Arzneimittelinteraktion

Triptane und Antidepressiva: Kaum Risiko für Serotonin-Syndrom

Stuttgart - 28.02.2018, 09:00 Uhr

Triptane werden in der Therapie von Migräne eingesetzt. 2006 warnte die FDA vor der gleichzeitigen Einnahme mit bestimmten Antidepressiva. (Foto: goodluz / stock.adobe.com)

Triptane werden in der Therapie von Migräne eingesetzt. 2006 warnte die FDA vor der gleichzeitigen Einnahme mit bestimmten Antidepressiva. (Foto: goodluz / stock.adobe.com)


Können Patienten, die mit Antidepressiva therapiert werden, ihre Migräne mit Triptanen behandeln? Die FDA warnte 2006 vor der gleichzeitigen Einnahme von Serotonin-Rezeptor-Agonisten und Antidepressiva vom Typ SSRI oder SNRI, da es zu einem Serotonin-Syndrom kommen könnte. Eine Studie mit fast 20.000 Patientendaten gibt nun Entwarnung. Das Risiko bei gleichzeitiger Therapie scheint demnach nur gering.

Im Jahr 2006 warnte die US-Arzneimittelbehörde FDA vor der gleichzeitigen Einnahme von Triptanen und Antidepressiva vom Typ Selektive-Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) und Selektive Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI), da diese mit dem Auftreten eines Serotonin-Syndroms assoziiert sein könnte. Die Empfehlung beruhte damals auf wenigen Fallberichten. Unter anderem die American Heart Society stellte aber infrage, ob es sich in den Berichten wirklich um ein Serotonin-Syndrom handelte und ob die Informationen überhaupt ausreichend seien, um das Risiko einzustufen.

Wie hoch nun das tatsächliche Risiko für ein Serotonin-Syndrom bei gleichzeitiger Einnahme von Triptanen und SSRI/SNRI ist, ist nun in einer amerikanischen Studie untersucht worden. Dazu wurden Patientendaten von den Jahren 2001 bis 2014 aus dem Großraum Boston und Massachusetts ausgewertet.

Von 47.968 Patienten, die innerhalb der 14 Jahre Triptane verschrieben bekamen, erhielten 19.017 im untersuchten Zeitraum ebenfalls Antidepressiva vom Typ SSRI oder SNRI. Das ergab eine Gesamtzahl von 30.928 Patientenjahren, in denen die Patienten beide Arzneimittelklassen einnahmen. Während der Studiendauer war der Anteil an Patienten, die sowohl Triptane als auch SSRI/SNRI erhielten ziemlich konstant und schwankte zwischen 21 und 29 Prozent.

Risiko durch Triptane wohl nicht erhöht

Bei 17 Patienten gab es einen Verdacht auf ein Serotonin-Syndrom. In zwei Fällen konnte dieser bestätigt werden, bei fünf Patienten galt es als sehr wahrscheinlich, dass es sich wirklich um ein Serotonin-Syndrom handelt. Die sich daraus berechnende Inzidenz beträgt 0,6 Fälle pro 10.000 Personenjahre.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Triptane nicht das Risiko für ein Serotonin-Syndrom bei gleichzeitiger Einnahme eines SSRI/SNRI erhöhen, wie die Autoren schlussfolgern. Zudem sei auch die pharmakologische Plausibilität fraglich. Es wird vermutet, dass das Serotonin-Syndrom durch Aktivierung des Serotonin-Rezeptors 2A mit möglicher Beteiligung des Serotonin-Rezeptors 1A vermittelt wird. Triptane hingegen haben eine hohe Affinität zu den Serotonin-Rezeptoren 1B und 1D, weniger zu den Rezeptoren des Typs 1A.

Die Studie zeigt weiter, dass sich auch die Verordnungszahl von Triptanen nach der FDA-Warnung von 2006 nicht verringert hat. Im Gegenteil stieg sogar der Anteil an Patienten, die ein Triptan und einen SSRI/SNRI erhielten.

Zu den Limitationen der Studie zählt die schwankende Qualität bei der medizinischen Dokumentation. So sei nicht auszuschließen, dass mildere Verlaufsformen des Serotonin-Syndroms nicht erkannt wurden, schreiben die Autoren.Insgesamt biete die Studie den Ärzten einen Überblick über Nutzen und Risiken der gleichzeitigen Therapie von Migräne und Depressionen. Die Autoren sind außerdem der Meinung, dass die Warnung der FDA neu überdacht werden sollte.


Dr. Mathias Schneider, Apotheker, Volontär DAZ
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Bei welchen Arzneistoffen tatsächlich Beratungsbedarf besteht

(Fehl-)Alarm Serotonin-Syndrom

Wie groß ist das Risiko für ein Serotonin-Syndrom?

Triptane und Psychopharmaka

Wirkstoff-Lexikon

SSRI

Mehr postpartale Blutungen unter Antidepressiva in der Schwangerschaft

Erhöhtes Blutungsrisiko

Der aktive Metabolit kann bei Major Depression nicht punkten

Desvenlafaxin nicht besser als Venlafaxin

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.