Anatomie

Neu entdecktes Organ: Dient das Interstitium als Straße für Krebszellen?

Berlin - 29.03.2018, 09:00 Uhr

Forscher entdecken das Interstitium neu: Dieses eigenständige Organ könnte für die Kommunikation innerhalb des Körpers mit zuständig sein aber vielleicht auch Krebszellen transportieren. (Foto. Imago)

Forscher entdecken das Interstitium neu: Dieses eigenständige Organ könnte für die Kommunikation innerhalb des Körpers mit zuständig sein aber vielleicht auch Krebszellen transportieren. (Foto. Imago)


Der Gewebezwischenraum, das so genannte Interstitium, scheint mehr als nur eine Pufferzone zu sein. Forscher haben herausgefunden, dass das Zwischengewebe ein eigenständiges Transportsystem für den gesamten Körper ist, worüber sich möglicherweise auch Krebszellen ausbreiten könnten.

Interstitium heißt auf Latein Zwischenraum und als solcher haben ihn Anatomiebücher bisher beschrieben. Gemeint ist hier das Zwischengewebe, welches die Organe umgibt und stützt, denn der Begriff Interstitium wird auch für den Raum zischen den Zellen verwendet.

Interstitium von dicken Kollagenfäden durchzogen

Neuen Daten zufolge, die am vergangenen Dienstag in dem Fachjournal Nature Scientific Reports erschienen sind, ist das Interstitium weitaus mehr als eine mit Flüssigkeit und Proteinen gefüllte Knautschzone. Forscher aus den USA untersuchten mithilfe konfokaler Laser-Endomikroskopie Proben aus verschiedenen Organen.

Dabei gelang es den Wissenschaftlern in dem Verbindungsgewebe, ein Netzwerk aus Kollagensträngen sichtbar zu machen. Da diese Strukturen mit bisherigen Analyse-Methoden vermutlich zerstört wurden, blieb der Aufbau des Interstitiums  zuvor unerkannt.

Drittes Transportsystem

Aus ihren Gewebsanalysen schlussfolgerten die Autoren, dass das Kollagennetzwerk im Interstitium die Flüssigkeitsräume trennt. Zudem ist der Gewebezwischenraum mit dem  Lymphsystem verbunden, nach Ansicht der Autoren entstehen auch große Anteile der Lymphe im Interstitium. Das Kollagennetzwerk ist komprimierbar und diese Strukturen befinden sich um Organe herum, die in Bewegung sind wie beispielsweise die Submukosa im Gastrointestinaltrakt oder die Faszien.

Die Forscher vermuten, dass dem Interstitium Aufgaben bei der Immunabwehr und dem mechanischen Schutz der Organe zukommen. Nach ihrer Vorstellung könnte das Zwischengewebe ein Netzwerk bilden, das den ganzen Körper durchzieht. Neben Blut und Lymphe könnte damit das  Zwischengewebe eine Art drittes Transportsystem darstellen, über das Signalbotenstoffe verteilt werden.

Rolle bei Krebs?

Dieser noch hypothetische Transportweg könnte für den Körper auch Nachteile haben. Denn die Wissenschaftler gehen davon aus, dass auch Krebszellen durch das Interstitium wandern können und so zu deren Ausbreitung im ganzen Körper führen könnten. Auf der anderen Seite ließe sich dieses neue Organ möglicherweise in Zukunft auch bei der Krebsdiagnostik nutzen, was nun in weiteren Analysen untersucht werden soll.


Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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