Nationaler Aktionsplan

Ein Leitfaden für mehr Gesundheitskompetenz

Stuttgart - 19.02.2018, 16:30 Uhr

Der Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz wurde am heutigen Montag in Berlin vorgestellt. (Foto: BMG / Kroll)

Der Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz wurde am heutigen Montag in Berlin vorgestellt. (Foto: BMG / Kroll)


Die Flut an Gesundheitsinformationen sowie ein immer komplexer werdendes Wissen machen es Patientinnen und Patienten immer schwieriger, gesundheitsrelevante Informationen zu finden und zu verstehen. Ein Nationaler Aktionsplan will nun mit 15 Empfehlungen die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung fördern. Am heutigen Montag nahm Gesundheitsminister Hermann Gröhe den Plan im Rahmen eines Fachsymposiums entgegen.

Die steigende Lebenserwartung, die Zunahme chronischer Erkrankungen, ein sehr komplexes Gesundheitssystem und die digitale Informationsflut haben die Anforderungen an die Gesundheitskompetenz der Menschen immer weiter ansteigen lassen. Politik und Wissenschaft wollen deshalb das Wissen über Gesundheitsprobleme und das Gesundheitswesen in Deutschland stärken. Dazu wurde jetzt ein von Experten entwickelter „Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ gestartet. „Mit dem Nationalen Aktionsplan gibt es nun einen wissenschaftlichen Leitfaden, der zeigt, wie die Gesundheitskompetenz in unserem Land bei der Bildung, Ernährung und Arbeit, aber auch durch einen verständlicheren Austausch zwischen Arzt und Patient gestärkt werden kann“, sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am heutigen Montag bei der Vorstellung des Plans in Berlin.

Der „Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ geht auf eine Initiative der beteiligten Wissenschaftler Doris Schaeffer und Ullrich Bauer von der Universität Bielefeld, Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance sowie Kai Kolpatzik vom AOK-Bundesverband zurück und steht unter der Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministers. Die Robert Bosch Stiftung und der AOK-Bundesverband haben die Arbeit gefördert.

Gesundheitskompetenz so früh wie möglich fördern

Einer repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts „YouGov“ zufolge hat jeder Zweite in Deutschland eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Die Fachleute beziffern die Mehrausgaben, die dadurch entstehen, auf bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr. Nur etwa jeder Dritte sieht sich demnach in der Lage, seriöse und unseriöse Gesundheitsinformationen im Internet zu unterscheiden. Auch über Qualitätssiegel für Gesundheitsinformationen im Internet gibt es demnach wenig Kenntnis. 84 Prozent der Befragten kannten keines der anerkannten Siegel.

Der Plan umfasst 15 konkrete Empfehlungen, die alle gesellschaftlichen Akteure wie Ärzte, Pflegekräfte, Krankenhäuser, Krankenkassen, Apotheken, Selbsthilfe- und Verbraucherorganisationen, aber auch die Behörden von Bund und Ländern einbinden. Angestrebt sind ein größeres individuelles Gesundheitswissen sowie ein nutzerfreundlicheres Gesundheitssystem. Besonderen Handlungsbedarf sieht die Bielefelder Gesundheitswissenschaftlerin Doris Schaeffer bei Menschen mit geringem Bildungsniveau, bei Älteren, chronisch Kranken und Menschen mit Migrationshintergrund.

Die Gesundheitskompetenz muss nach Meinung der Experten so früh wie möglich gefördert werden. Systematische Angebote sollte es bereits in Kita und Schule, aber auch am Arbeitsplatz beziehungsweise im beruflichen Kontext sowie im Wohnumfeld und den Kommunen geben“, betont der Soziologe Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance. Beispiele für konkrete Umsetzungspläne gebe es in den Australien, Großbritannien und den USA. Den Strategien dieser Länder folgend sollen auch in Deutschland nicht zuletzt Medien und Konsumgüterhersteller als Akteure in die Pflicht genommen werden, letztere beispielsweise durch Kennzeichnungspflichten wie die Lebensmittelampel.

