ARD Kontraste

Gestohlene Krebsmedikamente und die Gefahr für Patienten

Stuttgart - 13.07.2018, 12:45 Uhr

In einer griechischen Klinik sollen jahrelang Krebsarzneimittel gestohlen und nach Deutschland verkauft worden sein. Das hat das ARD-Magazin Kontraste recherchiert. (m / Foto: Screenshot ARD) 

In einer griechischen Klinik sollen jahrelang Krebsarzneimittel gestohlen und nach Deutschland verkauft worden sein. Das hat das ARD-Magazin Kontraste recherchiert. (m / Foto: Screenshot ARD) 


Jahrelang sollen teure Krebsmedikamente, die in griechischen Krankenhäusern gestohlen wurden, illegal nach Deutschland geschmuggelt worden sein. Das hat das ARD-Magazin Kontraste recherchiert. Kühlketten hielt die Diebesbande nicht ein. Welchen Schaden die sensiblen Arzneimittel und die damit eventuell untertherapierten Patienten davontrugen, ist nicht abschätzbar. Die zuständige Behörde hat offenbar wohl lange geschlafen. Auch heute agiert Lunapharm, der Pharmahändler hinter dem illegalen Arzneimittelschmuggel, noch immer im deutschen Markt.

Das ARD-Magazin Kontraste hat einen Arzneimittel-Skandal aufgedeckt. Am gestrigen Donnerstag berichtete der Sender darüber. So hat laut Kontraste eine illegale Bande teure, zur Krebs- oder auch MS-Therapie eingesetzte Arzneimittel von Griechenland nach Deutschland geschmuggelt. Ausgangspunkt war unter anderem die Klinikapotheke einer großen staatlichen Klinik in Athen. Von dort aus wurden über mehrere Jahre Arzneimittel illegal abgezweigt, bis 2017 der Fall entdeckt wurde. Mit verwickelt in den Diebstahl waren nach Recherchen von Kontraste auch Ärzte und Pfleger des Krankenhauses.

Auf der Liste der gestohlenen und illegal nach Deutschland verbrachten Arzneimittel finden sich unter anderem Perjeta (Pertuzumab), Herceptin (Trastuzumab), Afinitor (Everolimus), Avastin (Bevacizumab), Gilenya (Fingolimod) und Revlimid (Lenalidomid).

Zur Größeneinordnung der Preise (Stand Lauer-Taxe 15.07.2018) hier eine Auflistung der Einkaufspreise:

  • Afinitor 10 mg Tabletten, 90 Stück: 11661,42 Euro
  • Gilenya 0,5 mg Hartkapseln, 98 Stück: 5134,60 Euro
  • Perjeta 420 mg Konz. z. Herst. e. Inf., 1 Stück: 2397,25 Euro 
  • Revlimid 10 mg Hartkapseln, 21 Stück: 5686,55 Euro

Zwar sind Einkaufspreise der Lauer-Taxe nicht mit verhandelten Direkt-Einkaufspreisen von Krankenhäusern gleichzusetzen, dennoch liefern die Zahlen zumindest eine grobe Richtung, in welchen Preissegmenten man jonglierte.

Risiko für Patienten durch eventuelle Wirkeinbußen beim illegalen Transport

Um eine sachgerechte Kühlung scherten sich die Transporteure nach den Nachforschungen von Kontraste wenig: So soll auch ein Fischmarkt als Zwischenlager genutzt worden sein, bevor die Arzneimittel nach Deutschland verbracht wurden. Welchen Schaden die teilweise sensiblen, da proteinbasierten Wirkstoffe genommen haben, lässt sich retrospektiv nicht feststellen. Dass allerdings unter Umständen keine volle Wirksamkeit mehr gegeben war, liegt deutlich im Bereich des Möglichen. So sagt auch Kontraste: „Gestohlene Krebsmedikamente sind ein Risiko für Patienten auch in Deutschland“, da ihre Wirkung nicht mehr sicher sei.

Dr. Franz Stadler, selbst Zytostatika-herstellender Apotheker aus Erding und hin und wieder Autor bei der Deutschen Apotheker Zeitung, äußerte sich bei Kontraste zu dem aufgedeckten Arzneimittelskandal. Er hegt dieselben Befürchtungen und zweifelt schon lange an importierten Arzneimitteln. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


