der Kassen, Ärzte und Kliniken nach der Zulassung von neuen Präparaten unter anderem über den Zusatznutzen von Medikamenten – eine Entscheidung, die auch Einfluss auf den späteren Preis der Präparate hat. In seiner letzten Sitzung des Jahres am kommenden Donnerstag fallen die nächsten Beschlüsse zu einzelnen Mitteln. Die Bewertung ist Basis von Preisverhandlungen zwischen Kassen und Herstellern.

„Nach wie vor werden Onkologika überdurchschnittlich gut bewertet“, sagte Hecken. Nur jedem fünften der 88 insgesamt bewerteten Krebsmittel sei kein Zusatznutzen beschieden worden. „Aber: Die meisten dieser Therapien bringen den Patienten lediglich ein längeres Leben von im Schnitt drei bis sechs Monaten“, so Hecken. Mehr Lebensqualität gebe es selten. Viele Mittel kombinierten Chemotherapien – die Nebenwirkungen stiegen so oft dramatisch an.

Verbesserte Lebensqualität soll in der Nutzenbewertung nachgewiesen werden

Oft handele es sich um biologische Arzneimittel, die gezielt am Tumor ansetzen, aber extrem teuer seien. „Die Jahrestherapiekosten betragen zu Beginn im Schnitt 100.000 Euro mit steigender Tendenz, noch ausgeprägter ist die Kostensteigerung bei den jetzt häufigen Kombinationstherapien.“ So stiegen die Arzneikosten bei Hautkrebs mit Metastasen auf rund 200.000 Euro pro Patient und Jahr.

Johann-Magnus von Stackelberg, Vizechef des GKV-Spitzenverbandes, kritisierte zudem: „Insbesondere Arzneimittel gegen Krebs werden immer öfter ohne finale klinische Prüfungen zugelassen.“ Hersteller müssten eigentlich aussagekräftige Daten zum Nutzen-Risiko-Verhältnis nachliefern. „Die Praxiserfahrungen sind leider andere.“ Hecken verlangte gleich mehrere Verschärfungen: „In Zukunft müssen neue Wirkstoffe schlechter bewertet werden, wenn keine Angaben zur Lebensqualität vorliegen.“ Preisverhandlungen sollten zudem für ähnliche Medikamente zur Behandlung einer Erkrankung ermöglicht werden - statt wie heute nur für einzelne Mittel. Sonst solle es pauschale Abschläge für alle beteiligten Hersteller geben.



dpa-AFX / DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken will bei Onkologika Lebensqualität stärker berücksichtigen

Zu teuer, zu wenig Nutzen

GKV-Spitzenverband fordert genauere Prüfung

Orphan Drugs oft ohne Zusatznutzen

Frühe Nutzenbewertung im In- und Ausland

G-BA: Kein Geiz beim Zusatznutzen

GKV-Spitzenverband

Orphan Drugs besser prüfen

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Weniger Einsparungen als erwartet und Behinderung von Innovationen?

Viele Tücken in reformierter Preisbildung

BPI wehrt sich gegen SZ-Bericht

Fahrenkamp: Zynismus in der Orphan Drug Debatte

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.