Bei drohendem Engpass

Wie beliefern Apotheken Valsartan-Rezepte richtig?

Stuttgart - 10.07.2018, 13:15 Uhr

Droht ein Versorgungsengpass mit Valsartan? (s / Foto: Quintin Cürten) 

Droht ein Versorgungsengpass mit Valsartan? (s / Foto: Quintin Cürten) 


Das Szenario eines Valsartan-Engpasses ist keine Science-Fiction – die Gefahr droht reell: 15 Pharmaunternehmen haben ihre valsartanhaltigen Arzneimittel zurückgerufen. Was dürfen Apotheken noch abgeben, ohne dass Retaxationen der Krankenkassen anstehen? Brauchen sie bei nicht lieferbaren, namentlich verordneten Valsartan-Präparaten ein neues Rezept? Und welche Sonder-PZN druckt man, wenn keine Rabattverträge bestehen?

Valsartan könnte in der Tat bald knapp werden. Der EU-weit angelegte Rückruf valsartanhaltiger Arzneimittel trifft in Deutschland etliche pharmazeutische Unternehmer, bislang AAA-Pharma, AbZ-Pharma, Actavis, Aliud, 1 A Pharma, Basics, Dexcel, Henning, Heumann, Hexal, Hormosan, Puren, Ratiopharm, Stada, Zentiva.

Mehr zum Valsartan-Rückruf

Bislang haben lediglich Mylan, Novartis und Marktführer TAD Pharma Entwarnung gegeben. Diese Pharmakonzerne haben ihren Valsartan-Rohstoff offenbar aus anderen Quellen als von dem chinesischen Wirkstoff-Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical bezogen, der aufgrund von Verunreinigungen mit dem wahrscheinlich kanzerogenen N-Nitrosodimethylamin in Misskredit geraten war.

Valsartan: Rabatt- und preisgünstige Arzneimittel nicht lieferbar, was tun?

Engpässe bei Arzneimitteln treffen die Apotheker an vorderster Front und mit voller Breitseite: Sie schaffen Ärger, unbezahlten Mehraufwand, provozieren den Unmut der Patienten und fordern empathisches, erklärendes Geschick am HV-Tisch. Im Falle von Valsartan bindet zusätzlich die Bearbeitung und Quarantäne-Lagerung all der einzelnen Rückrufe des Blutdrucksenker-Blockbusters zusätzlich Kapazitäten. Und zudem beschäftigt die Frage: Was darf die Apotheke überhaupt noch abgeben, um zusätzlich zu all diesen Querelen nicht am Ende des Tages eine Retaxation der Krankenkassen zu kassieren?

Bei Wirkstoff-Verordnungen mit lediglich „Valsartan“ gelten primär Rabattverträge. Hat die Krankenkasse des Patienten keine Rabatt-Vereinbarung getroffen, muss die Apotheke eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abgeben. Bei namentlichen Verordnungen ohne Aut-idem-Ausschluss verhält es sich ganz äquivalent: Vorrang genießen grundsätzlich die rabattierten Präparate, ohne Verträge dürfen Apotheken hier allerdings zusätzlich zu den drei preisgünstigsten auch das explizit namentlich verordnete Medikament dem Patienten mitgeben. Wenn nun aber das Rabatt-Valsartan nicht lieferbar ist und auch keines der drei preisgünstigsten Präparate und das namentlich verordnete stammt ebenfalls aus der Rohstoff-Produktion in China? Welche Optionen haben die Apotheken dann? Dürfen sie munter ein Verfügbares abgeben und kennzeichnen das Rezept mit der Sonder-PZN?



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Valsartanverordnungen

von A. Grossmann am 10.07.2018 um 19:30 Uhr

Grundsätzlich sollte der Arzt seine Verordnungsentscheidung für Valsartanverordnungen überdenken und ggf. auf therapeutische Alternativen - nicht nur innerhalb der Wirkstoffgruppe der Angiotensinantagonisten - zurückgreifen. Wenn es weiterhin Valsartan sein muss, sollte der Austauschbereich für die Apotheke möglich maximal sein, d.h. das Aut-Idem-Feld sollte nicht angekreuzt werden. Es ist nicht vertretbar, potentiell bedenkliche Arzneimittel zu verordnen oder abzugeben. Wer kann in der jetzigen Situation zuverlässig einschätzen, welches Valsartan "sicher" ist? Wenn es dir blöd läuft, verordnet der Arzt Produkte, die weit über Festbetrag liegen mit Austauschausschluss - und dann gibt es wieder unnötige Diskussionen am HV-Tisch. Im Prinzip haben nur die Kkn eine Möglichkeit den Schaden gegenüber ihren Rabattpartnern abzuverlangen, falls dieser vom Rückruf betroffen ist.

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Autidem-Kreuz

von Jan Kusterer am 10.07.2018 um 16:40 Uhr

Bei der Menge an zu setzenden Kreuzen könnte es zu einem Problem auf Ärzteseite kommen. "Da bekomm ich doch bestimmt einen Regress. Ich bin doch nicht schuld. Sehe ich nicht ein." Und die Ärzte hätten recht.

Das gehört auf höherer Ebene abgeklärt und dann sollte mit SonderPZN 5 und 6 gearbeitet werden (5: Akutversorgung aufgrund Nichtlieferfähigkeit von potentiell gefährlicher Ware und dringender (kontinuierlicher) Hochdrucktherapie; 6: pharmazeutische Bedenken aufgrund von offenbar mangelnder GMP und diese Bedenken gelten solange bis das Gegenteil von Seiten des Herstellers bewiesen wurde.)

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AW: Gute Idee

von Christian Becker am 11.07.2018 um 10:51 Uhr

Das mit 5 und 6 finde ich gut, wobei die 5 einem evtl. um die Ohren fliegen könnte (Arzt müsste die kleinste Packungsgröße verordnen oder sowas).
Aber die 6 müsste doch eigentlich wasserfest sein.

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