7 Kommentare

gestohlene Krebsmedikamente

von Gunter Kowalski am 14.07.2018 um 14:34 Uhr

Ich bin der Anwalt eines in der Sache verdächtigten Deutschen Händlers aus Hessen. Die ganze Geschichte ist zweifelhaft und beruht auf einem anonymen Brief vom Oktober 2016 in dem behauptet wird, alle teuren Medikamente in Griechenland seien vom Handel ausgeschlossen und daher seien alle Packungen, die im Ausland auftauchten gestohlen. Die griechische Aufsicht tat erst gar nichts, weil der Inhalt falsch ist. Dann wurde im Februar 2017 die Polizei eingeschaltet, die in Deutschland eine Hausdurchsuchung beantragte. die Begründung war so wage und unschlüssig, dass die deutsche Polizei erst in Zusammenarbeit mit der Aufsicht in Brandenburg im November 2017 eine Durchsuchung durchführte.ohne Ergebnis. die griechische aufsicht beantwortete alle Fragen in der Zwischenzeit ausweichend oder falsch und sehr arrogant. Die brandenburgische Aufsicht untsersuchte die Sache von Anfang an sehr genau. Die Händlerin ist aber seit vielen Jahren als äusserst zuverlässig bekannt und lieferte alles, was zur Prüfung gebraucht wurde.Es ergab sich in Deutschland kein Hinweis auf gestohlene oder schadhafte Ware. Tatsächlich führt Kontraste aus, dass auch die griechischen Ermittler gar nicht wissen ob und wie etwas gestohlen sein soll. Es wird nach wie vor allein aus dem Auftauchen auf Diebstahl geschlossen. Es gibt keine Fehlmeldungen der Krankenhäuser. die Geschichte mit der Fischhandlng ist erfunden. Wenn dort etwas beobachtet sein soll, dann hätte man den Mandanten festnehmen oder wenigstens in die Kiste schauen können. Es waren Shrimps in der Kiste mit denen der Mandant unbehelligt nach Deutschland geflogen ist. Von der Kiste gibt es viele Fotos. Vom Inhalt leider nicht. Von den festgenommenen sind die meisten wieder auf freiem Fuss. die ganze Affäre dient nach der im Frühjahr aufgetretenen Novartis Affäre als Ablenkung von der Korruption und der massiven Misswirtschaft in der griechischen Krankenversicherung. Dort werden nur 6% Generika eingekauft aber massenhaft teuerste Originalpräparate, die man gar nicht braucht. All dass wusste der Redakteur Kooroshy von Kontraste, weswegen man durchaus den Bericht als Fälschung bezeichnen darf. Mein Mandant sitzt unschuldig in einem griechischen Loch von Untersuchungsgefänfnis. Aber wurde von Kontraste mit Bild und Namen an den Pranger gestellt.Nicht mal die Mitarbeiter des Fischladens wurden befragt, weil die angeblich aggressiv wären. Kein Wunder. Sehr übel ist, dass Kontraste ohne Anlass und wider besseres Wissen, die deutsch Krebstherapie als unsicher darstellt, die Aufsicht als wirkungslos, die Polizei als schlampig und die Patienten als gefährdet. Alles gelogen. Wenn ich sagen, der Redakteur Kooroshy hat viele Frauen vergewaltigt, aber ich weiss gar nicht wie und wann und keine Frau hat sich gemeldet, denke aber, er hat kein Kondom benutzt, weil sich Vergewaltiger nicht um so was kümmern und es gibt Fotos aus einem Fischladen, wäre er über die Berichterstattung sicher erstaunt. Das alles wird sicher ein Nachspiel haben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Die Arzneimittelmafia hat Frau Schmidt wieder mal zu danken

von Ratatosk am 14.07.2018 um 9:07 Uhr

Die Arzneimittelmafia hat Frau Schmidt wieder mal zu danken !
diese hat diese Geschäftsmodell trotz Warnungen des BKA, die pharmazeutischen Einwände waren ihr ja schon immer völlig egal, für solche Dinge geöffnet.
Die meisten Menschen könnten mit dieser Schuld sicher nicht mehr schlafen, aber die SPD Ulla hat hier ja dickes Fell gezeigt und ist ja im Bundestag mit einem dicken Versorgungsposten belohnt worden. Die Folgen tragen andere

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bankrott einer Schmuggel-Firma schlimmer als Tote?

von Norbert Veicht am 14.07.2018 um 8:56 Uhr

Habe ich das richtig verstanden? Man lässt lieber eine unbekannte Anzahl von Patienten sterben, bevor man eine unseriöse Firma in Konkurs gehen lässt? Ich dachte bisher, dass Schmuggel ein Verbrechen ist. Anscheinend ist das ein schutzwürdiges Geschäftsmodell.
Wenn hier keine Köpfe rollen, dann verliere ich noch das letzte Bisschen Vertrauen in unseren Rechtsstaat.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Securpharm Sicherheit

von FD am 13.07.2018 um 22:45 Uhr

Danke für diese korrekten Präzisierungen !
Schönes Wochenende!
FD

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Securpharm Sicherheit....

von AH am 13.07.2018 um 13:08 Uhr

Wenn "die Ausbuchung und Deaktivierung des Codes fehlt" bringt Securpharm auch nix und dies fällt dann auch in keiner anderen Apotheke beim Eingang auf. Es wurde ja gestohlen und kann weiter ausgebucht werden. Ausserdem ist die Umsetzung von Securpharm in Kliniken ja immer noch fraglich....

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Securpharm Sicherheit

von Fd am 13.07.2018 um 20:24 Uhr

Was hat dieser kriminelle Importarzneimittelfall Bitteschön mit Dt. Krankenhäusern zu tun!???
Wie kommen sie dazu, dass Dt Krankenhäuser die EU FMD Vorschriften nicht einhalten würden!?

AW: Securpharm Sicherheit

von AH am 13.07.2018 um 21:05 Uhr

Da habe ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt, natürlich gehe ich davon aus, dass die deutschen Krankenhäuser die EU FMD Vorschriften einhalten werden. Wobei unstrittig ist, dass Securpharm Großabnehmer noch vor gewisse Probleme stellt.
Andere EU Länder sind bei dem Thema aber noch lange nicht soweit, die Umsetzung dort ist zum Teil erst in mehreren Jahren geplant. Diese verwenden aber natürlich nicht Securpharm sondern ihr eigenes nationales System.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.