Steuerpolitik gegen Ungesundes

Wissenschaftliche Argumente für die „Zuckersteuer“

Stuttgart - 06.04.2018, 15:15 Uhr

Sollten Verbraucher für gesundes Essen weniger bezahlen als für ungesundes? Wäre eine soziale Spaltung zu befürchten? (Foto: Boyarkina Marina / stock.adobe.com)

Sollten Verbraucher für gesundes Essen weniger bezahlen als für ungesundes? Wäre eine soziale Spaltung zu befürchten? (Foto: Boyarkina Marina / stock.adobe.com)


Eine Steuerpolitik gegen Ungesundes – in Großbritannien gilt sie seit dem heutigen Freitag. Auch hierzulande wird sie immer wieder gefordert, immer wieder wird sie von der deutschen Politik zurückgewiesen. Eine Begründung: Sie habe keinen Nutzen. Zucker, vor allem in Softdrinks, und andere ungesunde Lebensmittel, sowie nicht zuletzt Alkohol und Zigaretten sind Teil der Debatte. In der britischen Fachzeitschrift „The Lancet“ wurden jetzt fünf internationale Studien zur Thematik veröffentlicht.

Fünf internationale Studien, die am Mittwoch im Lancet veröffentlicht wurden, kommen laut einer dpa-Meldung zu dem Ergebnis, dass zusätzliche Steuern auf Softdrinks, Alkohol und Tabak der Zunahme chronischer und nichtübertragbarer Erkrankungen entgegenwirken könnten. Schlaganfälle, Herzerkrankungen, Diabetes, chronische Atemwegserkrankungen und Krebs seien häufig auf ungesunde Ernährung und Suchtmittel zurückzuführen.

Steuer soll vor allem der ärmeren Bevölkerung nutzen

Insgesamt wurden über 300 internationale Studien und Daten aus 13 Ländern ausgewertet: Chile, Guatemala, Panama, Nicaragua, Albanien, Polen, Türkei, Tadschikistan, Tansania, Niger, Nigeria, Indien und Timor-Leste. Ein Ergebnis dabei war, dass höhere Preise für ungesunde Konsumgüter, die Nachfrage vor allem bei einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen senken könnten

Diese Gruppe sei wiederum besonders häufig von schweren Krankheiten betroffen. Nichtübertragbare Krankheiten seien sowohl Hauptursache als auch Hauptfolge von Armut weltweit, wird Rachel Nugent von der dpa zitiert. Denn die Therapie der Krankheiten bedeutet auch eine wirtschaftliche Belastung. Nugent ist Leiterin des Lancet-Programms „The Lancet Taskforce on NCDs and Economics“ zu nichtübertragbaren Krankheiten und gehört der Nichtregierungsorganisation RTI (Research Triangle Institute) in Seattle an. 

Noncommunicable diseases (NCDs) in Europa

Nicht übertragbare Krankheiten (NCDs) betreffen, weltweit betrachtet, vor allem Europa. Dabei handelt es sich um eine relativ kleine Gruppe von Erkrankungen, die für einen großen Teil der gesamten Krankheitslast in Europa verantwortlich ist.

  • Diabetes
  • kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Krebs
  • chronische Atemwegserkrankungen
  • psychische Störungen

Diese fünf Erkrankungen sind schätzungsweise für 86 Prozent der Todesfälle in Europa verantwortlich.

Laut Nugent sei es sinnvoll, die zusätzlich generierten Steuereinnahmen in die Armutsbekämpfung zu investieren. Befürchtungen, dass höhere Steuern auf Tabak, Alkohol und Softdrinks der ärmeren Bevölkerung schaden, seien übertrieben. Auch die DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft) stellte kürzlich (anlässlich der KiGGS-Studie) in einer Pressemitteilung den überproportional hohen Konsum zuckerhaltiger Getränke bei sozial schwachen Kindern und Jugendlichen fest.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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