- DAZ.online
- News
- Pharmazie
- Interaktion von ASS und ...
Tatort-Fakten-Check
Interaktion von ASS und Antidepressiva: Kann man ersticken?
Im Tatort vom gestrigen Sonntag kommt ein Mann von der Straße ab und verunglückt tödlich. Vorher wird er von heftigen Hustenanfällen geschüttelt. In seinem Blut werden Antidepressiva und ASS gefunden, eine schwere Wechselwirkung wird als Todesursache vermutet. Später heißt es, er sei erstickt – bedingt durch die Wechselwirkung. Kann das stimmen?
Verursacht die gleichzeitige Einnahme von Antidepressiva und ASS tatsächlich eine schwere Wechselwirkung? Und falls ja, kann diese zum Tod durch Ersticken führen? Diese Fragen stellte sich vermutlich der eine oder andere, der am gestrigen Sonntagabend den Tatort aus Franken gesehen hat. Was war passiert? Ein Mann kommt nachts mit dem Auto von der Straße ab. Als Todesursache wird eine zunächst nicht genauer spezifizierte Wechselwirkung zwischen Antidepressiva und ASS vermutet – diese Substanzen wurden in seinem Blut gefunden. Später heißt es dann, er sei aufgrund dieser Wechselwirkung erstickt. Das würde zumindest seine heftigen Hustenanfälle und die Atemnot erklären, die er während der Fahrt hatte.
Aus pharmakologischer Sicht ist das Ganze aber nicht plausibel. Zwar sind die Antidepressiva nicht genauer spezifiziert, aber von keinem der üblichen Substanzen, also SSRI, SNRI, Trizyklika und MAO-Hemmer, ist eine Wechselwirkung mit ASS bekannt, die zum Tod durch Ersticken führt. So kann zwar die Kombination aus serotonergen Antidepressiva und MAO-Hemmern tödlich sein. Hintergrund ist das gefürchtete Serotonin-Syndrom, das zu Verwirrtheit, Erregung, Angst, Schwitzen, Hyperthermie, Diarrhoe, Übelkeit, Blutdruckschwankungen sowie neuromuskulären Störungen (Hyperreflexie, Myoklonie, Tremor) führen kann – und in schweren Fällen auch zu Blutdruckabfall, Koma, Schock und Exitus.
Mehr zum Thema
Arzneimittelmanipulationen
Lukrative Geschäfte im Tatort Münster
Botulismus
Das tödliche Häppchen im Tatort aus Münster
Wiesn-Tatort München
Des G'schiss mit den K.O.-Tropfen
Zudem gibt es eine bekannte Wechselwirkung zwischen nicht-steroidalen Antirheumatika, zu denen ASS gehört, und Serotonin-Reuptake-Inhibitoren. Bei gleichzeitiger Einnahme ist die Gefahr gastro-intestinaler Blutungen und möglichweiser auch anderer Blutungen erhöht. Hintergrund ist, dass sowohl nicht-steroidale Antiphlogistika als auch Serotonin-Reuptake-Hemmer ulzerogen wirken und die Thrombozytenaggregation hemmen. Eine einmalige Einnahme von ASS ruft diese Wechselwirkung allerdings in der Regel nicht hervor. Erst die längerfristige, gleichzeitige Behandlung mit den Antidepressiva und NSAR bereitet Probleme. Aber ersticken tut man daran auch nicht.
Zu Atemnot führen könnte eine extreme Überdosierung der Antidepressiva mit Atemdepression als Folge einer Unverträglichkeit eines der Arzneimittel. Diese kann im Extremfall zu Bronchokonstriktion führen und auch tödlich enden. Aber dann war es eben auch nicht die Wechselwirkung zwischen ASS und den Antidepressiva.
1 Kommentar
Der Apotheker kann und weiß mehr
von Hummelmann am 17.04.2018 um 13:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.