Interview Helmut Schröder (WIdO, AOK-Bundesverband)

„Es gibt nur wenige Arzneimittel, die nicht lieferfähig sind“

Berlin - 14.05.2018, 07:00 Uhr

WIdO-Vizechef Helmut Schröder erklärt im Interview mit DAZ.online, dass die Rabattverträge nicht an den wenigen vorkommenden Lieferengpässen Schuld sein können und dass die Anbietervielfalt im Generikamarkt groß ist. (Foto: AOK-Bundesverband)

WIdO-Vizechef Helmut Schröder erklärt im Interview mit DAZ.online, dass die Rabattverträge nicht an den wenigen vorkommenden Lieferengpässen Schuld sein können und dass die Anbietervielfalt im Generikamarkt groß ist. (Foto: AOK-Bundesverband)


Schaden Rabattverträge der Versorgung, weil sie für Lieferengpässe sorgen? Um diese Frage streiten sich derzeit das beim AOK-Bundesverband angesiedelte Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) und der Branchenverband Pro Generika. Der Generika-Verband hatte sich darüber beschwert, dass die AOK keine Studien zu ihren Behauptungen vorlege und mit „Denkfehlern“ agiere. Im Interview mit DAZ.online legt WIdO-Vize Helmut Schröder neue Zahlen nach und relativiert das Problem mit den Lieferengpässen grundsätzlich.

Der Streit um die Auswirkungen der Arzneimittel-Rabattverträge zwischen dem AOK-Bundesverband und Pro Generika geht in die nächste Runde. Ursache für den Konflikt sind weiterhin Pressemitteilungen des WiDO und der AOK Baden-Württemberg, in denen mitgeteilt wird, dass die Rabattverträge aus Sicht der AOK die Therapietreue der Patienten erhöhen und die Anbietervielfalt im Generika-Markt erhöhen. Aus Sicht der Ortskrankenkassen sind Rabattverträge keineswegs die Ursache für Lieferengpässe.

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„Die AOK verstößt gegen die geübte wissenschaftliche Praxis“

Im DAZ.online-Interview hatte Pro-Generika-Chef Bork Bretthauer auf die WIdO-Zahlen geantwortet und sich grundsätzlich darüber beschwert, dass die AOK keine ganze Studie zu ihren Behauptungen vorlegt. Bretthauer wies auch darauf hin, dass man bei der Marktkonzentration nicht den Generikamarkt als Ganzes betrachten dürfe, sondern die Versorgungssituation in einzelnen Bereichen unter die Lupe nehmen müsse. So gebe es derzeit lediglich drei Unternehmensgruppen, die fast 100 Prozent der Antibiotika-Versorgung stemmen.

Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO, will sich diese Vorwürfe nicht gefallen lassen. Im Gespräch mit DAZ.online legt er neue Zahlen nach, die die These der AOK belegen sollen.

DAZ.online: Herr Schröder, wenn Sie sich so sicher sind, dass die Rabattverträge die Therapietreue verbessern und die Marktkonzentration nicht erhöhen, warum veröffentlichen Sie dann nicht alle Zahlen, die Sie dazu haben?

Schröder: Das WIdO publiziert die Ergebnisse zur Marktkonzentration seit mehreren Jahren unter anderem im Arzneiverordnungs-Report, gemeinsam mit dem Ökonomen Ulrich Laitenberger (Télécom Paris Tech, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung). Mangelnde Transparenz wurde uns bisher von anderen Wissenschaftlern nicht vorgeworfen. Die nunmehr geäußerte Kritik eines Pharmaverbandes erscheint uns daher nicht nachvollziehbar. Die Analysen können auch von Daten-Dienstleistern der pharmazeutischen Industrie problemlos nachgerechnet werden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

lieferfähig/ lieferbar

von Isabella Stavenhagen-Neumann am 14.05.2018 um 22:02 Uhr

Duden:
lieferfähig: "in der Lage, eine Ware zu liefern" (hier also der Hersteller)

lieferbar: "Adjektiv - (von Waren) vorrätig, sodass eine Lieferung möglich ist; erhältlich" (hier also das Medikament)

Ist deutsch eigentlich so schwierig?

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Therapietreue durch Rabattverträge?

von Heiko Barz am 14.05.2018 um 12:00 Uhr

"Rabattverträge erhöhen die Therapietreue der Patienten"
Solch einen perfiden Schwachsinn hörte ich nun schon lange nicht mehr!
Außderdem sind die Studien, in diesem Fall von der AOK angetrieben, nicht das Papierwert, auf dem sie gedruckt wurden. Solche "Studien" werden platziert, um scheinbar Pseudosicherheit zu gewähren.

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Verfügbarkeit

von Sven Larisch am 14.05.2018 um 8:35 Uhr

Tja Herr Schröder, dann frage ich mich, wieso ich von meinem Warenlager prinzipiell etwa 40 Artikel immer als dauerdefekt habe. manche anderen Arzneimittel nur über die Hersteller-Bestellportale zu beziehen sind, andere mit Lieferzeit ab Juli 2018 oder mit unbestimmten Liefertermin genannt werden. Dies ist nicht nur alles ärgerlich für die Kunden und mich, sondern behindert die Compliance, macht unnötige Arbeit und ständig wechselnde Rabattverträge erleichtern uns auch nicht gerade die Arbeit. Ich verschwende wertvolle Zeit im HV damit zu erklären, warum die Packungen wieder anders sind, anstatt mich mit Interaktionschecks etc. zu beschäftigen. Was immer sie in Ihrer nicht veröffentlichten Studie geschaut haben, scheint so zu sein wie die Studien zu den Dieselabgasen :-). Wenn die KK schon Geld dafür ausgibt möchte ich als Versicherter auch die Studie lesen dürfen- und zwar nicht Häppchenweise sondern komplett.

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