Arzneimittel und Straßenverkehr

Wann Diabetiker kein Auto fahren dürfen

Stuttgart - 23.03.2018, 12:30 Uhr

Darf man als
Diabetespatient/in Personen befördern? (Foto: Syda Productions / stock.adobe.com)

Darf man als Diabetespatient/in Personen befördern? (Foto: Syda Productions / stock.adobe.com)


Ein an Diabetes erkranktes Kind träumt davon Busfahrer zu werden – geht das? Ganz grundsätzlich dürfen Diabetespatienten Auto fahren. Wenige Ausnahmen gibt es aber. Welche das sind, kann man seit Dezember 2017 in der ersten europäischen Leitlinie zu Diabetes und Straßenverkehr lesen. Darüber berichtet die Deutsche Diabetes Gesellschaft, die der Herausgeber der Leitlinie ist. 

Ob im privaten Pkw, beruflich im Lastwagen, im Taxi oder als Busfahrer – fast alle Diabetespatienten können am Straßenverkehr teilnehmen, heißt es in der Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) vom gestrigen Donnerstag. Bei wiederholten schweren Unterzuckerungen oder Schlaf-Apnoe-Syndrom kann ein Patient jedoch als fahruntauglich gelten. „Bei zwei schweren Unterzuckerungen im Wachzustand innerhalb eines Jahres darf man zunächst nicht mehr Auto fahren“, berichtet DDG Experte Professor Dr. Reinhard Holl, Epidemiologe der Universität Ulm und Koordinator und Mitautor der neuen S2e-Leitlinie Diabetes und Straßenverkehr.

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Leitlinie schafft Rechtssicherheit für Therapeuten und Patienten

In Deutschland sei schätzungsweise jeder zehnte Führerscheininhaber von Diabetes betroffen. Ob diese Patienten Auto fahren dürfen, war bislang nirgendwo geregelt. „Nach allen verfügbaren Untersuchungen ist die Unfallhäufigkeit bei Menschen mit Diabetes nur unwesentlich erhöht“, berichtet Holl in der Pressemitteilung der DDG.  


Ein hoher HbA1c-Wert an sich ist kein Grund für ein Fahrverbot, eine Insulintherapie auch nicht.

Professor Dr. Reinhard Holl, Epidemiologe der Universität Ulm, Koordinator und Mitautor der DDG-Leitlinie


Wenn sich Ärzte an die wissenschaftlich abgesicherten Empfehlungen der Leitlinie halten, müssen sie keine Haftung befürchten, erläutert Rechtsanwalt Oliver Ebert, Koordinator und Mitautor der Leitlinie. Gleichzeitig könnten Ärzte aber ein „ärztliches Fahrverbot“ aussprechen und Verhaltensvorgaben machen. Droht Patienten der Verlust der Fahrerlaubnis, könnten sie in Zukunft aber auch einfacher gegen ein fehlerhaftes Gutachten vorgehen. 

Möglichkeiten die Fahrtauglichkeit wiederzuerlangen

Bei schweren Stoffwechselentgleisungen, in der Einstellungsphase auf Insulin und bei anderen Therapieumstellungen oder Dosisänderungen liegt eine vorübergehende Fahruntauglichkeit vor. Wurde einem Diabetes-Patienten die Fahrerlaubnis entzogen, müsse das aber nicht endgültig sein. Die neue Leitlinie zeige Wege auf, die Gefahr von Unterzuckerung zu verringern und so die Fahrtauglichkeit wiederzuerlangen. Dazu gehören neben der Medikations-Umstellung auch Wahrnehmungsschulungen oder eine kontinuierliche Glukosemessung mit akustischer Warnfunktion.

Außerdem gebe die Leitlinie auch Tipps für den Ernstfall: „Jeder Insulinpatient sollte vor Fahrtantritt den Blutzucker messen und schnellwirkende Kohlenhydrate etwa in Form von Traubenzucker im Auto griffbereit haben“, so Holl.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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