DAZ.online-Spezial Direktvertrieb

„Das Direktgeschäft hat spürbar zugelegt“

Berlin - 10.01.2018, 11:45 Uhr

Laut Phagro-Chef Thomas Trümper hat das Direktgeschäft zugelegt, derzeit laufen laut Phagro etwa 15 Prozent aller Bestellungen über die Hersteller direkt. (Foto: Schelbert)

Laut Phagro-Chef Thomas Trümper hat das Direktgeschäft zugelegt, derzeit laufen laut Phagro etwa 15 Prozent aller Bestellungen über die Hersteller direkt. (Foto: Schelbert)


Für die Apotheker bedeutet das zunehmende Direktgeschäft in erster Linie mehr Aufwand, indirekt aber auch Mehrkosten. Die Großhändler allerdings sind wirtschaftlich direkt betroffen, schließlich geht ein Teil des Geschäftes schlicht an ihnen vorbei. Im Interview mit DAZ.online erklärt Thomas Trümper, Chef des Großhandelsverbandes Phagro, wie groß der Anteil des Hersteller-Geschäftes inzwischen ist und in welchen Fällen direkte Bestellungen vielleicht doch Sinn machen.

DAZ.online: Welche Veränderungen beobachten Sie und Ihre Mitgliedsunternehmen in der Lieferkette? Gibt es eine deutliche Zunahme an direkten Bestellungen oder ist es kein ausgeprägtes Phänomen?

Trümper: Das Volumen der Direktbestellungen war schon immer ein Ärgernis für den pharmazeutischen Großhandel und dies hat mehrere Gründe: Erstens basiert unsere Vergütung  auf einer Mischkalkulation, wir erhalten also unabhängig von der Komplexität des Handlings eines Arzneimittels dieselbe Vergütung, sei es eine einfache Packung, die im Normaltemperaturbereich zu lagern ist oder sei es ein Produkt aus der Kühlkette oder gar ein BTM. Wenn dem der Mischkalkulation der Arzneimittelpreisverordnung zugrunde liegenden Produktspektrum wesentliche Volumina durch den Direktvertrieb entzogen werden, dann schmälert dies am Ende unseren Ertrag. Zweitens steigt mit der Zunahme hochpreisiger Produkte offenbar das Interesse von Herstellern, diese direkt zu liefern, da es sich hier um geringe Stückzahlen handelt, wofür der Logistikaufwand für den Hersteller geringer ist, als bei großen Mengen. Auch fallen die Kosten für Logistik im Verhältnis zum Produktpreis weniger ins Gewicht.

DAZ.online: Können Sie diese Entwicklungen mit Zahlen belegen?

Trümper: Das Volumen von Direktlieferungen schwankt immer wieder, abhängig von den Marktkonditionen. Nach einem Rückgang auf ca. 13 Prozent im Jahr 2013 hat das Direktgeschäft in den letzten drei Jahren wieder spürbar auf bis zu 15 Prozent zugelegt.

DAZ.online: Warum und wie verschlechtert sich die Versorgung aus Ihrer Sicht, wenn der Großhandel umgangen wird und der Direktvertrieb zunimmt?

Trümper: Abgesehen davon, dass der vollversorgende Großhandel schneller, apotheken- und bedarfsgerechter liefert, sind wir bemüht, ständig die Kosten für den Arzneimittelvertrieb zu senken und damit unvermeidliche allgemeine Kostensteigerungen aufzufangen, und da ärgert es schon, wenn an anderer Stelle ohne Sinn und Verstand Kosten erzeugt werden. Die Direktbestellung ist für die Apotheke erheblich teurer als die Bestellung beim Großhandel und dies kann auch ein etwas günstigerer Einkaufspreis nicht rechtfertigen. Für den Hersteller ist diese Vertriebsart ebenfalls um ein Vielfaches teurer. Eine rationale Erklärung für den Direktvertrieb gibt es nicht.

DAZ.online: In welchen Fällen macht der Direktvertrieb aus Ihrer Sicht auch Sinn? Und warum?

Trümper: Der Direktvertrieb macht einzig und allein in den wenigen Fällen Sinn, in denen der Hersteller mit dem Apotheker/Arzt zur Verabreichung des Medikamentes direkt in Kontakt treten muss.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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