TV-Beitrag

ARD-Mittagsmagazin wirbt für Rabatte aus dem Versandhandel

Berlin - 26.04.2018, 18:00 Uhr

Apotheken waren heute Thema im ARD-Mittagsmagazin. (Screenshot: www.ard.de)

Apotheken waren heute Thema im ARD-Mittagsmagazin. (Screenshot: www.ard.de)


Im ARD-Mittagsmagazin lief am heutigen Donnerstag ein Beitrag über den Apothekenmarkt. Ausgangspunkt war das im Koalitionsvertrag vereinbarte Rx-Versandverbot. Der Beitrag ging der Frage nach, ob Online-Apotheken den Apotheken vor Ort wirklich Konkurrenz machen. Tatsächlich fällt der ARD-Überblick zur Apothekenlandschaft sehr fragwürdig aus – und für DocMorris gibt es Extra-Werbung.

„Machen Online-Apotheken den Apotheken vor Ort das Geschäft kaputt und müssen deshalb verboten werden? Wie groß ist die Konkurrenz durch den Versandhandel? Ein Überblick.“ So kündigt die ARD in ihrem Internetauftritt ein Video mit dem Titel „Apotheken: Konkurrenz durchs Netz?“ an. Der Beitrag war am heutigen Donnerstag im ARD-Mittagsmagazin zu sehen. Eingeleitet hat ihn die Moderatorin mit einem vermeintlichen „schwarz auf weiß“-Zitat aus dem Koalitionsvertrag: „Zum Schutz der etablierten Apotheken soll der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verboten werden.“ Die tatsächliche Formulierung lautet etwas anders („Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein.“) – doch es läuft letztlich auf das gleiche hinaus. Es soll keine rezeptpflichtigen Arzneimittel mehr im Versandhandel geben.

Und dann wird erklärt – und aufs Erstaunlichste mit Zahlen jongliert: Es gibt rund 19.800 Apotheken in Deutschland – europaweit hätten nur Frankreich und Spanien mehr, heißt es im Beitrag. Wie viele Einwohner die Länder haben, bleibt dabei gänzlich außen vor. Weiter heißt es, es gebe in Deutschland 24 Apotheken pro 100.000 Einwohner – doppelt so viele wie in den Niederlanden und drei Mal so viel wie in Dänemark. Es entsteht damit der Eindruck, Deutschland sei quasi überversorgt. Dabei liegt Deutschland bei der Apothekendichte im europaweiten Vergleich im unteren Mittelfeld.

Das ganze System könnte von Apotheken-Rabatten profitieren

Die empörende Stimmung steigert sich im Beitrag von Sekunde zu Sekunde: Die Umsätze der Apotheken erhöhe sich konstant. „In kaum einem anderen Land in Europa wird mehr für Medikamente ausgegeben.“ Es wird zwar eingeräumt, dass die Apothekenzahl sinkt – doch die Gesundheitsausgaben stiegen. Nun kommt der Online-Versandhandel mit Medikamenten ins Spiel: Seit 2004 zugelassen, liege sein Umsatzanteil bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln bei nur einem Prozent – „trotz Ermäßigungen von bis zu 2,50 Euro auf die Zuzahlungen pro Medikament“. Der Beitrag schließt mit dem Satz: „Wenn alle Online-Apotheken Rabatte anbieten dürften, könnte das gesamte deutsche Gesundheitssystem profitieren.“ Doch die deutschen Apotheken dürfen es nicht.

Die Schlussfolgerung der Moderatorin: Versandapotheken schaden den Apotheken vor Ort nicht – trotzdem werde ein Verbot diskutiert. Und damit nicht genug. Es folgt ein zweiter Beitrag: Eine Rentnerin erklärt, warum es für sie so praktisch ist, ihre Medikamente bei DocMorris zu bestellen. Die Diabetikerin, die zudem Blutdruck- und Herzmedikamente braucht, freut sich über den Bonus: Bis zu zehn Euro pro Rezept könnten das sein, im Monat seien bis zu 18 Euro Ersparnis drin.

Es folgt ein kleiner Einspieler von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, der mahnt, dass auf diese Weise die Apotheke vor Ort gefährdet werde. Doch die Rentnerin verweist auf die Apotheken, die man bei jedem Schritt im nahegelegenen Ingelheim finde: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die aussterben.“ Dennoch ist ihr der Weg zu einer Apotheke zu mühsam, er dauert etwa eine halbe Stunde mit dem Auto. Da bestellt sie lieber im Internet. DocMorris-Vorstand Christian Franken bekommt auch noch seinen Auftritt und stellt die Rentnerin als eine der möglichen Leidtragenden des geplanten Rx-Versandverbots dar: Sie müsste ganz weite Strecken auf sich nehmen und zudem auf Geld verzichten.

Hier kommen Sie zum gesamten Beitrag im Mittagsmagazin. Er startet bei Minute 32:15.

Auch die Deutsche Apotheker Zeitung hat sich die Mühe gemacht, den Versandhandels-Konflikt zu erklären. Das Ergebnis sehen Sie hier.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Medialaler KO-Schlag. Wer steht bei den Medien so massiv hinter den aggressiven Hollandversendern?

von Heiko Barz am 27.04.2018 um 17:36 Uhr

Die heilige Kuh in Deutschland ist der "Tanz um den goldenen Rabatt", um dessen realen Wert keine Diskussion aufkommt. Wie sagt doch die Dame in dem Mittagsmagazin, der Weg zur nächsten Apotheke dauere ihr zu lange. Auch wenn jeder Apotheker ihrer nächsten Umgebung ihr die Medikamente kostenlos viel schneller und kompetenter als jede andere Institution an die Tür brächte, so ist doch des "Pudels Kern" die Feststellung, dass sie dabei keinen Profit hätte- sprich Zuzahlungserlass-!! Und nur wirklich darum geht es den Meisten.
Wenn endlich die Hollandversender die gleichen rechtlichen Voraussetzungen erfüllen müßten, dann wäre die Deutsche Vor Ort Apotheke mit Sicherheit unschlagbar und das wollen wohl EINIGE, die namentlich alle bekannt sind, sehrwohl vordergründig nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Medialaler KO-Schlag. Wer steht bei den

von Stefan Haydn am 27.04.2018 um 18:37 Uhr

Der größte Witz war, dass die 5 km zur nächsten Apotheke angeblich 30 Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Nun mache sich mal jeder den Spaß und berechne die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit.

Liebe Kollegen,

von Stefan Haydn am 27.04.2018 um 11:39 Uhr

da hilft nur eine Beschwerde beim Presserat und ein aufrichtiger Kommentar bei betreffender Sendung.

Das dauert maximal 10 Minuten (die Beschwerde nur 5).
Kann ich nur allen nahe legen. Je mehr, desto besser.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Demontage

von Andreas May am 27.04.2018 um 9:43 Uhr

Das ist systematische Zerstörung eines Systems. Ich frage mich nur von wem?

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