Die 15 Empfehlungen des Aktionsplans

  1. Das Erziehungs- und Bildungssystem in die Lage versetzen, die Förderung von Gesundheitskompetenz so früh wie möglich im Lebenslauf zu beginnen
  2. Die Gesundheitskompetenz im Beruf und am Arbeitsplatz fördern
  3. Die Gesundheitskompetenz im Umgang mit Konsum- und Ernährungsangeboten stärken
  4. Den Umgang mit Gesundheitsinformationen in den Medien erleichtern
  5. Die Kommunen befähigen, in den Wohnumfeldern die Gesundheitskompetenz ihrer Bewohner zu stärken
  6. Gesundheitskompetenz als Standard auf allen Ebenen im Gesundheitssystem verankern
  7. Die Navigation im Gesundheitssystem erleichtern, Transparenz erhöhen und administrative Hürden abbauen
  8. Die Kommunikation zwischen den Gesundheitsprofessionen und Nutzern verständlich und wirksam gestalten
  9. Gesundheitsinformationen nutzerfreundlich gestalten
  10. Die Partizipation von Patienten erleichtern und stärken
  11. Gesundheitskompetenz in die Versorgung von Menschen mit chronischer Erkrankung integrieren
  12. Einen gesundheitskompetenten Umgang mit dem Krankheitsgeschehen und seinen Folgen ermöglichen und unterstützen
  13. Fähigkeit zum Selbstmanagement von Menschen mit chronischer Erkrankung und ihren Familien stärken
  14. Gesundheitskompetenz zur Bewältigung des Alltags mit chronischer Erkrankung fördern
  15. Die Forschung zur Gesundheitskompetenz ausbauen

dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Die Lebensmittelampel kann man jetzt schon nutzen

von Peter am 22.02.2018 um 10:58 Uhr

Hallo,

die Lebensmittelampel kann man auch jetzt schon als App "meine Lebensmittelampel" nutzen! Die App ist kostenlos in den App Stores verfügbar und es handelt sich sogar um eine personalisierte Lebensmittelampel. Das heißt, dass die Werte, die der Lebensmittelampel zugrunde liegen, für jeden Nutzer individuell ermittelt werden.

Viele Grüße

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Zielkonflikt

von Reinhard Rodiger am 20.02.2018 um 0:31 Uhr

Vorweg: nichts gegen den Plan. Aber seltsam ist schon, dass eine Krankenkasse staatliche Kernaufgaben mitfinanziert.Also Staatssponsoring mit Patientengeldern.Da kommt schon der Gedanke an Abhängigkeit.Ist doch der staatliche Auftraggeber schon in der Vergangenheit ausgesprochen rücksichtsvoll mit dem offensichtlichen Machtmissbrauch der Kassen umgegangen.Wird er noch willens sein, die KK auf ihre Aufgaben zurückzuführen?

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Kompetenzplan

von Dr.Diefenbach am 19.02.2018 um 22:10 Uhr

Der Präsident der Bundesärztekammer hat angeregt,zB Kommunikation(!) in den klassischen Medizinstudiengang aufzunehmen.Ein Verlangen,was die Pharmaziestudenten auch einfordern.Ich hoffe sehr,dass unsere eigene Strategiekommission da endlich mitzieht,denn meines Wissens nach wird genau so etwas kaum berücksichtigt.Die Diskussion um die zukünftige Gestaltung der Ausbildung sollte eben diesen wesentlichen Punkt stark fokussieren .Gerade in der absolut digitalen Zeit stärkt die KOMMUNIKATION die Bedeutung der ApothekerInnen vor Ort.Eine Patientin erläuterte ja,dass weder Arzt noch Apotheker sie ordnungsgemäß aufgeklärt hätten.Die Probleme gerade mit den innovativen -imabs,-zumabs usw oder die aktuellen Hepatitis -oder MS-Medikamente usw.verlangen doch verständliche Erklärungen vor ORT!!!-Dies sind doch auch Ausgangspunkte für den Erhalt des Einzelbetriebes.Es ist nicht absehbar dass in den Arztpraxen die medikamentöse Beratung völlig neue Wege geht:HIER ist unsere plakative Kompetenz gefragt.HIER muss ,und zwar sofort,unsere StandesPR ansetzen.Oder ?

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