Verunreinigte Arzneimittel

Woher kommt das NDMA in Valsartan?

Stuttgart - 18.07.2018, 17:45 Uhr

Die pharmazeutische Chemikerin Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe und der Chemiker Dr. Helmut Buschmann haben nachgeforscht, wie die Verunreinigung ins Valsartan gekommen sein könnte. (Foto: PRILL Mediendesign / stock.adobe.com)

Die pharmazeutische Chemikerin Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe und der Chemiker Dr. Helmut Buschmann haben nachgeforscht, wie die Verunreinigung ins Valsartan gekommen sein könnte. (Foto: PRILL Mediendesign / stock.adobe.com)


Seit gut zwei Wochen ist offiziell bekannt, dass Valsartan des chinesischen Wirkstoffherstellers Zhejiang Huahai Pharmaceutical mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigt sein kann. Die meisten im deutschen Markt agierenden Generikahersteller scheinen betroffen und haben mittlerweile potenziell verunreinigte Präparate zurückgerufen. Offizielle Antworten unter anderem auf die Frage, wie es dazu kommen konnte, stehen noch aus. Die pharmazeutische Chemikerin Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe und der Chemiker Dr. Helmut Buschmann haben derweil nachgeforscht und haben eine nicht ganz unwahrscheinliche Antwort zumindest auf die Frage gefunden, wie NDMA in das Valsartan gelangen konnte.

In der aktuellen Ausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung präsentieren sie die Ergebnisse ihrer Recherche, in dessen Mittelpunkt ein 2014 von Zhejiang Huahai Pharmaceutical veröffentlichtes Patent steht (siehe DAZ 2018, Nr. 29 S. 22 ff). Es könnte einen entscheidenden Hinweis auf die Quelle der NDMA-Verunreinigung geben. Denn dem Patent zufolge wurde ein wichtiger Schritt der Valsartan-Synthese optimiert, bei dem es unter Verwendung des Lösungsmittels N,N-Dimethylformamid (DMF) und unter Anwesenheit von NaNO2 zur NDMA-Bildung kommen kann. Bei den Synthesewegen, die auch Grundlage für die Prüfung auf Verunreinigung des Europäischen Arzneibuchs gewesen sind, scheint eine NDMA-Bildung ausgeschlossen. Den offiziellen Mitteilungen der Behörden ist zu entnehmen, dass eine Änderung der Synthese für die Kontamination verantwortlich sein „könnte“. Das bedeutet, dass die DAZ-Autoren wohl mit ihren Recherchen auf der richtigen Spur sind. 

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Nun sind Änderungen der Synthese durchaus üblich. Sie müssen jedoch angezeigt und für den europäischen Markt durch das EDQM (European Directorate for the Quality of Medicines) zertifiziert werden. Dabei ist nachzuweisen, dass der geänderte Syntheseweg Valsartan in einer Qualität liefert, die der Spezifikation des europäischen Arzneibuchs entspricht. Das wird sicher auch in diesem Fall so geschehen sein. Im Rahmen dieses Prozesses, da sind sich unsere Autoren einig, hätte dann aber auffallen müssen, dass die Analytik nicht mehr der des Europäischen Arzneibuches entsprechen kann, dass mit anderen Verunreinigungen wie NDMA zu rechnen ist. Warum wurde die Analytik dann aber nicht angepasst?

Sollte sich der Verdacht unserer Autoren erhärten, dann muss zudem intensiv geprüft werden, bei welchen anderen Wirkstoffsynthesen dieser patentierte Schritt eingesetzt worden ist. Weitere NDMA-Überraschungen wären dann nicht ausgeschlossen.

Lesen Sie die vollständige Recherche hier 

Eine Spurensuche

NDMA in Valsartan


Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

Produkthaftung - Kostenerstattung

von Redaktion DAZ.online am 09.08.2018 um 9:58 Uhr

Sehr geehrter Herr Schelberger,

wird ein Präparat beim Patienten zurückgerufen, bekommen Sie beim Apotheker ihr Geld zurück bzw. haben ein Anrecht auf einen kostenfreien Austausch. In diesem Fall erfolgte aber kein Rückruf beim Patienten, sondern nur beim Apotheker und beim Großhandel, das heißt nicht verkaufte Packungen können zurückgegeben werden. Warum das so entschieden wurde, wissen wir nicht. Aber in dieser Situation kann ihr Apotheker nichts tun, er müsste ihnen das Geld aus eigener Tasche zurückgeben. Das mag unbefriedigend sein, aber so ist nun mal die gesetzliche Lage.
Herzliche Grüße
Ihre DAZ.online Redaktion

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Danke für Ihre Information

von Herbert Schelberger am 09.08.2018 um 11:30 Uhr

Vielen Dank für die Info.
Das ist doch ziemlich paradox. Da werden verunreinigte Medikamente zurückgerufen, die schließlich bezahlt wurden und man findet tatsächlich wieder Wege dies zu Lasten des Kunden / Patienten und der Krankenkassen zu drehen. Woran erinnert mich das nur…?
Die Apotheken können diese Medikamente also zurückgeben, der Kunde kann ja das verunreinigte Medikament erst einmal fertig nehmen. Daher auch die veröffentlichte Empfehlung: „Bitte die Einnahme nicht unterbrechen“.
Zahlt sich da etwa wieder gute Lobbyarbeit aus?
Freundlichen Gruß
Herbert Schelberger

Produkthaftung - Kostenerstattung

von Herbert Schelberger am 09.08.2018 um 9:33 Uhr

Normalerweise richtet sich eine Mängelrüge an den Händler vor Ort. In diesem Fall also an den Apotheker. Ist die Kostenerstattung für die zurückgerufenen Arzneimittel anders geregelt?
Bisher bestreitet mein Apotheker seine Verantwortung, ebenso wie der Pharmahersteller 1A Pharma. Für mich ist das nicht nachvollziehbar.
Wer letztlich was getan hat und wie die Verunreinigungen in das Präparat gekommen sind ist zwar interessant, die Argumentation, dass der Kostendruck für Veränderung und Auslagerung der Produktion unverzichtbar ist, ist nur eine eingängige Umschreibung noch bessere Erlöse zu erzielen.
Wenn das Verfahren letztlich schief geht, scheint wieder niemand dafür gerade stehen zu wollen.
Als „Selbstzahler“ für ein mangelhaftes, zurückgerufenes Produkt, will ich auch zumindest die Kosten erstattet bekommen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Valsartan-Affäre

von Dr. Gerrit Fritsch am 19.07.2018 um 16:27 Uhr

Neben allen Unklarheiten der Valsartan-Affäre stellt sich die Frage, warum die betroffenen Hersteller nicht vor Verarbeitung zum Arzneimittel den Ausgangsstoff auf Reinheit überprüft haben?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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von Hannelore Dierich am 19.07.2018 um 12:57 Uhr

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